ProzessHandel mit geklauten Handys – Dealer erfand Überfall mit Machete in Troisdorf

Lesezeit 3 Minuten
Das Bild zeigt die Attika des Bonner Gerichtsgebäudes mit dem Schriftzug Landgericht.

Am Landgericht Bonn wurde der Fall des vermeintlichen Raubüberfalls in Troisdorf verhandelt.

Das angebliche Opfer eines Überfalls mit einer Machete in Troisdorf tischte dem Gericht ein Märchen auf: Er war gar nicht beraubt worden.

Der Vorwurf klang gewaltig: Bewaffnet mit einer Machete, sollen zwei Männer, 26 und 27 Jahre alt, am 26. Oktober 2022 einen Handy-Dealer auf offener Straße in Troisdorf überfallen haben, um ihm 22.800 Euro zu rauben, das Geld, das er ihnen für die gestohlenen Geräte zahlen wollte. Das Opfer habe sich mit Pfefferspray wehren und die Angreifer vertreiben können. So hieß es in der Anklage der Bonner Staatsanwaltschaft, die sich vor allem auf die Aussage des Zeugen stützte. Im Prozess vor dem Landgericht stellte sich heraus: Er hatte den Ermittlern Märchen erzählt.

Die zwei Angeklagten und der Zeuge kennen sich aus dem Halbwelt-Milieu

Die drei Beteiligten kennen sich aus dem Halbwelt-Milieu, sind alle vorbestraft unter anderem wegen Körperverletzung und Hehlerei. Der jüngere Angeklagte sitzt zurzeit eine Strafe im offenen Vollzug im sauerländischen Attendorn ab. Er hat für den vermeintlich Geschädigten Handys, die in einem Elektronikmarkt in Hennef gestohlen worden waren, unter einem Tarnnamen im Internet für insgesamt 3000 bis 4000 Euro verkauft; 100 Euro pro Stück will er als Vermittlungsgebühr kassiert haben, sagte er vor Gericht aus. Der 27-jährige Mitangeklagte schwieg derweil.

Als die Kammer das Opfer hören wollte, erschien der Mann nicht und wurde deshalb am folgenden Verhandlungstag polizeilich vorgeführt. In seiner Aussage berichtete er, dass er am 26. Oktober 2022 von den beiden Männern überfallen worden sei. Die Kammer nahm die Aussage zur Kenntnis und entließ den Zeugen, der vor dem Verhandlungssaal aber nichts Besseres zu tun hatte, als gegenüber Bekannten damit zu prahlen, er habe die Richter angelogen. Das Gespräch hörte zufällig Rechtsanwalt Peter-René Gülpen mit, der Verteidiger des 27-Jährigen. Er informierte flugs die Vorsitzende Richterin, die den Zeugen erneut zur Vernehmung aufrief.

Verlauf eines Chats entlarvte Aussage des Opfers als Lügengeschichte

Dabei kam heraus, dass er sich die Story ausgedacht hatte: Er war im Januar wegen Hehlerei erwischt worden und hat sich bei der Polizei wohl Vorteile fürs eigene Verfahren erhofft, wenn er sich als Opfer eines Überfalls darstellte.

Die mutmaßliche Tat im Oktober lief als Echtheits-Chat über WhatsApp zwischen dem jüngeren Angeklagten und dem angeblichen Geschädigten, das heißt, beide haben sich währenddessen fleißig Nachrichten geschrieben. Nach der Attacke sei er, so der Zeuge, drei Kilometer weggefahren, habe dann geparkt und sofort wieder mit dem 26-Jährigen gechattet, um trotz des angeblichen Raubes ein neues Treffen zu arrangieren.

Der Chatverlauf zeigte: Zwischen dem Überfall und dem Einparken lagen nur knapp vier Minuten. Das war für die Kammer Beweis genug, dass die Attacke erfunden war. Sie sprach die beiden Angeklagten wegen des Raubes frei, der 26-Jährige wurde wegen Hehlerei und unter Einbeziehung einer anderen Strafe zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt.

Gülpens Mandant will jetzt von der Staatsanwaltschaft prüfen lassen, ob sie gegen den vermeintlichen Geschädigten wegen Falschaussage und falscher Verdächtigung ermitteln wird.

Rundschau abonnieren