FC-Präsident Werner Wolf und sein Stellvertreter Eckhard Sauren ziehen zum Ende ihrer Amtszeit Bilanz und sprechen über die Höhen und Tiefen ihrer Amtszeit.
FC-Präsident und Stellvertreter„Wir können erhobenen Hauptes gehen“

Abschied mit Stolz und Wehmut: FC-Präsident Werner Wolf (l.) und sein Vize Eckhard Sauren.
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Nach sechsjähriger Tätigkeit scheiden Präsident Werner Wolf (69) und sein Stellvertreter Eckhard Sauren (53) Ende September aus dem Vorstand des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln. Im Interview mit Martin Sauerborn spricht das Duo über Höhen und Tiefen sowie die wegweisende Wahl der neuen Führungsspitze.
Herr Sauren, Herr Wolf, wie haben Sie sich am vergangenen Sonntag auf der Tribüne gefühlt, als der 1. FC Köln den SC Freiburg mit 4:1 besiegt hat?
Sauren: Es war unser letztes Heimspiel als Vorstand und daher von besonderen Emotionen begleitet. Es war schön zu sehen, wie die Mannschaft mit Herzblut und Courage nach vorne gespielt hat, wie junge Spieler performen und das Stadion in einen Freudentaumel versetzen. Gepaart mit einem 32-jährigen Marius Bülter, den wir für unter eine Million Euro Ablöse bekommen haben. Es ist zwar nur eine Momentaufnahme, aber mich macht es dennoch stolz, dass wir ein paar der Grundlagen dafür gelegt haben, dass diese Leistungsfähigkeit der Mannschaft jetzt möglich ist.
Wolf: Mir geht es ähnlich. Drei Siege zum Saisonstart sind schön. Es freut mich, dass so aktuell das Ergebnis von langer Arbeit auf einem steinigen Weg aussieht.
Sie meinen, Ihr Sieben-Jahres-Matchplan ist bis hierhin zufriedenstellend aufgegangen?
Wolf: Viele Sachen, die wir uns vorgenommen haben, konnten wir in den vergangenen sechs Jahren erfolgreich umsetzen. Es gab dabei Höhen und Tiefen, ein paar Dinge, die nicht gelungen oder richtig misslungen sind. Wichtig ist, mehr richtige Entscheidungen zu treffen als falsche. Wir haben 2019 mit einer Vision angefangen und eine Strategie aufgestellt, um Ziele zu erreichen. Die haben wir nicht alle ohne zu stolpern erreicht. Was mich zufrieden und glücklich macht, ist die Tatsache, dass wir wesentliche Dinge verbessert haben und unseren Nachfolgern einen 1. FC Köln in einer anderen Qualität und mit einer höheren Stabilität übergeben können.
Wo ist der Matchplan umgesetzt, wo nicht?
Sauren: Die Zielsetzungen waren, dass wir uns finanziell stabilisieren und unsere Einnahmen um 25 Millionen operativ pro Jahr steigern müssen, damit wir uns irgendwann unter den Top 10 der Bundesliga etablieren können. Zudem wollten wir personenunabhängige Strukturen schaffen. Diese Kernziele sind erreicht, auch wenn die Schwankungen zwischendurch leider größer waren als erhofft. Wir haben eine Grundlage geschaffen, auf der man weiter aufbauen kann. Ein Kernziel war, Werte zu schaffen. Ein Paradebeispiel: Wir konnten zuletzt mit drei Spielern aus dem eigenen Nachwuchs Transfereinnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro generieren (Anm. d. Red.: Max Finkgräfe, Jonas Urbig und Damion Downs) und diese vollständig wieder in den Kader reinvestieren. Das wäre früher undenkbar gewesen, als mit Transfereinnahmen lediglich Löcher gestopft werden mussten. Und wir konnten bei Rav van den Berg auch mal in ein höheres Regal greifen. Das belegt die neue finanzielle Gesundheit des Vereins.
20 Millionen hat der FC mit den drei genannten Transfers eingenommen. Etwa 25 Millionen wurden diesen Sommer für elf neue Spieler ausgegeben. Ein Minus von fünf Millionen Euro hört sich nicht danach an, als ob der FC groß einkaufen war. Wäre nicht mehr möglich gewesen?
Wolf: Jonas Urbig muss man ausklammern, da er in der vergangenen Saison verkauft wurde. Fakt ist, dass wir diesen Sommer in der Lage waren, auch aus den laufenden Erträgen ein für einen Aufsteiger sehr ambitioniertes Transferbudget bereitzustellen.
