GlücksspielTroisdorfer häufte 150.000 Euro Schulden an – Wie er sein Leben in den Griff bekam

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Ein Mann und eine Frau blicken in Richtung einer Wand.

Jugendlicher Leichtsinn führte den Troisdorfer nach eigenen Angaben in die Schuldenfalle, der er mit Hilfe schließlich entkam. Der 33-Jährige und seine Frau möchten nicht erkannt werden.

Wenn Menschen nicht mehr weiter wissen, können die Berater des SKM eingreifen. Drei Beispiele zeigen, wie Betreute zurück auf die Füße kamen.

Ein scheinbar unüberwindlicher Schuldenberg, eine aussichtslos wirkende Familiensituation – wenn Menschen nicht mehr weiter wissen, können die Beraterinnen und Berater des SKM eingreifen. Drei Beispiele zeigen, wie die Betreuten zurück auf die Füße kamen und es schafften, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.

„Geschämt“ habe er sich, sagt der 33-Jährige. Nicht einmal der Partnerin habe er sich offenbart, bis ihn der Vater eines Tages beim Glücksspiel erwischte – und der Offenbarungseid nicht mehr zu vermeiden war: 120.000 bis 150.000 Euro, überwiegend private Schulden, hatten sich bis dahin angesammelt.

„Jugendlicher Leichtsinn“ führte einen Troisdorfer in die Schuldenfalle

Zwischen 2012 und 2020 habe er gut verdient, erzählt der Troisdorfer. „Jugendlicher Leichtsinn“ habe ihn dennoch in die Schuldenfalle geführt. Da liefen mehrere Handyverträge parallel, hinzu kamen Ratenkäufe und eben die Spielsucht. 2016 meldete der gelernte Wirtschaftslogistiker Privatinsolvenz an.

„Man hat irgendwann die Kontrolle verloren“, erinnert sich der Vater zweier Töchter an „schwierige Zeiten“. Hinzu kamen schwere Erkrankungen, die ihn länger außer Gefecht setzten. Am Ende drohte 2018 die Räumungsklage, mit zwei Monatsmieten war die Familie im Rückstand.

Und dann klingelte Dominik Schmitz von der Fachstelle Wohnungslosenhilfe an der Tür: Die Wohnungsgesellschaft hatte Kontakt aufgenommen. Das sei das Beste gewesen, was hätte passieren können, sagen die Eheleute heute. Denn sonst wären sie wohl weiter abgestürzt.

Im Projekt „Kein Kind im Obdach“ sorgte der Verband erst einmal dafür, dass alle Rechnungen regelmäßig bezahlt wurden, vom Rest des Einkommens bestritt die Familie den Lebensunterhalt. Auch Eltern und Schwiegereltern unterstützten die junge Familie in Bedrängnis. „Der Kühlschrank war immer voll“, die heute fünf und zehn Jahre alten Kinder hätten nie löchrige Kleidung getragen.

Immer wieder schickte der Mann Geld in die gemeinsame Heimat

Inzwischen ist die Spielsucht in einer Klinik behandelt worden und das Insolvenzverfahren abgeschlossen, die übrigen Schulden müsse er wohl noch ein paar Jahre abtragen, sagt der Troisdorfer. Immerhin hat er eine Beförderung in Aussicht, während seine Frau, derzeit Inklusionsfachkraft an einer Kita, demnächst eine Ausbildung zur Erzieherin beginnt.

Vor zwei Monaten hat SKM-Fachfrau Jutta Janick die Begleitung beendet. „Aber wir wissen, dass wir uns melden dürfen, wenn es nötig ist.“

„Ich habe eine Menge geleistet“, sagt die 42-Jährige, „und ich bin nicht zusammengebrochen.“ Allerdings, so erzählt sie„war ich oft kurz davor“. Für ihre fünf und sieben Jahre alten Kinder aber wollte sie durchhalten, sie sind „ein wichtiger Sinn in meinem Leben“. Mit 20 war sie aus der Heimat in Vorderasien nach Deutschland gekommen. Sie holte das Abitur nach, absolvierte ein Studium. Begonnen hätten die Schwierigkeiten dann im Jahr 2018, berichtet sie im Gespräch.

