Dass Helfer zu Opfern werden, ist keine Seltenheit mehr. Das Deutsche Rote Kreuz Rhein-Sieg berichtet über Aggressionen beim Siegburger Stadtfest.
Siegburger StadtfestDRK beklagt immer mehr Angriffe auf Sanitäter – „Vor Frauen weniger Respekt“

Das Deutsche Rote Kreuz stand beim Stadtfest für Notfälle bereit, zusätzlich waren Sanitäter zu Fuß unterwegs. Zwei Einsatzkräfte wurden bei einem Angriff verletzt.
Copyright: Becker
Wo Alkohol fließt, wachsen oft Aggressionen. Zunehmend würden auch Helfer attackiert, beklagt das Deutsche Rote Kreuz Rhein-Sieg. Wie auf dem Siegburger Stadtfest, berichtet Thomas Becker vom DRK, wo zeitgleich bis zu zwölf Sanitäter im Einsatz waren: „Jeder derartige Vorfall wird ans Innenministerium gemeldet.“
Zwei Sanitäter, eine Frau und ein Mann, mussten nach einem Einsatz im Krankenhaus behandelt werden. Was war geschehen? In der Nacht zum Sonntag war ein Mann an der Veranstaltungsfläche am Kaufhof ausfallend geworden, der stark alkoholisierte 23-Jährige habe Hilfe gebraucht.
Aggressiver Stadtfestbesucher schlug 36-jähriger Helferin unvermittelt ins Gesicht
Die Polizei habe den aufgebrachten, anfangs unkooperativen Mann beruhigen können, er sollte mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. Dort wollte er sich aufsetzen. Als die Helfer ihm erklärten, dass dies auf der 1,50 Meter hohen Trage zu gefährlich sei, holte er aus, so Becker, und schlug der 36-jährigen Sanitäterin „unvermittelt ins Gesicht“. Beim Handgemenge wurde ihr Kollege zudem am Handgelenk verletzt.
In den vergangenen Jahren sei das Problem spürbar gestiegen, die Hemmschwelle werde niedriger, „das gab es so vor 25 Jahren nicht, als ich beim DRK anfing“. Dabei würden Frauen, von denen der Rettungsdienst ja zum Glück immer mehr in seinen Reihen habe, in besonderem Maße zur Zielscheibe. Die Angreifer, meist Männer, nähmen diese ganz anders wahr und respektierten sie nicht so.
In der Ausbildung sei mittlerweile das Modul Prävention Gewalt im Rettungsdienst fester Bestandteil. Die Sanitäter würden geschult, durch Kommunikation die Lage zu beruhigen und sich „konsequent“ aus brenzligen Situationen herauszuziehen. „Einen Crashkurs Selbstverteidigung haben wir aber noch nicht.“ Einzugreifen und durchzugreifen, das sei ja Sache der Polizei.
Früher sei das kein Thema gewesen. „Da wurden wir auch mal beschimpft oder geschubst“, das hätten die Helfer weggesteckt. Durch massive Angriffe, wie Anfang Juli an der Troisdorfer Stadthalle auf einen Feuerwehrmann, seien alle Einsatzkräfte stärker sensibilisiert. Der 40-Jährige war als Sanitäter im Einsatz und hatte am Rande einer Schulabschlussfeier einen Streit schlichten wollen. Er wurde lebensgefährlich verletzt, lag anfangs auf der Intensivstation.
Auch in den Behörden sind die Angriffe im Fokus. Erst seit 2021 würden solche Gewalttaten gesondert erfasst, teilte die Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises auf Anfrage mit. Zwischen zehn und 13 Fälle zu Lasten von Einsatzkräften wurden pro Jahr gezählt; im Jahr 2025 waren es bis August schon elf.
Die Sanitäter seien angehalten, jede Handgreiflichkeit nicht nur bei der Leitstelle im Kreishaus zu melden, sondern auch zur Anzeige zu bringen, betont Becker. Bei der Landesregierung stehe das Thema oben auf der Agenda: „Alle Fälle werden auf einem speziellen Meldebogen erfasst und an das Innenministerium weitergeleitet.“