Rheinisches RevierKI statt Kohle

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Elsdorf: Marianne Janik (l), Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, und Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen (CDU), stehen vor einer Pressekonferenz zum Thema «Von der Kohle zur KI» am Rand des Tagebau Hambach vor einem Fahrzeug, mit dem für KI-Fortbildung geworben wird.

An der Abbruchkante des Tagebau Hambachs in Elsdorf erläuterten Marianne Janik, Deutschland-Chefin von Microsoft, und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, die Pläne für eine KI-Qualifizierungsoffensive.

Seit der US-Softwarekonzern Microsoft angekündigt hat, 3,2 Milliarden Euro unter anderem in zwei sogenannte Hyperscaler (Großrechenzentren für Künstliche Intelligenz und Cloud-Technologien) in Bedburg und Bergheim im Rheinischen Revier zu investieren, stehen die Telefone bei den Bürgermeistern in Bergheim, Elsdorf und Bedburg kaum noch still.

 Es ist eine Art Goldgräberstimmung ausgebrochen. „Viele Unternehmen wollen sich jetzt bei uns ansiedeln, nicht nur IT-Firmen, sondern beispielsweise auch Hotels“, berichtet Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler. „Die Ansiedlung von Microsoft hat eine enorme Sogwirkung“. Sein Bedburger Kollege Sascha Solbach spricht von einem Ruck, der durch die Region geht. Mießeler hofft darauf, dass im Herbst der erste Spatenstich für das Großprojekt stattfinden kann. Bis dahin werden wir jedenfalls Baurecht schaffen, sagte Mießeler der Rundschau auf Anfrage.

1,2 Millionen Menschen sollen bundesweit in KI geschult werden

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Microsoft-Deutschlandchefin Dr. Marianne Janik stellten am Montag am Forum terra nova die Pläne vor, wie Nordrhein-Westfalen (NRW) zu einer führenden KI-Region werden soll. Hier an der Aussichtsplattform auf den riesigen Tagebau Hambach, wo die Vergangenheit und Gegenwart der Braunkohlenförderung allgegenwärtig ist, läuteten die beiden unter der Überschrift „Von der Kohle zur KI“ eine neue Zeitrechnung ein. Die Rechenzentrumsregion im Rheinischen Revier wird künftig die Cloud- und KI-Kapazität für ganz Deutschland steigern und der Kohleregion im Strukturwandel neue Wachstumsperspektiven eröffnen, ist Wüst überzeugt. Um die Verfügbarkeit von Fachkräften zu verbessern, startet Microsoft zudem eine große Qualifizierungsoffensive mit lokalen Partnern aus Wirtschaft, Kommunen, Schulen und Bildungsträgern. Bis 2025 möchte der Konzern in ganz Deutschland 1,2 Millionen Menschen in Cloud und KI fortbilden, 100 000 davon in NRW. Menschen sollen Nutzen der KI besser beurteilen können „Wir investieren in die Region und die Menschen“, sagte Dr. Janik. Die Angebote reichen von IT-Qualifizierungsprogrammen für Beschäftigte lokaler Unternehmen bis zur Berufsorientierung und Kompetenzvermittlung für Schülerinnen und Schüler, Berufssuchende, Quereinsteiger und speziell auch für Frauen.. Microsoft ruft weitere Unternehmen, Schulen und Bildungsträger auf, sich an der Qualifizierungsoffensive zu beteiligen. Dr. Janik: „KI-Kompetenz wird zum Schlüsselfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung.“ Von den Qualifizierungen profitieren sollen auch Firmen, die bei KI Nachholbedarf haben und um Expertise bitten. Von externen Fachleuten sollen Mitarbeiter lernen, präzise Sprachbefehle (Prompts) an eine KI zu richten, damit das Ergebnis der Abfrage einen höheren Nutzen für die eigene Arbeit hat. Auch Berufsberatern der Bundesagentur für Arbeit sollen KI-Wissen vermittelt bekommen. Microsoft-Deutschlandchefin Janik ist vom Nutzen überzeugt. „ Niemand wird eine Technologie nutzen, niemand wird einer Technologie vertrauen, wenn die Beurteilungsfähigkeit nicht da ist.“

Standort für drittes Rechenzentum ist noch offen

Neben Bergheim und Bedburg wird Microsoft noch ein drittes Rechenzentrum in NRW errichten. Ein Standort ist aber noch offen. „Wir sind in Gesprächen“, sagte ein Microsoft-Sprecher. Für Landrat Frank Rock eröffnet die Investition von Microsoft neue Wege in Wirtschaft und Bildung im Rhein-Erft-Kreis. „Es ist entscheidend, dass wir jetzt handeln, um unsere Berufskollegs und Schulen gezielt auf die Anforderungen der neuen digitalen Berufssparten auszurichten und die Qualifizierung im Bereich der digitalen Kompetenzen für unsere lokale Wirtschaft zu intensivieren. Wir im Rhein-Erft-Kreis stehen bereit, mit Microsoft und den Bildungseinrichtungen ein Netzwerk voranzutreiben, das unsere Fachkräfte für die Zukunft qualifiziert. Jetzt ist der Moment, gemeinsam die Bildungslandschaft für die digitale Ära zu gestalten.“ Nach den Worten von Projektleiter Ralf Weishaar legt Microsoft großen Wert auf eine nachhaltige Bauweise. „Wir brauchen grünen Stahl und innovative Baustoffe. Wir möchten mehr Energie zurück ins Netz führen, als wir entnehmen und beispielsweise die Abwärme der Rechenzentren in ein Fernwärmenetz einspeisen, wen wir einen Abnehmer dafür haben“, sagte er.

Rheinisches Revier ist idealer Standort für Rechenzentren

Das Rheinische Revier eignet sich ideal für die Ansiedlung von Rechenzentren, zeigt eine Machbarkeitsstudie des NRW-Wirtschaftsministeriums. Es liegt am Kreuzungspunkt der wichtigsten europäischen Datenleitungen zwischen den großen Internetknoten Amsterdam, Frankfurt, Stockholm und Paris sowie in der Nähe des regionalen Internetknotens Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen ist Microsoft bereits seit Jahrzehnten präsent und als Partner etabliert. Das Regionalbüro in Köln ist mit 500 Arbeitsplätzen der zweitgrößte deutsche Standort nach der Zentrale in München und betreut Kunden unterschiedlichster Branchen und Größen – von Automobilzulieferern über Industrie- und Medienunternehmen bis zu Versicherungen und Verwaltungskunden, von Startups über Mittelständler bis zu Dax-Konzernen. Dazu zählen Bayer, RWE, Metro oder Bertelsmann. 

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