Einbrüche in Schulen und Kindergärten häufen sich – zuletzt dreimal an einem Wochenende in Siegburg. Für ausreichenden Schutz fehlt es oft an Geld.
Vandalismus und DiebstahlEinbrüche in Rhein-Sieg-Schulen nehmen zu – Diskussion über Videoüberwachung

So fand die Schulleitung ihre Büros nach den Einbrüchen vor.
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Der weiße König wird bedroht von den schwarzen Springern, auch der Läufer steht in gefährlicher Position. Doch schachmatt ist der König nicht, er hat noch ein, zwei Ausweichmöglichkeiten. So ist die Spielsituation auf dem Schachbrett, wie sie Sebastian Kaas in seinem Schulleiterbüro nach Einbrüchen im Anno-Gymnasium in Siegburg vorfand.
Zwei 17 und 18 Jahre alte Jugendliche waren am Pfingstwochenende gleich dreimal in die Schule eingebrochen und hatten die Räume durchsucht, ehe die Polizei sie festnehmen konnte. „Dabei haben sie auch eine Runde Schach gespielt und die Energydrinks getrunken, die ich mal von Schülern konfisziert habe“, sagt der Schulleiter.
Einbrüche an Schulen nehmen immer mehr zu – Überwachung ist schwierig
Das ist noch der einzige Aspekt, über den er schmunzeln kann. Denn die beiden mutmaßlichen Einbrecher haben die Räume verwüstet, Türen aufgebrochen und einen Safe aus der Wand gestemmt, um ihn aufzubrechen – erfolglos. „Zum Glück sind es nur Sachschäden – es gibt Schlimmeres“, sagt Kaas.
Solche Einbrüche in Einrichtungen wie Schulen und Kitas sind schon länger keine Seltenheit mehr. Meist werden bewusst Wochenenden oder Ferien gewählt, wenn die Gebäude länger leer sind. Für einen ausreichenden Schutz fehlen jedoch oft finanzielle Mittel.
Tatsächlich haben die Zahlen von Einbrüchen in Schulen und Kindergärten zugenommen. Während die Polizei in den vergangenen beiden Jahren 44 und 47 Fälle zu verzeichnen gehabt habe, seien es in diesem Jahr bereits 56, sagt Sprecherin Elisabeth Uhlmann. „Worauf die Täter es bei Einbrüchen in Kitas und Schulen abgesehen haben, darüber können auch wir nur spekulieren.“ Die Polizei arbeite mit erhöhtem Kräfteeinsatz daran, vergangene Taten aufzuklären und künftige zu verhindern. Aufgrund laufender Ermittlungen könne sie aber keine Einzelheiten nennen.
Siegburg: Diebe brachen an drei aufeinanderfolgenden Nächten ein
„Der erste Einbruch war von Freitag auf Samstag“, schildert Sebastian Kaas. „Wir waren vorgewarnt, weil am Donnerstag in der Schule am Neuenhof drei Tresore entwendet worden waren.“ Mit seiner Stellvertreterin Cordula Engel habe er noch alle Türen und Fenster kontrolliert – vergeblich. „Eine Kollegin, die am Samstagmorgen etwas aus ihrem Fach holen wollte, hat das Chaos entdeckt und danach mich angerufen. Ich bin direkt hergefahren und habe die Polizei gerufen.“
Es habe sich herausgestellt, dass zwei der Videokameras außer Betrieb waren. „Einer der Hausmeister hat daraufhin den ganzen Tag damit verbracht, zusammen mit einer Sicherheitsfirma die Geräte zu reparieren.“ Und so konnten Schulleitung und Polizei beobachten, wie die beiden Täter in der folgenden Nacht erneut ins Gebäude eindrangen – und sich fast fünf Stunden dort aufhielten.
Anno-Gymnasium: Polizei nahm Täter mithilfe einer Kamerafalle schließlich fest
„Da haben sie unter anderen den Safe aus der Wand geholt, der wiegt 460 Kilo“, sagt Kaas. „Wahrscheinlich waren sie auf die Gelder von einem Sponsorenlauf aus, das waren immerhin 8000 Euro. Die hatten wir aber bereits zur Bank gebracht.“

Schulleiter Sebastian Kaas zeigt die Stelle, an der der Tresor aus der Wand gerissen wurde.
