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Europa League:Leverkusen ist die letzte deutsche Hoffnung

Lesezeit 4 Minuten
Adam Hlozek, Moussa Diaby und Mitchel Bakker jubeln über das 1:4.

Drei Leverkusener Torschützen: Adam Hlozek (M), Moussa Diaby (r) und Mitchel Bakker jubeln über das 1:4. 

Bayer 04 Leverkusen steht im Halbfinale der Europa League und trifft dort am 11. und 18. Mai auf AS Rom.

„Das ist Fußball. Das ist das, was wir wollen“, frohlockte Xabi Alonso nach Bayer Leverkusens Einzug ins Halbfinale der Europa League. Der spanische Trainer, der einst mit Liverpool und Real Madrid die Champions-League gewinnen konnte, meinte nicht nur die ausgelassenen Feierlichkeiten, die sich seine Mannschaft in Symbiose mit den 1700 mitgereisten Fans im Brüsseler Lotto Park verdient hatte. Nach dem beeindruckenden 4:1 (2:0)-Sieg gegen die unbeugsamen Belgier von Union St. Gilloise und der ersten Halbfinalteilnahme seit 2021 spielte der Baske vor allem auf die bestandene Reifeprüfung der Werkself an.

Diese hatte er im Oktober 2022 noch als Vorletzter der Bundesliga übernommen und binnen eines halben Jahres zum europäischen Titelanwärter geformt. „Ich habe immer gesagt, dass sie die Qualität haben“, richtete sich der 41-Jährige an seine Spieler und wirkte dabei wie sein Lehrmeister Pep Guardiola. Zu aktiven Zeiten beim FC Bayern München hatte dieser stets betont, seinen Spielern „dienen“ zu wollen. Auch Alonso nahm viele Glückwünsche entgegen, gab den Löwenanteil aber an sein Team weiter: „Wir haben geholfen, aber das meiste sind die Spieler.“

Schnellstes Tor der Europa League-Saison

Wie es dem Neuling im Profitrainer-Geschäft gelungen ist, eine verunsichert und zersprengt wirkende Mannschaft zu einer taktisch flexiblen, kampf-, spiel- und vor allem mental starken Einheit zu formen, nötigte am Donnerstagabend auf vielen Ebenen Respekt ab. Auch ohne den am Oberschenkel verletzten Exequiel Palacios dominierten die Rheinländer nach dem 1:1 im Hinspiel die erste und weite Teile der zweiten Halbzeit. Vor einer Woche hatte Florian Wirtz noch zum Ausgleich getroffen und trat auch in Anderlecht früh in Erscheinung: Mit einem Tempodribbling initiierte er den Führungstreffer von Moussa Diaby, bei dem auch Adam Hlozek seine Füße im Spiel hatte (2.).

Das schnellste Tor der diesjährigen Europa League-Saison spielte den Rheinländern nach 66 Sekunden in die Karten und lockte St. Gilloise aus der Reserve. Mit seriösem Abwehrverhalten ließen Jonathan Tah und Co. den Hausherren nur Halbchancen zu und setzten selbst einige Nadelstiche. Sinnbildlich für den insgesamt großen Entwicklungsschritt stand Mitchel Bakker: Der oft gescholtene Niederländer machte auf der linken Außenbahn sein bestes Spiel: Wie er Diabys Sturmlauf begleitete und schließlich Hlozeks perfekt getimte Flanke volley zum 2:0 verwandelte (37.), war beeindruckend. Genau wie seine Vorarbeit beim 3:0.

Er hatte drei oder vier Lungen.
Lukas Hradecky, Bayer-Kapitän über Mitspieler Mitchel Bakker

Dabei hatten die Belgier das Alonso-Team durch einen Systemwechsel auf 4:2:3:1 nach dem Seitenwechsel eigentlich vor Probleme gestellt und am 1:2 geschnuppert. Dann sprintete Bakker nach einem Rückpass konsequent Anthony Moris an und zwang den Nationaltorwart Luxemburgs zu einem Fehlpass. Diesen konnte Jeremie Frimpong zum 3:0 einschieben (60.). „Er hatte drei oder vier Lungen“, adelte Kapitän Lukas Hradecky Bakkers Laufarbeit: „Er hat auf seine Suspendierung richtig reagiert“, sprach der Finne auch Alonsos disziplinarische Maßnahme in der Bundesliga gegen den Niederländer an.

„Nach dem 3:0 haben wir gedacht, du lässt das Spiel jetzt ein bisschen austrudeln“, sprach Robert Andrich an, dass am Donnerstag nicht alles gut war. Der Gegner habe schließlich „nie aufgegeben“. So gab es nicht nur das 1:3 durch Casper Terho (64.), sondern nach der verletzungsbedingten Auswechslung von Edmond Tapsoba auch „zwei, drei, vier schwierige Phasen“. „Wir haben geschwommen“, gab Mittelfeldmotor Andrich zu und freute sich umso mehr über Hlozeks entscheidendes 4:1 (79.).

Große Vorfreude auf Halbfinale gegen AS Rom

Der Rest war rheinländische Glückseligkeit und nicht nur für Hradecky „mal fünf Bier“ wert. „Spul mal sechs Monate zurück, wo wir da waren“, erinnerte der Finne an die fürchterliche Hinrunde. „Das war nicht nur der Trainer. Alle haben sich zusammengerissen und jeder hat sich verbessert. Aber Xabi hat einen sehr guten Job gemacht.“

So dürfen sich die Leverkusener auf die Halbfinals gegen AS Rom (11./18. Mai) freuen. Dort wird ihr Trainer auf José Mourinho treffen und versuchen auch seinem ehemaligen Lehrmeister bei Real Madrid ein Bein zu stellen. „Diese Chance zu haben ist super“, blickte Alonso voraus, um dann schnell das Heimspiel gegen RB Leipzig zu fokussieren. „Heute genießen, morgen Erholung und dann weitermachen“, lautete sein Dreiklang. Mit diesem Arbeitsethos könnte der Bundesliga-Sechste die „Chance auf Europa“ am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) gegen die sieben Punkte besser dastehenden Sachsen wahren.