Sauren: Strategisch gesehen kann man die Frage so beantworten, dass wir keine finanziellen Risiken eingegangen sind oder künftige Einnahmen vorgezogen haben und trotzdem diese ganzen Transfers stemmen konnten. Das ist die Erfolgsgeschichte hinter diesem Transfersommer und Beleg für die gelungene Sanierung des FC.
Wolf: Diese Grundüberzeugung haben wir durchgezogen und da steht in der Umsetzung der Name Christian Keller drauf. Ohne seine Arbeit als Geschäftsführer hätten wir das nicht geschafft. Wir haben in den letzten Jahren positive Ergebnisse erwirtschaftet, haben den nach Corona mit 86 Millionen Euro Verbindlichkeiten belasteten und existenziell bedrohten FC saniert, konnten diesen Sommer Geld ausgeben und bekommen trotzdem eine schwarze Null. Das ist außergewöhnlich, wenn man berücksichtigt, wo wir herkommen.
Sportdirektor Thomas Kessler erfährt aktuell viel Lob für seine Kaderzusammenstellung. Wie bewertet der Vorstand seine Arbeit?
Sauren: Sehr positiv, weil er aus den vorher erarbeiteten finanziellen Möglichkeiten viel gemacht hat. Kess hat eine gute Mischung gefunden, aus erfahrenen und jungen, hungrigen Spielern, die ihren Marktwert zukünftig steigern können. Die bisherigen Spiele zeigen, dass der Mix funktioniert. Thomas hat zusammen mit Lukas Berg neben der Kaderzusammenstellung auch die Trainer-Auswahl sehr gut gelöst.
Wolf: Kess hat alles sehr gut umgesetzt. Sein Beispiel zeigt, wie auch das von Philipp Liesenfeld als Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, dass die personenunabhängigen Strukturen beim FC funktionieren und wir an diesem Punkt nicht mehr von einzelnen Personen in der Geschäftsführung oder sportlichen Leitung abhängig sind. Wir haben Alternativen und die kommen aus der eigenen Organisation.
Wie viel Christian Keller steckt noch in dieser Transferphase?
Sauren: Ragnar Ache war noch von Christian Keller vorbereitet, dann hat Kess übernommen. Christian hatte allerdings einen gewaltigen Anteil an der Restrukturierung und hat durch sein Kader-Management die aktuellen finanziellen Möglichkeiten erst erarbeitet. In diesem Zusammenhang muss auch Philipp Türoff als Geschäftsführer Finanzen und Administration genannt werden. Philipp Türoff und Christian Keller haben den FC gemeinsam in die jetzige Ausgangslage gebracht, dass Thomas Kessler und Lukas Berg diesen Kader bauen konnten.
Wolf: Ich habe in meiner Laufbahn schon einige Umstrukturierungen beobachten können, die überhaupt nicht gelungen sind. Es braucht sehr gute Management-Qualität, damit so etwas gelingen kann.
Werden Sie Ihren Nachfolgern empfehlen, Kessler zum Geschäftsführer Sport zu machen?
Wolf: Wenn wir nicht von ihm überzeugt wären, hätten wir ihn nicht zum Sportdirektor berufen. Er hat unser Vertrauen absolut gerechtfertigt.
Was ist Ihnen ansonsten besonders aus sechs Jahren FC-Vorstand haften geblieben?
Sauren: Negativ natürlich Corona mit allen Begleiterscheinungen. Dann der Tag, an dem wir uns von Steffen Baumgart trennen mussten und die Transfersperre kassiert haben. Und natürlich der Abstieg in Heidenheim, als uns danach wegen der Transfersperre schon viele in der 3. Liga gesehen haben. Positiv ist mir die Reise durch Europa haften geblieben und der Moment mit unseren Fans in Ungarn, als wir uns für die Conference League qualifiziert hatten. Ebenfalls positiv war trotz einer sehr schwierigen Saison der Aufstieg dieses Jahr mit den vielen jungen Spielern, auf die wir gesetzt haben. Trotz Transfersperre und finanzieller Konsolidierung aufzusteigen, war schon bemerkenswert.
Wolf: Corona mit den leeren Stadien löst im Rückblick immer noch unangenehme Gefühle bei mir aus. Wir haben diese schwierige Zeit überstanden, weil der Vorstand die Landesbürgschaft und Mezzanine-Kapital besorgt hat – auf diese Rettung bin ich bis heute stolz. Die Transfersperre hingegen ist ein bitteres Thema für sich.
Welche Entscheidungen würden Sie im Nachhinein anders treffen?
