GerichtTrio wollte Wolfgang Overath entführen – und plante dann Angriff auf einen Bekannten

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Der Eingang zum Amtsgericht in Siegburg. Symbolfoto

Das Amtsgericht in Siegburg.

Drei Männer wollten Wolfgang Overath entführen, hatten es dann aber auf einen Troisdorfer Geschäftsmann abgesehen. Der Prozess gegen den dritten Angeklagten war für das Gericht alles andere als alltäglich.

Nach seiner Aussage setzt sich der Haupttäter unmittelbar neben das Opfer auf die Zuschauerbank. Ein kurzer leiser Plausch, der freundschaftlich wirkt. Dabei hat der Jüngere (29) vor zwei Jahren versucht, den Älteren gewaltsam zu entführen.

100.000 Euro wollten er, sein Bruder und ein Komplize von der Familie des Troisdorfer Unternehmers erpressen. Im Gerichtssaal sehen sie sich wieder. Der 57-Jährige hegt keinen Groll mehr, er kennt den gescheiterten Kidnapper. „Der hat als Kind mit meinem Sohn Fußball gespielt, da habe ich ihm die Schuhe zugebunden.“

Trio wollte eigentlich Wolfgang Overath entführen

Als ihn der junge Mann an einem Abend im Februar 2021 in ein Auto zerren wollte, wusste der Unternehmer allerdings nicht, gegen wen er – ein drahtiger Extremsportler – sich erfolgreich wehrte. Der Täter trug eine Maske. „Aber da war ein ganz tiefes Gefühl, dass er es nicht kann“, erzählt der 57-Jährige.

Der Jüngere bestätigt die damalige Hemmung: „Ich konnte nicht mehr sprechen.“ Der 29-Jährige und sein Bruder hatten schon ihren Prozess vor dem Landgericht in Bonn. Sie wurden zu 21 beziehungsweise zwölf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Bei der Verhandlung kam heraus, dass sie ursprünglich vorhatten, in Siegburg den Ex-Fußballweltmeister Wolfgang Overath zu entführen.

Angeklagter aus Bonn sollte einen Teil des Lösegeldes bekommen

Vor dem Siegburger Schöffengericht musste sich jetzt der Komplize verantworten. Der 34-Jährige aus Bonn sollte 40.000 Euro von dem Lösegeld erhalten, bekam stattdessen aber kalte Füße: Als er mithelfen sollte, das Opfer vor dessen Wohnhaus in Spich zu packen, blieb er zunächst im Auto sitzen. „Ich dachte erst, da will jemand nach dem Weg fragen“, schilderte der Unternehmer die Situation. Dann habe er angenommen, der Maskierte habe es auf sein Handy oder Portemonnaie abgesehen.

Als er realisierte, dass der Angreifer keine Waffe hatte, setzte er sich heftig zur Wehr und schrie um Hilfe. Ein Troisdorfer, der gerade die Abendrunde mit seinem Hund drehte, kam hinzu. „Lassen Sie den Mann in Ruhe!“, habe er gerufen, sagte der Zeuge aus. Die zwei Täter – der Bruder, der später per Telefon das Lösegeld fordern sollte, war nicht dabei – rannten davon.

Welche Rolle spielte der Angeklagte bei der geplanten Entführung?

In dem mit gestohlenen Kennzeichen versehenen VW Passat, den sie mit laufendem Motor stehen ließen, fand die Polizei Kabelbinder, die wohl dazu dienen sollten, das Opfer zu fesseln. Richter Herbert Prümper versuchte zu ergründen, wie aktiv der Angeklagte bei der Tat mitgewirkt hat.

„Das war so schlecht geplant und so schlecht ausgeführt, einfach dilettantisch.“
Staatsanwalt

Der 29-Jährige entlastete seinen früheren Arbeitskollegen: „Das war meine Idee, ich habe ihn überredet, mitzumachen.“ Auch sei der 34-Jährige den Unternehmer nicht körperlich angegangen, „der hat nur dagestanden“. Verteidiger, Staatsanwalt, Richter und die Schöffen waren sich einig, dass es sich um einen minderschweren Fall von versuchtem gemeinschaftlichen erpresserischen Menschenraub handele.

Bonner wird zu 14 Monaten auf Bewährung verurteilt

„Das war so schlecht geplant und so schlecht ausgeführt, einfach dilettantisch“, stellte der Staatsanwalt fest. Indes seien die psychischen Folgen für das Opfer schwerwiegend gewesen. „Die erste Stufe war der Schock“, berichtete der Unternehmer, „ich habe danach vier Kilo abgenommen, konnte nicht mehr schlafen.“ Abends bringe er jetzt nicht mehr den Müll nach draußen. „Aber ich bin stabil“, psychisch schwerer habe es seine Schwester getroffen.

Der 34-Jährige war geständig und entschuldigte sich im Gerichtssaal bei dem Unternehmer, der die Entschuldigung annahm. Auch akzeptierte er das Urteil von 14 Monaten Haft, die zur Bewährung ausgesetzt sind. Er sei zwar nicht Initiator gewesen und passiv geblieben, hätte aber mehr tun können, um die Tat zu verhindern, befand Richter Prümper.

Bestraft worden war der Angeklagte nach eigener Aussage schon vor dem Prozess: Die Brüder hätten ihn nach der gescheiterten Entführung geschlagen und ihm gedroht. Dazu wollte sich der 29-Jährige vor Gericht nicht äußern.

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