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Bayer 04 LeverkusenWerkself ist mit Anführer Andrich auf dem Weg nach Berlin

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Robert Andrich freut sich über den Achtelfinalerfolg von Bayer 04 Leverkusen bei Borussia Dortmund.

Robert Andrich freut sich über den Achtelfinalerfolg von Bayer 04 Leverkusen bei Borussia Dortmund.

Bayer Leverkusen steht im Viertelfinale des DFB-Pokals. Auch dank einer hervorragenden Defensivarbeit mit Kapitän Robert Andrich an der Spitze

Robert Andrich hat in seiner Karriere als Profi-Fußballer wahrscheinlich noch nie so gelassen über eine Niederlage gesprochen. Die 1:2-Heimniederlage am vergangenen Samstag in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund tat weh. Sie war im Vergleich zu den Schmerzen, die Bayer 04 Leverkusen dem BVB am Dienstag bei der gelungenen Revanche   zufügte: „Ein Sieg für sie, ein Sieg für uns. Der Schönere ist der im Pokal. Vor den beiden Spielen hätte ich das so unterschrieben“, frohlockte Bayer-Kapitän Andrich nach dem 1:0 (1:0) vor 81.365 Zuschauern im ausverkauften Westfalenstadion und dem erneuten Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals.

„Wir streben nach dem Höchsten. Das war ein Big Stepp auf dem Weg nach Berlin“, kam Andrich ohne Umschweife auf dem Sehnsuchtsort im Pokal. Für die Leverkusener bedeutet das Finale am 23. Mai 2026 im Olympiastadion die mit Abstand realistischste Chance auf einen Titel in dieser Saison. Ein Titel, der für die junge, neu zusammengestellte Mannschaft und ihren Trainer Kasper Hjulmand unglaublich wäre.

Andrichs Traum von der WM 2026

Robert Andrich stand am Dienstag nicht nur geduldig Rede und Antwort, sondern auch sinnbildlich für die rasante, positive Entwicklung der Leverkusener unter Kasper Hjulmand. Der Nationalspieler sollte und wollte als neuer Kapitän nach dem Abgang von Xabi Alonso, Lukas Hradecky und Granit Xhaka der neue Anführer sein, verirrte sich aber in diesem Anspruch und wollte zu viel. Der 31-Jährige handelte sich in seinen 16 Pflichtspielen dieser Saison schon zwei Platzverweise ein und verlor seinen angestammten Platz auf der Sechs. Eine Entwicklung, die ihn ein Stück weit von seinem Traum WM-Teilnahme 2026 entfernt hat.

In Dortmund rückte Andrich mal wieder ins Zentrum der Leverkusener Dreierkette, nachdem er beim 1:2 am Samstag noch das rechte Glied gebildet hatte. „Vielleicht spiele ich irgendwann auch noch in der linken Innenverteidigung“, scherzte er über seine Flexibilität. Der gebürtige Potsdamer schwang sich jedenfalls dann im Pokal-Achtelfinale zu dem Anführer auf, der er schon die ganze Saison sein wollte. Er hielt sein Spiel einfach und war in der stark geforderten Defensive der Fels in der Brandung.

Wir haben viel gelitten, aber wir haben Spaß daran gehabt.
Robert Andrich, Kapitän Bayer 04 Leverkusen

Höhepunkt seiner tollen Vorstellung war die Rettungstat in der 40. Minute, als er Karim Adeyemi den Ausgleich verwehrte und für seinen geschlagenen Torhüter Mark Flekken abwehrte. „Das war wie ein Tor schießen, also super verteidigt“, lobte Hjulmand, während Andrich die neue Malocher-Tugend der Leverkusener hervorhob, die Sportchef Simon Rolfes als „erstaunlich“ für eine solch junge Mannschaft bezeichnete: „Wir haben viel gelitten, aber wir haben Spaß daran gehabt.“

Grundlage für den sicher etwas glücklichen, aber nicht unverdienten Erfolg waren die Erkenntnisse aus der noch ganz frischen Niederlage in der Bundesliga. Bayer 04 spiegelte die Herangehensweise der Dortmunder, die in Leverkusen triumphierten, weil sie ihr Hauptaugenmerk auf eine massive Defensive und Effizienz im Angriff gelegt hatten. „Wir haben ein super heraus gespieltes Tor gemacht und dann super verteidigt“, freute sich Coach Hjulmand über den aufgegangenen Matchplan.

Matchwinner: Siegtorschütze Ibrahim Maza (r.)  freut sich mit Jonas Hofmann über das 1:0.

Matchwinner: Siegtorschütze Ibrahim Maza (r.)  freut sich mit Jonas Hofmann über das 1:0.

Die Handschrift des 53-jährigen Dänen, der den nach zwei Bundesliga-Spieltagen geschassten Erik ten Hag vergessen machen musste, ist klar zu erkennen. Bayer 04 überzeugte wie schon beim 2:0 in der Champions League bei Manchester City durch taktische Reife und einen Spielzug zum 1:0, der in jedem Lehrbuch stehen könnte.

Leverkusen lockte den BVB so weit in seine Hälfte, dass sich Innenverteidiger Nico Schlotterbeck dazu hinreißen ließ, Mark Flekken zu pressen. Der Niederländer bewahrte die Ruhe und leitete das alles entscheidende 1:0 ein, das Ibrahim Maza nach einer perfekten Pass-Stafette über Andrich, Jarell Quansah, Martin Terrier, Christian Kofane, Aleix Garcia und Alejandro Grimaldo erzielte (33.). „Wir hatten heute von Beginn an den Zug in die Box, den unbedingten Willen, das Tor zu machen, der uns am Samstag noch gefehlt hat. Das konnte man beim Tor wunderbar sehen“, sagte Rolfes.

Ibo Maza will seiner Hertha erst im Finale von Berlin begegnen

Schnell und gut zu lernen, gehört zu den herausragenden Eigenschaften dieser neuen Leverkusener Mannschaft. Siegtorschütze Ibo Maza ist das beste Beispiel für diese These: „Man kann so gut mit ihm arbeiten, weil es seine Persönlichkeit ist, lernen zu wollen und besser zu werden. Und er lernt so schnell und hat eine hervorragende Entwicklung genommen“, lobte Hjulmand den im Sommer für zwölf Millionen Euro Ablöse von Hertha BSC gekommenen algerischen Nationalspieler.

Der Trainer hat den gebürtigen Berliner aus seinen Personalnöten heraus vom offensiven Achter zum Sechser umfunktioniert. Eine Position, auf der sich Maza neben dem erfahrenen Aleix Garcia prächtig entwickelt hat und trotz der defensiven Aufgaben weiter Torgefahr ausstrahlt.

Der Matchwinner wird nach der Bundesligapartie am Samstag (15.30 Uhr/DAZN und Sky) in Augsburg einen Tag später (19.15 Uhr/ARD Sportschau) genau hinschauen, welchen Gegner Losfee Friedhelm Funkel den Leverkusenern für das Viertelfinale im Februar beschert. Im Lostopf liegt nämlich sein Heimatclub Hertha BSC: „Ich habe das Finale in Berlin ein bisschen im Kopf. Ich hoffe auf ein Finale gegen die Herthaner und drücke ihnen die Daumen, dass sie es schaffen“, möchte er seinem Ex-Club aus alter Verbundenheit im Viertel- und Halbfinale lieber noch aus dem Weg gehen.