Urteil in SiegburgSeniorin spielt Lockvogel – Falscher Polizist wird geschnappt

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Ein Saal im Amtsgericht Siegburg (Symbolbild)

Siegburg – Dank einer aufmerksamen Zeugin konnte ein falscher Polizist festgenommen und vor Gericht gestellt werden. Die 77-Jährige war zum Schein auf das Angebot eines Anrufers eingegangen, ihre Wertsachen vor Einbrechern in Sicherheit zu bringen. Sie packte aber nur schweres Werkzeug, einen Tacker und Schlüsselringe in einen Kulturbeutel, den sie dem Abholer, der ihr das Losungswort „Tulpe“ nannte, an einer Niederkasseler Schule übergab. Kurz danach schnappte die Falle zu.

Angeklagter war Mitglied einer Betrügerbande

Im Netz zappelte allerdings nur ein kleiner Fisch der Betrügerbande, davon zeigte sich das Schöffengericht unter Vorsitz von Herbert Prümper überzeugt. Der 34-Jährige, ein gelernter Busfahrer, war als Kurier eingesetzt. Einige Hintermänner, die er auch namentlich benannte, kannte er aus seiner Jugend. Der „Keiler“ tätigte die Anrufe aus einem Call Center in der Türkei mit fingierten Telefonnummern, die „Logistiker“ im Inland spähten die Opfer aus und schickten den 34-Jährigen dorthin.

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Die 77-Jährige war am 8. Oktober 2019 mit einer erfundenen Geschichte, dass ihr Haus auf der Einbruchsliste einer rumänischen Bande stand, von dem „Keiler“ unter Druck gesetzt worden. Während des Telefonats rief ihr Ehemann die 110. Mit den echten Polizeibeamten wurde die fingierte Übergabe besprochen. Den Lockvogel zu spielen, „dazu gehöre Mut“, sagte der Richter.

Nur zwei Tage vorher war die perfide Masche erfolgreich, übergab eine verängstigte 89-Jährige vor ihrem Haus in Troisdorf dem Kurier zunächst 10.000 Euro in einem Briefumschlag. Dann wurde sie erneut von dem Keiler zur Bank geschickt, um auch noch Schmuck aus dem Schließfach zu holen. Die falschen Polizisten bestellten der Seniorin sogar ein Taxi.

Angeklagter will Beute übergeben haben

Die Beute übergab der Kurier auf einem Parkplatz eines Schnellrestaurants an eine ihm unbekannte Frau, schilderte der Angeklagte; er habe dafür nur 100 Euro Botenlohn bekommen. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um „Geldschiebereien“ handelte, sagte er entschuldigend: „Ich bereue es.“

Richter Prümper zog die Augenbrauen hoch: „Ihnen war es egal, ob jemand erheblich zu Schaden kommt.“ Der bislang nicht Vorbestrafte wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt; ihm wird eine DNA-Probe entnommen. Falls er zu Geld kommt, muss er Schadensersatz leisten: 10.000 Euro zieht das Gericht für die geschädigte 89-Jährige als „Wertersatz“ ein.

Der Busfahrer arbeitet seit der Trennung von seiner Partnerin allerdings nicht mehr in seinem Beruf, sondern hat lediglich einen Minijob in der Gastronomie. Da er offenbar „labil“ sei, erhalte er einen Bewährungshelfer, der auch kontrolliere, dass der Angeklagte die verhängten 120 Sozialstunden ableistet, so der Richter: „Währenddessen können Sie über Ihre Taten nachdenken.“

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