Der Paritätische Wohlfahrtsverband mahnt angesichts massiver Hürden für Menschen mit Behinderung im Rhein-Sieg-Kreis.
Viele geben die Suche aufBarrierefreie Wohnungen bleiben in Rhein-Sieg Mangelware

Menschen mit Behinderungen haben enorme Schwierigkeiten, für sie passenden Wohnraum zu finden.
Copyright: picture alliance / Patrick Seeger/dpa
Reiner Mathes findet, dass das Thema unter den Teppich gekehrt wird: Der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes im Rhein-Sieg-Kreis möchte endlich ein vernünftiges Bewusstsein für die Wohnungssituation von Menschen mit Behinderung in der Region schaffen. Personen, die im Rollstuhl sitzen, haben aktuell eine ähnlich schlechte Chance auf dem Markt wie Wohnungslose. Das zeigt das Wohnungsmarktbarometer der NRW-Bank.
Unabhängige Teilhabeberatung bietet Sprechstunden in Troisdorf an
Mathes informierte kurz vor dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember gemeinsam mit der ZNS-Stiftung über die Situation. Mitarbeitende beider Einrichtungen sind in der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) in Troisdorf tätig. Dort begleiten sie Menschen mit Behinderung und deren Angehörige bei der Beantragung von Leistungen und informieren über Pflegegrade.
Allerdings entfallen nur zehn Prozent der Beratung auf die Hilfe bei der Wohnungssuche. „Viele geben einfach auf und wohnen weiterhin bei den Eltern“, begründet Mathes den geringen Anteil. Es ist das Recht auf Selbstbestimmung, das der Verbandsgeschäftsführer und die Beraterinnen beschnitten sehen. Jeder solle ein Recht auf eine eigene Wohnung haben.
Inklusion ist eben mehr, als nur einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen
„Inklusion ist eben mehr, als nur einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen“, so Mathes, der Deutschland in dem Punkt als Entwicklungsland bezeichnet. Es fehle an abgestimmten Verfahren und einheitlichen Anlaufstellen. Der soziale Wohnungsbau decke das barrierefreie Bauen viel zu geringfügig ab, kritisiert Mathes.
Miriam Jung, Teilhabeberaterin sitzt selbst aufgrund einer infantilen Zerebralparese im Rollstuhl und kann daher auf Augenhöhe mit vielen Ratsuchenden kommunizieren. „Ich kann von meinen Erfahrungen berichten und motivieren, nicht aufzugeben“, erzählt Jung. Sie hat mittlerweile in Köln eine geeignete Wohnung gefunden, doch auch die ist nicht hundertprozentig barrierefrei.

Nina Lichtenberg, Miriam Jung, Iris Schwarz, Reiner Mathes und Sonja Flesch informierten über die Wohnungsnot für Menschen mit Behinderung.
Copyright: Jonathan Schmitt
„Hätte ich einen elektrischen Rollstuhl, käme ich wegen der Breite gar nicht mehr durch die Tür und könnte schlechter rangieren“, so Jung. „Allein die Fensterhöhe ist für Rollstuhlfahrer in den meisten Wohnungen gar nicht geeignet“, ergänzt Iris Schwarz, Beauftragte für Menschen mit Behinderung der Stadt Bad Honnef.
Den Beraterinnen der EUTB fehlt es insgesamt an Transparenz. Es gebe keinerlei Orientierung für Menschen mit Behinderung, obwohl die Daten alle vorhanden seien. Mathes fordert etwa eine öffentliche Liste der Wohnungsbaugesellschaften, in denen barrierefreie Wohnungen aufgeführt sind. Mathes: „Da gibt es noch ein dickes Brett zu bohren.“

