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1. FC KölnGeißböcke erleben „doppelte Niederlage“ am Unglücksort Westfalenstadion

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Maximilian Beier (hinten M, Borussia Dortmund) jubelt über sein Tor zum 1:0 in der Nachspielzeit gegen Torwart Marvin Schwäbe (vorne, 1. FC Köln).

Ganz späte Entscheidung: Maximilian Beier (hinten M, Borussia Dortmund) jubelt über sein Tor zum 1:0 in der Nachspielzeit gegen Torwart Marvin Schwäbe (vorne, 1. FC Köln). 

Der 1. FC Köln und das Dortmunder Westfalenstadion sind keine guten Freunde. Am Samstag mussten die Geißböcke das nächste dunkle Kapitel beim BVB verkraften. 

Lukas Kwasniok ist ein großer Freund von Redewendungen und der Trainer des 1. FC Köln besitzt ein Händchen dafür, die Dinge mit seinen Sprüchen auf den Punkt zu bringen. Auch in Momenten, in denen es jedem schwerfallen würde, überhaupt etwas Vernünftiges von sich zu geben. Das bittere 0:1 am Samstagabend bei Borussia Dortmund und seinen tragischen Umständen waren zweifellos ein solcher Moment, den der FC-Coach so zusammenfasste: „Das Leben ist schön, von fair war nie die Rede. Nur weil du dich aufopferst, heißt es noch lange nicht, dass du auch belohnt wirst. Heute war leider einer dieser Tage.“

Die Geißböcke hatten sich beim Champions League-Teilnehmer bis zur sechsten Minute der Nachspielzeit aufgeopfert, hatten sich in der zweiten Halbzeit dem Dauerdruck des BVB entgegengestemmt und mit einem phänomenalen Marvin Schwäbe im Tor das 0:0 leidenschaftlich verteidigt.

Zur Wahrheit gehört, dass wir den fünften Wechsel sicher auch vor Timos Verletzung vorgenommen hätten.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln

Ab der 85. Minute sogar mit einem Mann weniger. Als Timo Hübers mit seiner schweren Knieverletzung vom Platz getragen werden musste, hatte Lukas Kwasniok bereits fünfmal gewechselt und so stellte sich hinterher die Frage, ob sein Dreifachtausch in der 73. Minuten zu riskant gewesen war: „Im Nachhinein kann man sich diese Frage stellen. Damit hatte ich mein Kontingent erschöpft. Zur Wahrheit gehört aber, dass wir den fünften Wechsel sicher auch vor Timos Verletzung vorgenommen hätten.“

In Unterzahl wurde die ohnehin schon schwere Aufgabe gegen den drückend überlegenen BVB noch schwieriger. Die Schwarz-Gelben schnürten den FC am eigenen Strafraum ein und holten eine Ecke nach der anderen heraus. Die 17. und letzte brachte in der letzten Minute der Nachspielzeit die Entscheidung. Nachdem Fabio Silva noch über den Ball geschlagen hatte, zog Nationalspieler Maximilian Beier einfach mit links ab und fand einen Weg an Sebastian Sebulonsen, Joel Schmied, Eric Martel und Schwäbe vorbei. Ein Versuch, der in 100 Fällen wahrscheinlich nur einmal durchkommt.

Das war ein absolutes Scheißtor.
Marvin Schwäbe, Kapitän und Torwart 1. FC Köln

„Das war ein absolutes Scheißtor. Der Beier trifft den Ball nicht richtig, Sebulonsen fälscht ihn ab, Schmied trifft ihn nicht und Eric kriegt ihn durch die Beine“, beschrieb Kapitän Marvin Schwäbe die Szene. Er hatte den Schuss des Dortmunder Jokers gar nicht sehen können und bekam ihn gegen den linken Knöchel, von wo aus er über die Linie rauschte. Das Westfalenstadion war seinem Ruf als Unglücksort für die Geißböcke einmal mehr gerecht geworden. In den vergangenen 34 Jahren gelang dem FC lediglich ein Sieg beim BVB. 2020 war das in der Corona-Saison durch einen Doppelpack des fabelhaften Ellyes Skhiri.

