Für das Bayern-Spiel hätte der Verein 200.000 Karten verkaufen können, für Dortmund wären 40.000 Auswärtstickets weggegangen. Doch an Karten zu kommen, ist fast aussichtslos – der Club ist zur geschlossenen Gesellschaft geworden.
Keine Tickets zu kriegenHype um den 1. FC Köln erreicht neue Dimensionen

Geschlossene Gesellschaft? Ausverkauft sind fast alle Spiele des 1.FC Köln.
Copyright: IMAGO/DeFodi Images
An diesem Samstag nach Dortmund, im April nach Frankfurt und im Mai ein schönes Wochenende in Berlin: Wer dem 1. FC Köln zugetan ist, kann sich in dieser Saison einen schönen Reiseplan mit dem Besuch attraktiver Fußballspiele zusammenstellen. Wer Zeit sparen will, nimmt die kurze Anreise ins wunderschöne Müngersdorf, wo nächste Woche der FC Bayern München gastiert. Das Problem dabei: An Karten für irgendeines der Spiele zu kommen, ist schwer bis aussichtslos.
Mit der stürmischen Rückkehr ins Fußball-Oberhaus und den Sternstunden des Top-Talents Said El Mala hat der Hype um den ersten Fußballclub der Stadt neue Ausmaße angenommen. Für den Pokalhit in der kommenden Woche gegen die Bayern hätte der Club nach eigenen Angaben mehr als 200.000 Karten verkaufen können, für den Klassiker an diesem Wochenende in Dortmund wären dem Verein auch 40.000 Auswärtstickets abgenommen worden. Offiziell stehen dem Club nur 8000 Karten zu.
1. FC Köln: Stetig steigendes Interesse
„Das Interesse an Tickets für Heim- und Auswärtsspiele nimmt seit Jahren kontinuierlich zu“, sagt ein FC-Sprecher. Schon vor Jahren hätte der Club das Schild „Ausverkauft“ an der Spielstätte in Müngersdorf fest installieren können. Die Fans pilgern Liga-unabhängig zu den Spielen. 50.000 Zuschauer kommen zu fast jeder Heimpartie, Lücken gibt es höchstens mal im Gästeblock.
Für den Westschlager am Samstag stehen unzählige Kartengesuche in den einschlägigen Börsen im Netz. Neben guten Beziehungen ist das oft der einzige Weg, um an Karten zu kommen. Denn das Publikum des 1. FC Köln ist zu einer geschlossenen Gesellschaft geworden: 25.000 Dauerkarten für die Heimpartien sind seit Jahren fest vergeben. Die Warteliste ist längst geschlossen, Nachrücker gibt es ohnehin kaum, da aus dem Abonnentenkreis so gut wie keine Karten mehr zurückgegeben werden.
5000 Tickets stehen bei Spielen in Müngersdorf den Gästefans zu, 15.000 Karten gehen in den Mitgliederverkauf. Die werden wiederum zuerst an die Mitglieder vergeben, die 20 Jahre und länger Teil des Clubs sind. Dazu gibt es viele Logen-, Business-Plätze und andere feste Kontingente. Mit anderen Worten: In den freien Verkauf gehen so gut wie keine Karten. Längst meldet der Verein für die kommenden Heimspiele gegen den Hamburger SV am 2. November oder Eintracht Frankfurt am 22. November: „ausverkauft“.
1. FC Köln: Vor Top-Spielen Riesen-Andrang
„Gerade vor den Top-Spielen werden wir von Anfragen förmlich überflutet“, sagt der FC-Sprecher. Für Spiele wie gegen München und Hamburg ließe sich ein doppelt so großes Stadion füllen, die Debatte um einen möglichen Ausbau prägte auch den Kampf um die neue Führung des Clubs. Der neue Präsident Jörn Stobbe hat das Thema „oben auf die Agenda“ gesetzt (siehe Infotext am Ende). Wer seine Dauerkarte nicht nutzt, wird vom Verein gemaßregelt: Bei fünf nicht besuchten Spielen gibt es einen „blauen Brief“, der Club entzieht im Wiederholungsfall die Karte. Der Zwangsentzug lässt sich für sozial integrierte Menschen leicht vermeiden. Wer verhindert oder unpässlich ist, findet schnell einen Abnehmer im Bekanntenkreis. Auf der Ticketbörse des Clubs sind die Karten in der Regel nach Sekunden verkauft.
Das gilt auch für die 500 Auswärts-Dauerkarten, die der 1. FC Köln treuen Reisenden anvertraut hat. Die Fanfahrt in die Ferne ist zunehmend attraktiv. „Der Spielbesuch ist für viele FC-Fans der wichtigste Termin der Woche“, sagt der FC-Sprecher, „gemeinsam mit Freunden auf Tour zu den Spielen zu gehen, ist für sie ein elementares Stück Lebensqualität – egal ob sie 16 oder 65 Jahre alt sind, das Ziel Müngersdorf, München oder Hamburg heißt.“ Kaum zu glauben, dass es in den 90er Jahren problemlos möglich war, sich am Spieltag spontan eine Karte zu kaufen. Einfach so.
Bald 200.0000 FC-Mitglieder?
Die Mitgliederzahlen des Effzeh steigen unterdessen weiter rasant: 155.000 Fans dürfen sich zum Club zählen, 45.000 sind in den letzten sechs Jahren, in der Amtszeit von Ex-Präsident Werner Wolf, dazu gekommen. Dabei gab es in diesem Zeitraum wahrlich nicht nur Fußball-Feinkost zu bestaunen. Der Mitgliedsausweis ermöglicht zumindest ein wenig Hoffnung, dem Spektakel im Stadion auch mal live beiwohnen zu können. Wenn der Anstieg unvermindert anhält, zählt der Verein im Jahr 2031 rund 200.000 eingetragene Mitglieder. Über dieser Schwelle thronen derzeit nur der FC Bayern München, Borussia Dortmund und Schalke 04. Bei diesen Clubs Karten zu ergattern ist wie in Köln — fast aussichtslos.

