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Veedels-CheckHahnwald – supersauber, supersicher und Parkplätze ohne Ende

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Das Luftbild zeigt die Lage Hahnwalds zwischen Gewerbegebiet und Autobahn 555.

Köln-Hahnwald – Ruhig und grün und aufgeräumt ist es im Hahnwälder Villenviertel. Unglaublich viel Platz gibt es hier und imponierend schöne Häuser – extravagante, konventionelle, Reet gedeckte, viktorianische Häuser oder schlicht gestaltete im kubischen Bauhausstil. Manche sind regelrecht hineinkomponiert in gepflegte parkähnliche Anwesen, die bis zu 20 000 Quadratmeter groß sind. Freilich sind das die Ausnahmen, denn es gibt auch „bescheidene“ Grundstücke.

Mindestens 2000 Quadratmeter fürs Haus sind ein Muss im „alten“ Hahnwald, also im nördlichen Wohnbereich, sowie teilweise an der Straße „Unter den Birken“. Seit 1980 sind an allen anderen Straßen Bauflächen von 1000 Quadratmetern für ein Gebäude erlaubt, das auch ein Doppelhaus sein kann mit jeweils 500 Quadratmetern pro Hälfte.

Rund 2000 finanziell eher gut gestellte Menschen leben im noblen Quartier im Kölner Süden. Darunter Künstler von Weltrang wie Gerhard Richter, der schon mal mit dem Fahrrad durch die Hahnwälder Straßen fährt und freundlich grüßt, wird erzählt. Topmanager wohnen hier, Prominente wie Stefan Raab, Sportler wie FC-Torwart Timo Horn und Fußballspieler Toni Kroos. Er baut sich gerade ein Haus. Anderes ist weniger glanzvoll. Im gesamten Wohnviertel gibt es keine Schule, keinen Kindergarten, kein Restaurant, keine Kneipe, keinen Kiosk und auch keinen Supermarkt. Zum Einkaufen und in die Schule fährt man in die Nachbarorte, meist nach Rondorf oder Rodenkirchen. Wie einsam ist es im Hahnwald?

Kein abgeschottetes Nobelviertel

„Ganz und gar nicht“, findet Jan Rolff, und er korrigiert mit Nachdruck das Image vom abgeschotteten Nobelviertel, das dem Hahnwald hartnäckig anhaftet. Der Stadtteil habe sich in den vergangenen Jahren sehr verändert. „Viele junge Familien wohnen inzwischen hier, pro Haushalt gibt es im Schnitt drei Kinder“, sagt er. Und mehr als 20 Prozent der Bewohner seien jünger als 18 Jahre, das sei weit über dem Kölner Durchschnitt. Die Grundstückspreise seien pro Quadratmeter niedriger als etwa im benachbarten Weiß. Gute nachbarschaftliche und vor allem generationsübergreifende Kontakte gebe es ebenfalls.

„Als ich vor 15 Jahren nach einigen Jahren der Unterbrechung wieder in den Hahnwald gezogen bin und von Nachbarn eingeladen wurde, waren die meisten Gäste 30 Jahre älter als ich. Aber das war einer der besten Abende, die ich erlebt habe“, sagt der 52-jährige Diplom-Kaufmann. Er ist Vorstand der Interessengemeinschaft (IG) Hahnwald, einem Zusammenschluss engagierter Bewohner, die sich für ein „harmonisches, lebendiges und buntes Zusammenleben“ im Stadtteil einsetzen, wie es auf der Internetseite heißt. Regelmäßig lädt die IG zum geselligen Straßen-Sommerfest ein.

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Klaus Weyers ist ebenfalls langjähriger IG-Vorstand. Der 66-Jährige schwärmt vom mediterranen Flair, den guten Kontakten untereinander. „Man lädt sich gegenseitig ein und lernt sich kennen“, erzählt er. Anknüpfungspunkte gebe es also genug.

Er veranstaltet zum Beispiel Garagenfeste, die vor allem bei zahlreichen Jugendlichen sehr beliebt seien. Auch er lobt den Generationen-Mix. Allerdings sei der Nachbarschafts-Kontakt kein Muss. „Wenn jemand lieber für sich bleiben will, wird das respektiert“, sagt der Diplom-Volkswirt. Hahnwald ist und bleibt eben Rückzugsort.

Ältere Häuser mit Geschichte

„Ich würde niemals wegziehen, schon gar nicht in den anonymen Rheinauhafen“, unterstreicht Klaus Weyers. Mit der Familie lebt er auf 350 Quadratmetern Wohnfläche im „Haus Hasenberg“, einem Haus mit Geschichte im nördlichen Hahnwald. Als eines der ersten wurde es 1934 gebaut. Architekt war jener Theodor Merrill, der mit seinem Vater Hervey Cotton Merrill den Grundstein für die Villenkolonie Hahnwald gelegt hat, genauso wie für die „Gartenstadt“ Marienburg. Das Gebäude ist nicht mehr im Ursprungszustand erhalten. 1956 hat der damalige Eigentümer, eine kanadische Familie, das elegante, lang gezogene Haus Hasenberg umgebaut. 2002 standen erneut einige Veränderungen an.