„Das ist wie ein Stich ins Herz. So schön der Fußball sein kann, so bitter ist er auch manchmal“, sagte der völlig mitgenommene Eric Martel. Sportdirektor Thomas Kessler fasste zusammen, was alle Kölner dachten: „Der BVB hat sicher verdient gewonnen, aber aufgrund des Einsatzes hätten wir schon einen Punkt verdient.“

Said El Mala hat die Führung auf dem Fuß

Niemand wollte ihm versprechen, obwohl es neben der Unterzahl nach Hübers' Ausscheiden weitere Gründe für die dritte knappe Niederlage gegen ein Bundesliga-Topteam nach dem 1:3 in Leipzig und dem 1:2 gegen Stuttgart gegeben hatte. Einer lag in den ersten 45 Minuten, als Said El Mala als Alleinunterhalter in der FC-Offensive zweimal das 1:0 auf seinem starken rechten Fuß hatte.

Der zum zweiten Mal in dieser Saison in der Startelf auflaufende Jungstar schob den Ball einmal frei vor BVB-Keeper Gregor Kobel knapp rechts vorbei (19.) und schloss dann aus 14 Metern zentraler Position zu überhastet ab (35.). „Wir hatten gute Umschaltsituationen. Wenn wir in Dortmund etwas holen wollen, müssen wir diese Chancen nutzen“, haderte Lukas Kwasniok.

Ein weiterer Aspekt der Niederlage war das Dortmunder Übergewicht im Zentrum, wo Felix Nmecha im Duell mit den Kölner Sechsern Denis Huseinbasic und Isak Johannesson die Nase vorne hatte. Kwasnioks Reaktion zur Pause ging mit der Einwechslung von Tom Krauß für Marius Bülter zwar auf, offensiv fehlte dem FC nach dem Wechsel aber jegliche Entlastung. 17:0 lautete die Torschuss-Statistik in den zweiten 45 Minuten zugunsten des geduldigen Teams von Nico Kovac.

Marvin Schwäbe zeigte eine überragende Leistung.

Marvin Schwäbe zeigte eine überragende Leistung.

Der Dortmunder Trainer verfügte mit seinem breiten Kader zudem über reichlich Optionen von der Bank. Kovac konnte neben Beier und Silva noch Julian Brandt, Jobe Bellingham sowie Marcel Sabitzer einwechseln und freute sich nach dem Spiel über den „Impact seiner Finisher“: „Es gibt bei uns keinen Leistungsabfall.“

Eine Stärke, die auch die Kölner in dieser Saison vorweisen können, die diesmal aber nicht zum Tagen kam. Nach Kwasnioks Dreifachwechselwechsel mit Linton Maina, Ragnar Ache und Joel Schmied für Huseinbasic, El Mala und Johannesson wirkte es zwar einen Moment lang so, als ob der FC wieder etwas mehr Zugriff bekommen würde, das war aber spätestens mit Hübers' Ausscheiden wieder hinfällig.

„Es tut weh, so eine doppelte Niederlage hinzunehmen“, sagte Kwasniok mit Blick auf Hübers' Unglück und Beiers' späten Siegtreffer. Der Kölner Trainer zeigte in dem schmerzhaften Scheitern seiner aufopferungsvoll kämpfenden Mannschaft aber Größe: „Zu unserem Job gehört es, immer wieder hinzufallen und schwere, harte Niederlagen hinzunehmen, um dann aufzustehen. Und das werden wir morgen auch tun“, sagte er mit Blick auf die nächste große Aufgabe in der zweiten Runde des DFB-Pokals, in der am Mittwoch in Müngersdorf der Branchenprimus aus München wartet: „Wir schauen, dass wir irgendwie bestehen können gegen die Bayern und freuen uns drauf.“