Nach der Trennung folgte die Entscheidung für die Privatinsolvenz

Der Ehemann hatte ein kleines Unternehmen, sie selbst arbeitete in Teilzeit als Sozialarbeiterin. Als dann 2019 das zweite Kind zur Welt kam, „hat sich das angehäuft“: Immer wieder schickte der Mann erwirtschaftetes Geld in die gemeinsame Heimat, Geld ging auch für Glücksspiel drauf. Als dann eine sehr hohe Nebenkostenforderung vom Energieversorger kam und die Stromsperre drohte, wandte sich die zweifache Mutter hilfesuchend an den SKM.

„Es war sehr peinlich für mich“, erinnert sie sich an diese Zeit. Der SKM gewährte zunächst ein Darlehen, um die Stromsperre abzuwenden, stellte außerdem den Kontakt zur Schuldnerberatung her. Nach der Trennung 2020 folgte 2021 die Entscheidung für die Privatinsolvenz. „Es hat lange gedauert, bis ich mich dafür entschieden habe“, sagt die zierliche Frau mit dem kräftigen Händedruck. Aber: „Dann war alles irgendwie geregelt.“ Bis vor einem Jahr verwalteten Beschäftigte im Projekt „Kein Kind im Obdach“ ihr Geld, seit einem Jahr erledigt sie das wieder selbst. In wenigen Wochen ist auch das Insolvenzverfahren abgeschlossen.

„Ich habe in den vergangenen drei Jahren viel gelernt“, sagt sie heute. Das sei mitunter schwierig mit zwei Kindern, doch sei sie heute viel organisierter als früher. „Die Sorgen, die ich jetzt habe, die meistere ich ganz gut.“

Mutter zog mit ihren Kindern in das Haus des SKM in Troisdorf ein

„Ich wollte für meine Kinder ein Vorbild sein“, sagt die Frau, die wie die anderen Menschen in diesem Text ihren Namen nicht öffentlich machen möchte. „Ich wollte, dass sie ein besseres, einfacheres Leben haben.“ Keine leichte Aufgabe für die alleinerziehende Mutter, die vier leibliche Kinder und ein Pflegekind hat. Vor allem eine Wohnung zu finden, „wo sie sich wohlfühlen und auch Freunde mitbringen können“, gestaltete sich nahezu unmöglich.

„Kein Vermieter oder Hausverwaltung nimmt einen“, erinnert sie sich an die Zeit der Wohnungssuche. „Aber dann baute der SKM das Haus in Troisdorf.“ Hier zog die Mutter mit ihren Kindern ein, die zuvor im Elternhaus gelebt hatte.

Getrennt war sie damals schon, seit fünf Jahren ist die vierfache Mutter auch geschieden. „Man hat nur ein Leben“, sagt sie, die in einem Sozialberuf arbeitet. Und wenn man dann nicht glücklich ist, solle man da auch mit vielen Kinder nicht bleiben.

Inzwischen wohnt die Familie wieder unter einem Dach

„Man soll sich Hilfe suchen“, diese Botschaft habe sie heute für Frauen in vergleichbarer Situation: Im Internet war sie auf die Möglichkeiten der Unterstützung durch den SKM gestoßen, „wie eine Familie“ seien die Beraterinnen in den vergangenen Jahren gewesen.

Ihre eigene Familie hat inzwischen viel erreicht: Die Tochter (25) hat ein duales Studium absolviert und arbeitet jetzt in einem Großkonzern, der zwei Jahre jüngere Sohn steht kurz vor dem Abschluss einer Berufsausbildung. Die drei Jüngsten gehen noch zur Gesamtschule und aufs Gymnasium.

Inzwischen wohnt die Familie wieder unter einem Dach: Gemeinsam haben sie ein Haus gemietet. „Es ist für mich eine abgehakte Sache“, sagt die 47-Jährige in der Rückschau auf die vergangenen Jahre. Und: „Wenn man ein Ziel hat, dann schafft man das alles.“

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