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Interview

Sharon Beck vor Pokalfinale in Köln
„Ich habe vier Jahre in Köln gespielt und mich wohl gefühlt“

Lesezeit 5 Minuten
Von 2020 bis 2024 trug Mittelfeldspielerin Sharon Beck das Trikot des 1. FC Köln.

Von 2020 bis 2024 trug Mittelfeldspielerin Sharon Beck (r.) das Trikot des 1. FC Köln.

Sharon Beck hat vier Jahre für den 1. FC Köln gespielt und kehrt nun zum Pokalfinale mit Werder Bremen nach Köln zurück

Sie war eine der prägenden Fußballerinnen des 1. FC Köln: Sharon Beck trug vier Jahre lang das Geißbock-Trikot. Im vergangenen Sommer wechselte die 30-Jährige zu Werder Bremen, nun kehrt sie zum DFB-Pokal-Finale gegen Bayern München nach Köln zurück. Daniel Mertens sprach mit Beck über ihren fast einjährigen Kampf ums Comeback, ihre Zeit in Köln und die Chancen im Finale.

Frau Beck, mit welchem Gefühl sind Sie am Samstag in der 73. Minute beim 3:0 gegen Jena bei Ihrem ersten Bundesligaspiel nach fast genau einem Jahr auf den Rasen gegangen?

Das waren sehr viele Gefühle. Ich hatte sehr viele Komplikationen mit dem Knie. Ich war dankbar und für mich ist eine unglaubliche Last abgefallen. Und zugegebenermaßen war ich auch sehr nervös, obwohl ich schon viele Bundesligaspiele absolviert habe. Es war ein sehr emotionaler Tag.

Sie erlitten im April 2024 im Training beim 1. FC Köln einen Kreuzbandriss. Was ging damals in Ihnen vor?

Ich wusste sofort, dass es eine Verletzung ist, hatte aber erst gehofft, dass es nur das Außenband ist. Und dann musste ich natürlich Werder Bremen informieren. Das war schwer für mich, weil wir davor sehr gute Gespräche hatten.

Wie sah Ihre Rehazeit in den Monaten danach aus?

Ich wurde vom Verein freigestellt und habe alle Möglichkeiten wählen können, die ich wollte, und wurde sehr unterstützt. Ich habe meine Reha in der Nähe von Frankfurt absolviert. Dann gab es aber Komplikationen und es ging nach drei, vier Monaten nicht weiter. Dann wurde ich in München noch einmal operiert. Später kamen eine Muskelverletzung und nochmals Probleme mit dem Knie dazu und ich musste noch einmal operiert werden.

Gab es in dieser Zeit auch mal Momente, in denen Sie am liebsten alles hingeworfen hätten?

Man lernt seinen Körper auf einer anderen, emotionalen Ebene kennen. Es ist brutal, was das mit einem macht. Wenn alles komplikationsfrei verlaufen wäre, wäre es mental einfacher gewesen. Zeitweise hieß es auch, dass es mein Karriereende ist und das Kreuzband neu gemacht werden muss. Sich mit solchen Gedanken auseinanderzusetzen, war sehr schwer. Das war das härteste Comeback, das ich hatte.

Auf welchem Level sehen Sie sich derzeit und wie lange wird es noch dauern, bis Sie wieder bei 100 Prozent sind?

Das Fußballspielen verlernt man nicht. Ich brauche einfach wieder Routine. Deswegen kann ich da keinen Zeitraum nennen. Ich fühle mich aber gut und fit und bin bereit für das, was kommt.

Wie verlief bei der langen Verletzungspause die Integration in Bremen im neuen Verein und im neuen Team?

Bis zum Anfang des Jahres hatte ich noch keinen Kontakt zum Team, weil ich noch nicht vor Ort war. Aber jetzt kann ich sagen, dass es eine super Mannschaft ist, die mich sehr lieb aufgenommen hat. Ich fühle mich, das kann ich jetzt schon sagen, sehr wohl bei Werder.

Eine Rheinländerin im hohen Norden. Fühlen Sie sich schon heimisch?

Ja, ich bin sogar positiv überrascht, wie offenherzig die Menschen in Bremen sind.

„Lebenslang grün-weiß“ oder „Mer stonn zo Dir“ – was singen Sie lieber?

Das ist für mich schwierig zu beantworten. Ich habe vier Jahre in Köln gespielt und mich wohl gefühlt. Ich habe beide Vereine ins Herz geschlossen.

Wie groß ist Ihre Hoffnung, auch beim DFB-Pokal-Finale auf dem Platz stehen zu können?

Letztlich entscheidet das der Trainer. Ich bin einfach dankbar, dass ich überhaupt wieder dabei sein kann und es miterleben darf. Ich würde mich natürlich freuen, wenn ich Minuten bekomme und der Mannschaft helfen kann mit meiner Erfahrung.

Werder Bremen geht als klarer Außenseiter in das Endspiel. Was trauen Sie Ihrer Mannschaft im Finale zu und wie sind die Bayern zu knacken?

Wir kommen viel über unseren Ehrgeiz und wenn die Mädels sich etwas in den Kopf gesetzt haben, werden sie auch alles für den Sieg machen. Deswegen denke ich schon, dass wir Bayern ärgern können mit unserer Spielweise. Und München mag es vermutlich auch nicht, wenn man ihnen immer auf den Füßen steht. Sie sind eine sehr spielstarke Mannschaft. Das müssen wir unterbinden, dann traue ich unserem Team unglaublich viel zu.

Sie kennen das Rheinenergie-Stadion bereits aus den beiden Highlightspielen mit dem 1. FC Köln. Einmal ging es im vergangenen Jahr just auch gegen Werder Bremen. Wie haben Sie diese Spiele in Müngersdorf erlebt?

Und mit dem SC Freiburg war ich 2019 sogar schon einmal im Pokal-Finale, das wir aber leider 0:1 gegen Wolfsburg verloren haben. Ich fühle mich in diesem Stadion sehr wohl und verbinde damit viele positive Erinnerungen. Ich freue mich, dass dieses Finale dort ausgetragen wird.

Wie haben Sie das Halbfinal-Derby beim Hamburger SV im ausverkauften Volksparkstadion vor 57.000 Zuschauern erlebt?

Ich habe neben der Auswechselbank gesessen, direkt am Spielfeldrand. Es war unglaublich emotional. Ich habe danach geschlafen wie ein Baby, obwohl ich selbst nicht gespielt habe. Die Fan-Kulisse, der Support, die Eindrücke waren einmalig. Das zu wiederholen, wird für jedes Stadion schwer. Das war einzigartig.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihre Zeit beim 1. FC Köln zurück?

Es sind positive, aber auch negative Gefühle, vor allem mit der Verletzung am Ende. Ich habe viele tolle Erinnerungen und viele neue Freunde gefunden.

Am kommenden Sonntag empfangen Sie mit Werder Bremen den 1. FC Köln in der Bundesliga. Ist es ein besonderes Spiel für Sie?

Ja. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir eine komplette Woche Zeit zur Vorbereitung auf das Spiel gehabt hätten. Aber vielleicht unterschätzt Köln uns ja, weil wir drei Tage vorher das Pokal-Finale gespielt haben.