Bereit für den nächsten RauschDeutsches Doppel pünktlich wieder in Form

Kevin Krawietz (r) und Andreas Mies geben sich einen Handschlag während eines Spiels. (Archivbild)
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- Das deutsche Duo hat eine harte Lernphase hinter sich.
- Am Donnerstag kämpfen sie gegen Marcel Granollers und Horacio Zeballos um den Endspieleinzug der US Open.
- Und um die Chance auf einen zweiten, noch wertvolleren Grand-Slam-Titel.
New York – Andreas Mies konnte einfach nicht anders, die Freude und die Erleichterung mussten in aller Gewaltigkeit raus. Und so schloss sich die Kölner Stimmungskanone noch im Louis-Armstrong-Stadion ruckzuck den deutschen Fangesängen an: „Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen“, schmetterte der 29-Jährige aus vollem Herzen und dirigierte mit breitem Strahlen den kleinen Chor äußerst schwungvoll mit den Händen.
Der deutsche Evergreen passte ja auch perfekt zum US-Open-Vortrag der beiden deutschen Doppelkönige von Paris: Es ist schön und erfolgreich, wie sie spielen in New York. Und es ist eben auch ein Weilchen länger her gewesen, dass man sie so gut hat auftreten sehen. „Ich habe das Gefühl“, sagte Mies nach dem stürmischen Vorstoß ins Halbfinale mit einem 7:6, 6:4-Sieg über Leonardo Mayer und Joao Sousa (Argentinien/Portugal), „dass wir uns gerade wieder in einen Rausch spielen.“
Kriese scheint überwunden
Fast drei Monate nach ihrem historischen French-Open-Coup, dem ersten deutschen Doppeltriumph bei einem Grand-Slam-Wettbewerb seit 81 Jahren, scheinen der 27-jährige Franke Kevin Krawietz und der 29-jährige Kölner Mies ihre vorübergehende Krise endgültig überwunden zu haben. Nach dem Volltreffer unterm Eiffelturm hatten die kongenialen Partner einige Mühe gehabt, in der Normalität des Tennisalltags und in ihrer neuen Rolle anzukommen. „Es war nicht leicht, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Wir waren ja auch nicht so erfahren, um das alles einfach so wegstecken zu können“, sagt Mies, der inoffizielle Sprecher des Duos.
Erst am Hamburger Rothenbaum gewannen die Pariser Himmelsstürmer wieder ein Wettkampfspiel, ehe sie dann im nordamerikanischen Toursommer langsam Boden unter die Füße bekamen. „Es war eine harte Lernphase“, sagt Krawietz, der stillere Vertreter dieser Allianz, „wir waren immer die Jäger, die Leute, die andere Favoriten stürzen konnten. Dann wurden wir zu Gejagten.“
Die Clutch-Mentalität fehlte
Ein Problem zog sich lange Zeit wie ein roter Faden durch die Spiele der Sensationsdarsteller von Paris: Die wiederkehrende, lähmende Angst, bei den wichtigen Punkten die Nerven zu behalten, das Match über die Ziellinie zu bringen. In Wimbledon schieden die French-Open-Champions ziemlich sang- und klanglos gleich zum Auftakt aus. „Wenn du nur ein paar Prozent nachlässt, wenn dir die Siegermentalität irgendwie fehlt, dann verlierst du diese Dinger eben“, sagt Mies. Er war zwar genau wie Kompagnon Krawietz auf eine schwierige, herausfordernde Zeit nach den French Open vorbereitet, aber als dann Niederlage auf Niederlage hereinprasselte, habe er sich dann doch gefragt: „Was ist denn jetzt los?“ Plötzlich hätten selbst die „einfachsten Sachen nicht geklappt“: „Das geht schon an die Substanz, da hast du dran zu knabbern.“
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Und doch: Krawietz und Mies behielten in dem ganzen Gefühls-Tohuwabohu den Kopf oben, verzagten nicht vor den neuen Herausforderungen: „Es war klar, dass wir einen Schritt nach vorne gehen mussten, besonders im mentalen Bereich. Und das haben wir auch geschafft“, sagt Krawietz, „man muss eben etwas dafür tun, wieder sein bestes und erfolgreiches Tennis zu spielen. Es war auch ein Charaktertest.“
Sich nach oben zu kämpfen, sogar auf einen Grand-Slam-Thron, ist schwer genug. Aber sich oben zu behaupten, auch als Zielscheibe für den Überraschungscoup anderer, ist noch ein gutes Stück schwerer. Krawietz und Mies haben es erfahren müssen.
Kein One-Hit-Wonder
„Die Reise ist halt anspruchsvoller jetzt“, sagt Mies, „aber es macht auch mehr Spaß. Wir haben Lösungen gefunden, wie wir wieder vorankommen.“ Er sei guten Mutes, sagt Mies: „Wir haben die Qualität für weitere große Siege, in New York jetzt, aber auch bei den Turnieren danach. Diese Überzeugung steckt tief in mir drin.“
Am Donnerstag kämpfen sie gegen Marcel Granollers und Horacio Zeballos (Spanien/Argentinien) nun um den Endspieleinzug. Und um die Chance auf einen zweiten, noch wertvolleren Grand-Slam-Titel. Die Chance, allen zu zeigen, dass sie, Krawietz und Mies, kein One-Hit-Wonder sind.