Fast jedes der älteren Häuser hat seine Geschichte. Sie wurden von renommierten Architekten entworfen, wie zum Beispiel das avantgardistische Haus „X1“ von Peter Neufert. Andere bekannte Architekten-Namen sind Joachim Schürmann, Büro Link, Ulrich Coersmeier, Erwin H. Zander, Bernd Ulrich Peters. Und, und. Seit 1991 gibt es im Wohngebiet Hahnwald einen 24-Stunden-Wach- und Sicherheitsdienst. Das ist einmalig in Köln. Die IG hat ihn initiiert. „Wir fühlen uns seitdem sehr sicher in unserem Viertel“, betont Jan Rolff. Einbrüche und Autodiebstähle seien zurückgegangen. Das war offenbar in den 1980er Jahren anders. Damals seien Banden unterwegs gewesen, sie hätten Bewohner im Schlaf betäubt und beraubt.

Dramatisch waren 1981 die Entführungen von zwei Kindern (ein elf Jahre alter Junge im März und ein acht Jahre altes Mädchen im Dezember). Gegen hohe Lösegeldzahlungen kamen die beiden wieder frei.

Was oft nicht erwähnt wird: Das reine Wohngebiet macht nur ungefähr die Hälfte des offiziellen Stadtteils Hahnwald aus. Ein breiter grüner und landschaftsgeschützter Streifen trennt das Wohnviertel im Westen von einem Gewerbegebiet im Osten. Seit den 1980er Jahren ist es allmählich entstanden rund um die Emil-Hoffmann-Straße und „An der Wachsfabrik“.

Eine Großbrauerei und die unterschiedlichsten Firmen haben sich niedergelassen – Pharmahandel, Reifenhändler, Autowerkstätten, Fliesen- und Getränkemärkte, Fitnessstudios, auch eine weiterführende Schule – die Offene Schule Köln. Und seit kurzem gibt es zudem einen Discounter, der gut angenommen wird von der Hahnwälder Bevölkerung. Wenig erbaulich sind die großen Nachbarn im Süden und Westen – die Rheinland Raffinerie und die Autobahn 555. Dafür ist der Blick nach Norden umso schöner. Dort liegt das große Naherholungsgebiet Friedenswald mit dem Forstbotanischen Garten.

Die Hahnwälder und ihre Kinder halten sich gern dort auf, wie es heißt. Mit dem Erlös aus einer Tombola hat die IG Hahnwald im Jahr 2011 eine Spiel- und Kletteranlage spendiert und sie in einer Sandkuhle aufstellen lassen.

Die Geschichte des Veedels Hahnwald

Der Name Hahnwald bezieht sich auf einen kleinen Hainwald, der sich früher östlich der heutigen Straße „Am Hasengarten“ befand. Im Jahr 1610 wurde dieser Hainwald als „Hendtgen“ erstmals schriftlich erwähnt, 1800 wurde er als „Haalen“ bezeichnet. Größtenteils war das Areal aber nicht bewaldet, sondern wurde landwirtschaftlich genutzt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts existierte an der Bonner Landstraße auch eine Ziegelei. Nach Aufgabe des Betriebs entstand dort das Gehöft „Hermannshof“. Der Bauernhof hat sich heute auf Gänsezucht spezialisiert. Die Entstehung des Villenviertels begann mit dem amerikanischen Zahnarzt Hervey Cotton Merrill. Er erwarb 1913 ein 125 000 Quadratmeter großes Grundstück an der Bonner Landstraße. In den 1920er Jahren entstanden einige wenige Häuser nach den Entwürfen von Hervey Merrill und seines Sohns, dem Architekten Theodor E. Merril. An ihn erinnert der Merrillweg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde viel gebaut nach einheitlichen Vorgaben wie einer eingeschossigen Bauweise und einer bestimmten Grundstücksgröße. Offiziell wurde der Ortsteil Hahnwald 1949 gegründet, er ist einer der jüngsten in Köln. 1950 hatte Hahnwald 235 Einwohner, 1967 waren es bereits 812. In den 1980er und 1990er Jahren wurde das Wohngebiet vor allem nach Osten deutlich erweitert.

In dieser Zeit entwickelte sich auch das Gewerbegebiet „An der Wachsfabrik“ rund um die Emil-Hoffmann-Straße. Es gehört zum Stadtteil Hahnwald, wird aber meist als Rodenkirchener Gewerbegebiet bezeichnet.

Die größten Baustellen im Veedel Hahnwald

Die Autobahn 555 führt im Westen am Wohngebiet vorbei. Wenn der Wind aus dieser Richtung weht, kommt es zur Lärmbelästigung. Die Interessengemeinschaft Hahnwald würde sich in dem Autobahnbereich eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 Kilometer pro Stunde wünschen. Vorgesehen ist das bislang nicht. Verbessert haben sich offenbar die Emissionen, die von der nahen Rheinland-Raffinerie ausgingen. In den vergangenen vier Jahren seien Schwachpunkte konsequent behoben worden, heißt es. Befürchtet wird eine Zunahme des Verkehrs am nahen Kiesgrubenweg durch die Fahrzeuge des Schrottrecyclers Theo Steil. Das Unternehmen will einen Parkplatz für seine Lastwagen voraussichtlich im Hahnwalder Gewerbegebiet einrichten.

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