Interview

Torwart der Kölner Haie
„Wir können jedes Team in der Liga schlagen“

Lesezeit 7 Minuten
In Siegerpose: Haie-Torwart Tobias Ancicka.

In Siegerpose: Haie-Torwart Tobias Ancicka.

Der junge Haie-Torwart Tobias Ancicka  spielt die ersten Playoffs seiner Karriere. Wir haben mit ihm gesprochen.

Tobias Ancicka (23) hat sich gleich in seiner ersten Saison bei den Kölner Haien zur Nummer eins aufgeschwungen. Martin Sauerborn hat den KEC-Torwart vor dem ersten Playoff-Heimspiel am Mittwoch gegen Ingolstadt (19.30 Uhr, LanxessArena) getroffen.

Herr Ancicka, wie sind Sie eigentlich Eishockey-Torwart geworden?

Mein Papa Martin hat 2007 als Verteidiger in Mannheim gespielt. Er wollte immer, dass ich auch aufs Eis gehe, aber ich wollte nie so richtig. Schlittschuhlaufen habe ich ein paar Mal probiert. Das hat aber gar nicht funktioniert. Bis ich als Sechsjähriger in der Kabine der Adler die Torwartausrüstung von Robert Müller gesehen habe. Die war komplett rot. Eine Farbe, die einem Kind ins Auge sticht. Dann wollte ich es machen. Ich habe mir mal Roberts Fanghand genommen und übergezogen. Die war natürlich viel zu groß und ich konnte sie kaum halten, fand es aber cool.

War es normal, dass die Kinder der Spieler in die Kabine durften?

Nach Siegen und auch nach dem Training waren wir oft mit einer kleinen Gruppe Kinder in der Kabine und haben ein bisschen Blödsinn gemacht. Das ist heute immer noch so.

Sie standen bei den Jungadlern im Tor, dann in Regensburg und sind schon mit 15 nach Salzburg gegangen und anschließend den Weg in die große Stadt nach Berlin. Ein großer Schritt für einen Jugendlichen, oder?

Ich musste aus Regensburg weg, um meinen Traum vom Profi verwirklichen zu können. Es war für mich persönlich etwas schwer. Aber der richtige Schritt für meine Karriere. In Berlin hatte ich volle Unterstützung, konnte viel trainieren und habe viel gespielt. Außerdem gab es den Kontakt nach Finnland. Als ich mit 18 zurückgekommen bin, habe ich DEL gespielt. Ich hatte bei den Eisbären die besten Möglichkeiten und bin zu einem Torwart herangewachsen. Ich habe mich schnell an die große Stadt gewöhnt, weiß wo die schönen Ecken, Restaurants und die Clubs sind. Ich habe noch viele Freunde da und fahre im Sommer hin. Mit Berlin bin ich verbunden.

In Köln bessere Möglichkeiten als in Berlin

Wieso auch mit der Stadt?

Mir gefällt, dass Berlin grenzenlos und weit ist. Egal, wo Du schon warst, irgendwo gibt es eine Stelle, da warst du noch nicht und kannst etwas Neues herausfinden. Berlin ist cool.

Und jetzt Köln. Ist Ihre Karriere in Berlin ins Stocken geraten?

Ich hatte eine gute Saison bei den Eisbären mit vielen Spielen. Aber für die Mannschaft war es kein gutes Jahr ohne Playoffs. Die Möglichkeiten hier in Köln waren für mich dann besser, als sie Berlin hätten werden können. Der Kontakt zu den Haien war schon ein Jahr zuvor da. Vergangenen Sommer hat es dann perfekt gepasst.

Es gibt keinen Neid und wir pushen uns gegenseitig.
Tobias Ancicka, Haie-Goalie zu seinem Verhältnis zu Mirko Pantkowski

Wie beurteilen Sie ihre Ausgangsposition und Entwicklung?

Ich bin ohne klare Position hergekommen und musste um meinen Platz kämpfen. Das wusste ich und Mirko Pantkowski wusste es auch. Es gab zwei Torhüter, die in der vergangenen Saison beide mehr als 40 Spiele hatten. Es war abzusehen, dass sich einer im Laufe der Saison vielleicht etwas absetzt. Wir haben aber ein Super-Verhältnis untereinander und unsere Bindung ist im Laufe der Saison noch stärker geworden. Es gibt keinen Neid und wir pushen uns gegenseitig. Als junger Torwart brauche ich den permanenten Konkurrenzkampf.

Um eine Nummer eins zu werden, braucht es konstant gute Leistungen. Wie haben Sie das geschafft?

Der Schlüssel ist, das Duell mit dem Konkurrenten nicht so im Kopf zu haben. Man darf nicht in ein Spiel gehen und denken, jetzt muss ich liefern, sonst ist der andere wieder drin. Man muss auf seine Fähigkeiten vertrauen. Und Neid kann schnell zum Nachteil werden. Bis jetzt hatte ich das nicht. Mathias Niederberger zum Beispiel war in Berlin ein Mentor für mich. Ich habe viel von ihm gelernt.

Warum haben Sie sich gegen Mirko Pantkowski durchgesetzt?

