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Fall PotocnikWie Olimpija Ljubljana als Club auf links gedreht wird

Lesezeit 3 Minuten
Olimpija Ljubljana feiert

Frenetischer Jubel: Olimpija Ljubljana feiert die erste Meisterschaft seit 2018.

Abseits des Spielfeldes streitet sich Olimpija Ljubljana mit dem 1. FC Köln um den Transfer von Jaka Cuber Potocnik. Auf dem Rasen feierte der slowenische Hauptstadtclub nun seinen ersten Meistertitel seit 2018. Es ist das Ergebnis eines gewaltigen Umbruchs, den die beiden neuen Clubchefs aus München eingeleitet haben.

Die Feierlichkeiten haben Spuren hinterlassen. Auch mit ein paar Tagen Abstand klingt die Stimme von Dr. Christian Dollinger noch etwas heiser. Der 16. April 2023 war schließlich ein großer Tag in der Geschichte von NK Olimpija Ljubljana, dessen Geschicke Dollinger als Vizepräsident leitet. Mit einem 2:0-Sieg im Derby gegen Verfolger NK Maribor machte der slowenische Hauptstadtclub fünf Spieltage vor Saisonende seinen ersten Meistertitel seit 2018 perfekt. Damit einher geht die Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League.

„Wir sind alle sehr glücklich. Dieser Titel bedeutet uns sehr viel“, jubelt Christian Dollinger im Gespräch mit der Rundschau. Nun wollen sie beim frischgebackenen slowenischen Champion nach noch Größerem greifen. Ende April steht das Halbfinale im Vereinspokal an. „Unser großer Traum ist das Double“, frohlockt Dollinger.

Unser Ziel ist, jungen Spielern eine Chance zu geben.
Dr. Christian Dollinger, Vizepräsident von Olimpija Ljubljana

Für den 60-jährigen Münchner ist es der erste Titel als Vorstandsmitglied von Olimpija Ljubljana. Dollinger, der eine Kanzlei für Wirtschaftsrecht unweit des Viktualienmarktes leitet, mischt seit Ende 2021 bei den Slowenen mit. Für fünf Millionen Euro übernahm der Jurist gemeinsam mit dem heutigen Präsidenten, dem Münchner Immobilienunternehmer Adam Delius, den immer wieder von finanziellen Problemen heimgesuchten Traditionsclub – und drehte ihn in wenigen Monaten auf links.

Ultras stürmten Pressekonferenz zur Vorstellung des Trainers

Es liegt auf der Hand, dass es bei dem Engagement ums Geldverdienen geht. Dollinger sagt aber ebenfalls: „Allein des Geldes wegen wäre das Risiko zu hoch.“ Entsprechend hart wurde gefeilscht. Dollinger berichtet von einjährigen Verhandlungen mit Ex-Präsident Milan Mandaric (84), ehe die Übernahme fix war. Heute gilt Mandaric, ein serbisch-amerikanischer Geschäftsmann und Multimillionär, als stärkster Zeuge des 1. FC Köln im Transferstreit mit Olimpija Ljubljana um Sturm-Talent Jaka Cuber Potocnik. Inzwischen ist die Auseinandersetzung wie berichtet vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) angekommen.

Meistertrainer Albert Riera (r.) genießt das Bad in der Menge.

Dabei hatte Ljubljanas sportlich so erfolgreiche Saison mit einem Skandal begonnen. Als Albert Riera (41) im Sommer als neuer Trainer vorgestellt wurde, stürmten rund 20 Ultras von Olimpija die Pressekonferenz und vertrieben den Spanier aus dem Raum. Furchteinflößende Szenen waren das. Delius und Dollinger saßen mit versteinerter Miene auf dem Podium.

Die Aktion galt als Protest gegen die Entlassung des am Balkan überaus beliebten früheren kroatischen Nationalspielers Robert Prosinecki (54). Der gebürtige Schwenninger musste trotz eines Zwei-Punkte-Schnitts gehen. Riera blieb dagegen, trotz aller Einschüchterungsversuche. Er ist bereits der fünfte Trainer Ljubljanas seit 2020.

Ljubljana beharrt auf Entschädigung über 2,5 Millionen Euro

Noch weitaus größer fallen die Veränderungen im Spielerkader aus. Seit Jahren kommen und gehen Kicker in deutlich zweistelliger Anzahl. In der abgelaufenen Spielzeit war das Aufgebot auf sagenhafte 57 Spieler aufgebläht. „Wir haben den Kader radikal verkleinert und zahlreiche Abfindungen gezahlt“, erklärt Dollinger. Am Ende standen rund 30 Abgänge zu Buche.

Wir wollten den Spieler (Jaka Cuber Potocnik) nicht abgeben.
Dr. Christian Dollinger, Vizepräsident von Olimpija Ljubljana

Finanziell gehört Slowenien zu einer anderen Fußball-Welt. Der Marktwert von Ljubljanas Meisterteam wird offiziell mit 8,9 Millionen Euro angegeben. Damit würde Olimpija in Deutschland in der Dritten Liga oben angreifen können. Unter der Münchner Führung fährt der Club eine veränderte Transferstrategie. „Unser Ziel ist, jungen Spielern eine Chance zu geben“, erläutert Dollinger. Um Talente wie Jaka Cuber Potocnik im Anschluss für möglichst viel Geld zu verkaufen? Damit sich die Investitionen der Clubchefs wirtschaftlich auch bezahlt machen? „Wir wollten den Spieler nicht abgeben“, beteuert Dollinger noch einmal.

Olimpija Ljubljana beharrt daher weiterhin auf eine Entschädigung in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Als Grundlage für diese Summe nennen die Slowenen ein Angebot, das sie von Dinamo Zagreb mittels eines Beraters erhalten haben wollen. Laut Fifa-Urteil soll der mit einer einjährigen Transfersperre belegte 1. FC Köln dagegen nur 51.750 Euro an Potocniks Ex-Club zahlen. Am Geißbockheim bezweifelt man die Seriosität der kroatischen Offerte. Unbestritten ist: Mit 2,5 Millionen Euro wäre Jaka Cuber Potocnik einer der größten Transfers in der Clubgeschichte Ljubljanas.