„Wir gewinnen einmal in 100 Duellen“Friedhelm Funkel vor dem Pokalfinale gegen Bayer im Interview

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Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern bejubeln gemeinsam mit den mitgereisten Fans den Einzug ins DFB-Pokal-Finale, Trainer Friedhelm Funkel umarmt Jean Zimmer.

Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern bejubeln gemeinsam mit den mitgereisten Fans den Einzug ins DFB-Pokal-Finale, Trainer Friedhelm Funkel umarmt Jean Zimmer.

Trainerlegende Friedhelm Funkel steht am Samstag mit dem 1. FC Kaiserslautern zum fünften Mal in einem DFB-Pokalfinale.

Trainer Friedhelm Funkel tritt mit dem 1. FC Kaiserslautern als krasser Außenseiter im Finale des DFB-Pokals gegen Bayer Leverkusen an. Für den Routinier ist es am Samstag (20.00 Uhr/Sky und ARD) bereits der fünfte Showdown in Berlin, einmal durfte er den Pott bereits in die Höhe stemmen. Im SID-Interview spricht der 70-Jährige über Träume vom Europapokal, die extreme Außenseiterrolle, seinen Abschied sowie die Euphorie in der Pfalz.

Herr Funkel, rund um den Betzenberg sagen die Fans schon: ‚Nächstes Jahr spielt der FCK international‘. Wie klingt das für Sie?

Das hört sich natürlich gut an. Aber das zu erreichen wird mega, mega schwer. Wir wissen, dass wir eine ganz kleine Außenseiterchance haben. So realistisch können wir die Situation einschätzen. Aber wir werden alles versuchen, um das Unmögliche möglich zu machen. Wir wollen ein schwer zu bespielender Gegner sein und sind guter Dinge.

Wie schwierig war der Spagat zwischen Abstiegskampf und Berlin?

Der war überhaupt nicht schwierig. Wir haben auch vor dem Halbfinale bis drei Tage vorher nie über Saarbrücken gesprochen. Wir haben bis Donnerstag keine einzige Silbe über Bayer Leverkusen verloren. Wir haben einiges vorbereitet, was wir der Mannschaft zeigen werden. Ab sofort geht es intensiv um Leverkusen.

Sie haben zwei Pokalfinals als Spieler gespielt und zwei als Trainer. Hätten Sie daran geglaubt, nochmals nach Berlin zu kommen?

Da hätte ich nicht dran geglaubt, weil ich gar nicht wusste, ob ich überhaupt nochmal als Trainer tätig sein werde. Das hat sich dann mit dem 1. FC Kaiserslautern so ergeben und wir standen zu dem Zeitpunkt bereits im Halbfinale. Da habe ich schon gehofft, dass wir das schaffen und nach Berlin fahren dürfen. Die Mannschaft hat mir den Wunsch erfüllt.

Wie wollen Sie es nun angehen als klarer Außenseiter?

Wir wollen ganz viel Spaß haben und nicht vor Ehrfurcht erstarren, bei allem, was da auf uns zukommt. Wir wollen eigene Momente im Spiel haben, die wir nutzen müssen. Leverkusen wird sehr viel Ballbesitz haben. Aber die Momente, in denen wir nach vorne kommen können, sei es über Standardsituationen oder gute Umschaltmomente, die müssen wir nutzen.

Sie haben schon einmal mit Uerdingen als großer Außenseiter die Bayern im Finale geschlagen. Werden Sie das in ihre Ansprachen einfließen lassen?

Ich werde über das eine oder andere Finale sprechen. Für die meisten Spieler ist es das erste Finale. Da kann man das eine oder andere an Erfahrung weitergeben. Entscheidend wird aber, wie die Jungs das am Samstagabend ab 20 Uhr auf dem Platz umsetzen. Wir müssen am Anfang ein paar gute Szenen haben, damit das Selbstvertrauen auch gegen diesen Gegner steigt. Da hilft vielleicht der eine oder andere Ratschlag.

Sie sind schon so lange dabei. Haben Sie schonmal eine Mannschaft erlebt, die wie Leverkusen mit einer derartigen Brillanz und Konstanz durch die Saison marschiert?

Das hat noch keiner in Deutschland erlebt. Es gab mal Bayern München, die nur ein einziges Spiel verloren haben. Aber Bayer hat auch international lange kein Spiel verloren und das gegen Topgegner. Der Respekt vor dieser Mannschaft und diesem Trainer kann überhaupt nicht groß genug sein. Aber das darf mit Beginn des Spiels keine zu große Rolle mehr spielen. Da dürfen wir nicht mehr zu respektvoll sein und müssen zum aktiven Gegner werden.

Sie haben mit dem FCK die Saisonziele erreicht, die Fans lieben Sie. Warum hören Sie trotzdem auf?

Das ist auch ein wunderschöner Abschied. Im Fußball geht alles rasend schnell. Das wird vergessen, wenn man weitergemacht hätte und der Start unglücklich verläuft. Dann wird es schnell wieder unruhig. Das ist auch ein kleiner Grund gewesen, warum ich mir überlegt habe, diesen Moment zum Aufhören zu nutzen. Dann geht es auch darum, neue Kraft zu tanken, weil es schon sehr viel Kraft gekostet hat. Ich glaube, dass es für mich persönlich die beste Entscheidung ist. Ich will die Zeit wieder mit meiner Familie und meinen Freunden genießen.

Sie lassen sich noch ein Hintertürchen offen. Was muss passieren, damit Sie nochmal auf die Trainerbank zurückkehren?

Funkel: „Das ist nicht mehr von mir abhängig, sondern davon, ob mich ein Verein nochmal verpflichten will. Dann überleg ich mir das, lote die Möglichkeiten aus, prüfe die Ziele des Vereins, schaue, ob ich noch gesund und körperlich gut drauf bin. Lässt sich das alles mit Ja beantworten, könnte es schon sein, dass ich nochmal an der Seitenlinie als Trainer tätig werde.“

Zum Abschluss: Wenn Sie mit dem FCK 100-mal gegen Leverkusen antreten, dann gewinnt Lautern wie oft?

Einmal. Und das ist hoffentlich am Samstag. (lacht)


Sechsmal aufgestiegen

Friedhelm Funkel ist es in seiner Trainer-Karriere gelungen, sechsmal in die Bundesliga aufzusteigen. Der am Dezember 1953 in Neuss geborene Funkel hat nach seiner aktiven Laufbahn als Fußball-Profi bei Bayer 05 Uerdingen und dem 1. FC Kaiserslautern 1989 als Coach des VfR Neuss angefangen. Danach hat er Uerdingen (1990-96), den MSV Duisburg (1995-2000), Hansa Rostock (2000-01), den 1. FC Köln (2002-03 und 2021), Eintracht Frankfurt (2004-09), Hertha BSC (2009-10), den VfL Bochum (2010-11), Alemannia Aachen (2011-12), 1860 München (2013-14) Fortuna Düsseldorf (2016-20) und zuletzt den Kaiserslautern trainiert.

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