Kunsthaus TroisdorfMirjam Wingender bespielt den Raum im Kopf des Betrachters

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Die Troisdorfer Künstlerin Mirjam Wingender zwischen ihren Bildern „Wachsen I und II“.

Troisdorf – Als erstes fällt der blaugeringelte Pulli auf, den die junge Frau trägt. Dann die metallisch schimmernde Kopfbedeckung, die an medizinische Schutz- und Einsatzkleidung erinnert. Auf einem Bild sind die Augenhöhlen der Porträtierten leer.

Auf dem benachbarten sieht man statt des Gesichts nur eine Flut brauner Haare. Grüne Farbschnipsel tanzen quer über die beiden Leinwände. „Wachsen“ hat Mirjam Wingender aus Troisdorf die Werkgruppe genannt, die mit weiteren Arbeiten im Kunsthaus zu sehen ist.

Künstlerin pendelt zwischen Troisdorf und Bodensee

Hier hat die Malerin seit zehn Jahren ihr Atelier, pendelt zwischen ihren Wohnorten Troisdorf und Radolfzell am Bodensee. Kunstinteressierten ist die 37-Jährige, die an der Alanus-Hochschule studiert hat, als Dozentin an der Kreativ-Werkstatt und diversen Schulen ihrer Heimatstadt bekannt – und natürlich auch durch ihre Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen.

Beim flüchtigen Hinsehen wirken ihre Arbeiten leicht zugänglich: Wingender malt figurativ, stets Porträts von Personen, die ihr vertraut sind und zunächst in Fotosessions Modell sitzen. Diese Aufnahmen dienen der Künstlerin als Ausgangspunkt ihrer großformatigen Malerei.

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Die Serie „Kopfüber“ zeigt auf hölzernem Grund, wie Wingender nach dem Collageprinzip Kleidung und Körperteile zu einer schwungvollen Komposition verbindet. 

Realistisch gemalte Figuren platziert sie in ein Umfeld, das Wingender selbst als „wenig definiert“ bezeichnet. Zuweilen greifen die Farbverläufe des Hintergrunds auf die Figur über, verfremden oder fragmentieren sie. Grafische und malerische Elemente überschneiden sich, stehen in Spannung zueinander.

Vorliebe für Stoffe und Faltenwürfe

Der Gesichtsausdruck ihrer Figuren ist meist unbestimmt oder fragend, wenn sie sich nicht ohnehin abwenden oder schützend in die eigenen Haare wie in einen Kokon einspinnen. „Ich möchte eine Irritation beim Betrachter schaffen, der so Spielraum bekommt, eine eigene Geschichte zu erfinden“, sagt die Künstlerin, die sich inspiriert zeigt von Surrealismus und Dadaismus.

Auffällig ist ihre Vorliebe für Hauttöne, für Stoffe und Faltenwürfe, die sie mit besonderer Liebe zum Detail hervorhebt. Seien es die Rauten des Harlekin-Kostüms oder die Materialität eines cremefarbenen Kleides aus Satin und Tüll.

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Das Bild „Die Wut“ verbindet Plastizität mit Flächigkeit. Deutlich zeigt sich die Vorliebe der Künstlerin für Stoffe und Texturen. 

Dessen haptische Qualität steht in krassem Kontrast zum Gesicht der Trägerin, das von einer rosa Farbfläche halb verdeckt ist. „Die Wut“ heißt das Bild. „Ich bin eine Wortsammlerin“, sagt Mirjam Wingender über sich selbst, die ihre Bilder zusätzlich assoziativ durch Titel wie „Fast ohne Schwerkraft“ auflädt.

Die Freude an Verkleidung, an Texturen und Mustern zeigt sich auch in der kleinformatigen Ölmalerei auf Holztableaus, in der sich die Motive apart mit der Maserung des Untergrunds verbinden. „Die glatte Oberfläche spielt der Malerei zu“, sagt Wingender.

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In einer heiteren Collage wirbeln Kleidungsstücke und Körperteile über das Bild. Sinn für Humor verraten auch die Tuschezeichnungen, in denen sich „Feine Damen“ mit Kulleraugen, Spitzmündchen und aufgetürmten Frisuren präsentieren, nicht verrätselt, sondern im gekonnten Zugriff der Karikaturistin.

Die Ausstellung ist im Kunsthaus, Mülheimer Straße 23, bis 8. Mai zu sehen, Samstag 15 bis 18 Uhr, Sonntag 11 bis 14 Uhr sowie nach Vereinbarung unter 02241/1261581. Katalog: acht Euro.

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