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Kaas glaubt nicht, dass es sich um Schüler des Anno-Gymnasiums handele. „Sie hätten einfach vorne rausgehen können, die Haupttür kann man von innen öffnen. Sie sind aber wieder durch das Fenster auf der Rückseite raus.“ Die Schulleitung beschloss, die Täter schachmatt zu setzen. „Wir haben am Samstag eine Kamerafalle installiert. Keine drei Stunden später hat die auch schon einen stillen Alarm ausgelöst.“
Die Polizei sei mit mehreren Streifenwagen angerückt. „Die haben das clever gemacht. Vorne sind sie mit Blaulicht vorgefahren, hinten nicht. So haben sie die beiden zum Hinterausgang gescheucht.“ Das habe man ihm berichtet. Die Polizei nahm die Täter fest. „Das Kollegium soll nun aufschreiben, was fehlt. Ein Beamer ist weg, außerdem einige Laptops.“ Kaas glaubt, dass Videokameras mehr Schutz vor Einbrüchen gewährleisten könnten. „Die Videos sollten niemals für Bagatellen verwendet und schnell gelöscht werden – dann müsste das erlaubt sein. In der Bahn werden wir schließlich auch gefilmt.“
Die Frage nach einer Videoüberwachung taucht in regelmäßigen Abständen auf und betrifft alle Schulen.
„Die Schulverwaltung ist bereits seit Längerem an dem Thema dran, nicht erst seit den jüngsten Vorfällen“, sagt dazu der Siegburger Stadtsprecher Jan Gerull. „Die Frage nach einer Videoüberwachung taucht in regelmäßigen Abständen auf und betrifft alle Schulen.“ Hauptgrund sei Vandalismus, der mal auf dem Außengelände, mal im Schulgebäude, mal auf den Toiletten auftrete.
Jedoch sei eine Videoüberwachung mit hohen rechtlichen Hürden verbunden. „Sie sind laut dem Schulamt außerdem das letzte Mittel“, betont Gerull. Das prüfe gerade die Kosten, um die Installation in den Haushalt einbringen zu können. „Mit dem städtischen Immobilienmanagement, das für die Gebäude zuständig ist, wollen die Kolleginnen und Kollegen noch in diesem Jahr vorbereitende Beratungsleistungen einkaufen.“
Seit 2021 erhebliche Sachschäden in Eitorf: Videoüberwachung eingerichtet
In Eitorf hat man „das letzte Mittel“ bereits gewählt – nachdem zahlreiche Maßnahmen zum Schutz von Schulen und Turnhallen nichts gebracht hätten, berichtet Bürgermeister Rainer Viehof.
„Seit 2021 gab es erhebliche Sachbeschädigungen, insbesondere am Gymnasium, an der Sekundarschule und der Grundschule Brückenstraße“, sagt er. Es habe nicht nur Einbrüche, sondern vor allem Vandalismus gegeben. „Es lagen Glasscherben und Fäkalien herum, es wurden Wände beschmiert und der Schulhof vermüllt.“
2022 wurde die Siegparkhalle angezündet, der Schaden ist bis heute nicht vollständig behoben. „Es gab auch Fälle, da haben Leute auf dem Dach gegrillt, sie haben Einweg-Grillschalen genau auf die Schweißbahnen gestellt“, schildert Viehof.
Für flächendeckende Überwachung fehlt es in Eitorf an Personal
Alarmanlagen hätten nichts gebracht, so hätten sich die Probleme nach draußen verlagert. Bewegungsmelder hätten dazu geführt, dass die Leute ihren Müll im Lichtkegel zurückgelassen hätten. „Einzäunen können und wollen wir das Schulgelände auch nicht. Erstens, weil es im Hochwassergebiet liegt, zweitens wollen wir die Lehrer und Schüler nicht einpferchen.“
City-Streife und Polizei schauten regelmäßig, ob alles in Ordnung sei. Doch für eine flächendeckende Überwachung fehle das Personal. Viehof hat sich durchgesetzt, gegen Bedenken von Datenschutzbeauftragten. Seit Anfang des Jahres gebe es an der Sekundarschule Videokameras.
„Wir haben uns da rechtlich absichern lassen und sie in enger Abstimmung mit der Schulkonferenz, Eltern und Lehrern installiert.“ Er ist überzeugt: „Mit Videokameras hätte die Halle nicht gebrannt.“ Nach und nach sollten alle Schulen und auch die Kindergärten entsprechend ausgerüstet werden. „Die Feuerwehr ist erst mal wichtiger, da gab es im Winter ebenfalls Einbrüche, die für den Ausfall ganzer Fahrzeuge gesorgt haben“, berichtet Viehof.
„Unsere Kollegen von der Kriminalprävention beraten auch Schulen und Kindergärten. Hier stellen oftmals fehlende oder begrenzte finanzielle Mittel eine Hürde dar“, sagt Uhlmann. Sie rät, einfache Videoüberwachungen zu nutzen, gegebenenfalls eine Alarmanlage zu installieren und Wertgegenstände über Nacht, über die Wochenenden und in den Ferien nicht im Gebäude aufzubewahren.
„Außen- und Innenbeleuchtung sollten über Bewegungsmelder gesteuert werden und Fenster und Türen auf Einbruchsicherheit geprüft werden.“ Geräte, die als Beute attraktiv sein könnten, sollten durch Seriennummern oder spezielle Markierungen individuell gekennzeichnet werden, um einen Weiterverkauf zu erschweren.