Es gehört Glück und Momentum dazu. Ich habe gute Spiele geliefert in einer Zeit, in der wir vielleicht nicht so gut gespielt haben. Dann habe ich das Vertrauen bekommen. Es zählt im richtigen Moment am richtigen Ort zu ein und den Puck zu fangen. Ich kann mich aber nicht darauf ausruhen. Pante ist ein Top-Goalie und gibt in jedem Training alles.

Worauf bauen Sie als junger Torwart?

Ich bin zwar erste 23, habe aber schon viel erlebt. Es ist meine vierte DEL-Saison. Ich bin zweimal Meister geworden und habe mit den Eisbären gegen den Abstieg gespielt. Da ist viel Druck dabei. Mein Mindset ist, dass ich mir nicht viele Gedanken über die Dinge mache, die ich nicht beeinflussen kann. Ich lege den Fokus auf das, was ich beeinflussen kann.

Und das wäre?

Ich nehme, was auf mich zukommt. Ich bin da, um Fehler auszubügeln, das ist meine Arbeit. Dafür werde ich bezahlt. Und ich muss meine Emotionen im Griff haben. Gerade in Momenten, wenn die Fans schreien oder die Schiedsrichter mal daneben liegen, muss ich besonders ruhig bleiben und ein Rückhalt für das Team sein.

Emotionen sind ein gutes Stichwort. Es gab da am 17. Dezember 2023 einen Goalie-Fight mit Niklas Treutle.

Es war ein Sechs gegen Fünf auf der anderen Seite und Treutle hat mitgewirkt. Da wollte ich ein Zeichen setzen, dass man so etwas als Torwart nicht macht und bin rüber.

Die Hauptrunde der Haie ist extrem in Wellen verlaufen. Warum gab es so wenig Konstanz?

Wir haben eine Mannschaft mit viel Qualität. Wir haben gezeigt, wie gut wir spielen können, es gab aber auch Spiele, in denen die nötigen Emotionen und der Wille nicht so da waren, wie wir es gebraucht hätten. Und wir haben zu viele grobe Fehler in unserem Spiel gehabt.

Erstes Playoff-Spiel der Karriere in Ingolstadt

Wie kann die Mannschaft ihr zweifellos vorhandenes Potenzial in den Playoffs konstant abrufen?

Wir müssen öfter die richtigen Entscheidungen treffen und das sind im Spiel die einfacheren Entscheidungen. Wir wollen es manchmal zu künstlerisch gestalten und laufen dadurch in viele Konter. Es gab auch ein Meeting, in dem klar angesprochen wurde, dass wir nicht mehr so riskant und eher für die Mannschaft spielen wollen. Wir haben vielleicht aber auch Jungs, die vom riskanten Spiel leben.

Lässt sich die Mannschaft durch das unruhige Umfeld in Köln verunsichern?

Wir fühlen uns nicht unsicher und haben eine gute Atmosphäre in der Kabine. Die Gefühlslage ist ruhig und wir waren in dieser Saison immer weit von einer Krise entfernt.

Wie bewerten Sie die Arbeit des Trainerteams um Uwe Krupp?

Das Trainerteam steht unter brutalem Druck. Ich weiß nicht warum, aber es ist so. Die machen einen sehr guten Job und bringen keine Hektik in die Mannschaft rein. Was mich betrifft, habe ich mit Torwarttrainer Ilari Näckel einiges umgestellt, was gut ist für mein Spiel. Ich bin in den Ecken etwas passiver, besitze dadurch auch mehr Spritzigkeit bei den Schüssen vor mir. Ich weiß in unserem System immer, was ich wann zu tun habe und fühle mich sehr wohl im Tor.

Was ist also für die Haie in den Playoffs möglich?

Für jede Mannschaft geht es von vorne los. Der Hauptrundenplatz zählt nichts mehr. In den Playoffs ist es ein ganz anderes Eishockey. Ich bin gespannt, wie wir uns an das härtere, schnellere Spiel mit mehr Blocks und Checks anpassen. Ich lasse mich überraschen. Wir können jedes Team in der Liga schlagen, aber es kann immer viel passieren.

Sie haben am Sonntag in Ingolstadt Ihr erstes Playoff-Spiel in der DEL bestritten. Wie hat es sich angefühlt?

Ich dachte vorher, dass ich das irgendwie mache, doch als es losging, habe ich die Nervosität gespürt.


DEL Awards

Justin Schütz ist DEL-Stürmer des Jahres 2024. Der 23-Jährige von den Kölner Haien bekam bei der entsprechenden Experten-Wahl die meisten Stimmen. Schütz wechselte vor der Saison von RB München zum KEC und war mit 27 Treffern bester Torschütze der DEL-Hauptrunde. Beim 5:1 im ersten Playoff-Spiel beim ERC Ingolstadt legte der Nationalspieler gleich drei Treffer nach.

DEL-Spieler des Jahres ist Nicolas Mattinen von den Straubing Tigers, der gleichzeitig als Verteidiger des Jahres ausgezeichnet wurde. Torwart des Jahres wurde der Bremerhavener Kristrers Gudlevskis. Bester Trainer ist Steve Walker von den Schwenningen Wild Wings und bester Nachwuchsspieler Veit Oswald von RB München.

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