Sauren: Gerade in der Kommunikation hätten wir in manchen Phasen unsere Entscheidungen proaktiver und verständlicher erklären müssen. Wenn es um die eine Entscheidung gehen soll, fällt mir spontan ein, dass wir vor der Abstiegssaison besprochen hatten, wie weit wir etwas mehr finanzielles Risiko gehen und zwei bis drei Millionen Euro mehr mobilisieren können, um den Klassenerhalt abzusichern.
Mit welchem Gefühl gehen Sie in die Mitgliederversammlung am 27. September?
Sauren: Mit dem Gefühl, dass es eine wegweisende Versammlung für den FC wird. Ich appelliere an jedes FC-Mitglied, an diesem Tag ins Stadion zu kommen, sich vorher hinreichend zu informieren und sein Stimmrecht auszuüben. Was mich betrifft, bin ich gespannt, welche Gefühle mich begleiten werden, denn es ist ja der Abschied aus dem Vorstand.
Wolf: Ich gehe angespannt in diese Versammlung, weil die zukünftige Ausrichtung des FC davon abhängt. Auch mein Wunsch ist es, dass so viele FC-Mitglieder wie möglich kommen werden. Die Vorstandswahl ist zukunftsweisend, weil sich die Kandidatenteams sehr in dem unterscheiden, was sie vorhaben. Ich vertraue aber auf die Entscheidung der Mitglieder und wünsche mir, dass unsere Arbeit nach der Wahl gut fortgesetzt wird.
Wieso ist diese Vorstandswahl richtungsweisend?
Wolf: Es gibt ein Team, das mit dem Gedanken spielt, den FC zurück in den e.V. zu führen, was nach meiner Einschätzung mit Risiken verbunden ist. Ich halte vielmehr die Rückführung in eine GmbH für die richtige Entscheidung. Der 1. FC Köln muss eine in sich geschlossene wirtschaftliche und juristische Einheit sein, weil der FC ein mittelständisches Unternehmen mit entsprechend vielen Mitarbeitern, mit Umsatzvolumen und mit Verantwortung den Menschen gegenüber ist. Wir sind ein mitgliedergeführter Verein, die Mitgliederversammlung und ihr entscheidender Einfluss sind der Ausdruck dessen. Da führen die Mitglieder, da treffen sie die Entscheidungen. Mitgliedergeführt wird jedoch manchmal falsch interpretiert, etwa in dem Sinne, dass wir im Vorstand entscheiden, wer Trainer wird und welche Spieler verpflichtet werden. Für das operative Geschäft sollten professionell ausgewählte und maximal qualifizierte Leute verantwortlich sein. Die Aufgaben sind komplex. Dafür braucht es eine gute Geschäftsführung, die von einem Vorstand begleitet wird.
Sauren: Das ist für mich noch mal ein wichtiger Punkt fürs Verständnis unserer Rolle: Als Vorstand des e.V. setzen wir die Leitplanken, geben die Richtung vor und besprechen uns mit der Geschäftsführung, die das dann mit eigenen Strategien umsetzt. Aber wir greifen nicht in den operativen Alltag ein.
Sie hätten gerne als Vorstand mit Carsten Wettich weitergemacht?
Sauren: Hätten wir, aber es war klar zu erkennen, dass der Mitgliederrat uns nicht vorschlagen wird.
Wolf: Wir haben als Team über die ganze Zeit hinweg im Vorstand offen und vertrauensvoll zusammengearbeitet.
Herr Sauren, haben Sie die Zusammenarbeit auch so harmonisch erlebt?
Sauren: Wir waren nach außen immer eins, wir haben immer zusammengestanden – und es gab genug schwierige Phasen, in denen das nicht selbstverständlich war. Das war wichtig für den Verein, um ihn an diesen Punkt zu bringen, an dem wir heute stehen. Wir können erhobenen Hauptes aus dem Amt gehen.
Was wünschen Sie dem FC für die Zukunft?
Sauren: Ich wünsche dem FC Kontinuität, und dass die Grundlagen, die wir aufgebaut haben, weiterentwickelt werden. Ich werde dem 1. FC Köln als Mitglied und Fan immer verbunden bleiben.
Wolf: Ich wünsche dem FC, dass der jetzt eingeschlagenen Weg fortgeführt wird und sich unsere Vision verwirklicht, nachhaltig ein Spitzenklub zu werden. Ich persönlich wünsche mir, dass ich bis ins hohe Alter die Spiele im Stadion verfolgen kann. Ich war als Fünfjähriger das erste Mal in Müngersdorf dabei, da können gerne noch ein paar Jahrzehnte dazukommen.