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Opfer lebte in Angst23-Jähriger wegen räuberischer Erpressung eines Jugendlichen in Siegburg verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Außenansicht des Amtsgericht Siegburgs.

Archivfoto vom Amtsgericht Siegburg.

Der Angeklagte hatte einen 15-Jährigen bedroht und ihm das Handy „abgezogen“. Die Folgen für das Opfer waren gravierend.

Sankt Augustin/Siegburg. In Strafprozessen steht zumeist der Täter im Mittelpunkt, seine Motive, seine Lebensgeschichte. Vor dem Jugendschutzgericht unter Vorsitz von Ulrich Feyerabend ging es aber vor allem um die Folgen einer räuberischen Erpressung: Der 23-Jährige Angeklagte hatte einen 15-Jährigen in Sankt Augustin bedroht und bestohlen.

Das Opfer und seine Freunde kannten den kriminellen Täter – und sie hatten Angst vor ihm, das berichtete die Mutter am Rande des Prozesses. So sehr, dass wohl etliche Delikte erst gar nicht zur Anzeige gelangten. Seine Masche war das „Abziehen“, so auch an diesem Tag im Februar vergangenen Jahres nahe eines Friedhofs.

Der 15-Jährige war dort allein unterwegs, der Angeklagte kam auf einem E-Scooter, baute sich vor ihm auf und forderte sein Handy. Als der Schüler „Nein“ sagte, boxte ihn der Ältere gegen den Oberarm, „er schaute böse.“ Aus Angst, verprügelt zu werden, übergab ihm der Junge sein iPhone.

Angeklagter schon mehrfach straffällig geworden

Danach gab es telefonischen Kontakt zur Familie des Angeklagten, schilderte die 42-jährige Mutter im Zeugenstand; doch das Versprechen, das Handy zurückzugeben, wurde nicht eingehalten. Ihr Sohn sei nicht mehr nach der Schule aus dem Haus gegangen, habe sich nicht mehr mit den Freunden getroffen. Nach vier Monaten zog die Familie um. Der Umzug sei zwar geplant gewesen, aber nicht so schnell, sagte die Mutter: „Wir haben direkt die erste Wohnung genommen, obwohl sie teurer war.“

Der Angeklagte, Vater zweier kleiner Kinder, legte ein Teilgeständnis ab, leugnete aber den Schlag. Strafverschärfend wirkten seine Verurteilungen wegen gemeinschaftlichen Raubes, Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung und Fahren ohne Führerschein seit 2014 – die meisten Strafen kassierte er als Jugendlicher und Heranwachsender (bis 21 Jahre), saß auch schon im Arrest. Nach der Förderschule hatte er ein Berufsvorbereitungsjahr begonnen, wurde als unbeschulbar entlassen.

Er arbeitet derzeit nach eigenen Angaben im Lager eines Paketdienstes und erhalte 1300 Euro netto, seine Frau sei in Elternzeit. Der 23-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wird, da die Gewaltausübung gering gewesen sei, so der Richter. Die Staatsanwältin hatte Haft ohne Bewährung gefordert. Er muss zudem 1800 Euro an die Kooperation Jugendgerichtshilfe zahlen und eine DNA-Probe abgeben.

Man habe die Hoffnung, dass der Druck der drohenden Haft ausreiche, den Angeklagten von weiteren Straftaten abzuhalten, erklärte Feyerabend. Aber zugleich bestehe die Befürchtung, dass weitere Straftaten folgen.


Täter-Opfer-Ausgleich

Häufig bittet ein Straftäter sein Opfer in der Hauptverhandlung um Entschuldigung. Weitergehend ist der Täter-Opfer-Ausgleich, der eine Wiedergutmachung mit einschließt. In diesem Fall lehnte der 15-Jährige beides ab. Zu schwer wiegend seien die Folgen für ihren Sohn, erklärte die Mutter des Schülers. Auf Anraten des Vorsitzenden Richters nahm die Familie die angebotene Wiedergutmachung von 400 Euro an. „Dann müssen sie dem Geld nicht hinterherlaufen“, so Feyerabend.

Bei geringen Einkommen könne zudem nicht gepfändet werden. Der Strafverteidiger übergab das Geld in bar noch im Gerichtssaal. (coh)