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Amoklauf in GrazÖsterreichs Waffenrecht könnte erneut im Kreuzfeuer der Kritik stehen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Polizeibeamter telefoniert vor dem Schulgebäude. Ein 21-Jähriger aus dem Raum Graz hat nach Angaben der Behörden die tödlichen Schüsse an einem Gymnasium im österreichischen Graz abgegeben.

Ein Polizeibeamter telefoniert vor dem Schulgebäude. Ein 21-Jähriger aus dem Raum Graz hat nach Angaben der Behörden die tödlichen Schüsse an einem Gymnasium im österreichischen Graz abgegeben.

Nach dem tödlichen Amoklauf in Graz entbrennt in Österreich erneut die Debatte über das Waffenrecht.

Der Amoklauf an einer Schule in Graz mit zehn Todesopfern dürfte in Österreich die Debatte über das Waffenrecht neu anheizen. In der Alpenrepublik sei der legale Erwerb von Waffen deutlich einfacher als im besonders strengen Deutschland, sagt der Geschäftsführer des Wiener Waffenhandels Euroguns, Markus Schwaiger, der Deutschen Presse-Agentur. „In Deutschland wird fast keine Waffenbesitzkarte mehr ausgestellt.“

Anders in Österreich: Jeder mindestens 18-jährige EU-Bürger mit Wohnsitz in Österreich, gegen den kein Waffenverbot verhängt wurde, dürfe bestimmte Gewehre nach mehrtägiger Wartefrist und Registrierung kaufen.

Amokläufer in Graz hatte legale Waffenbesitzkarte

Im Fall des 21-jährigen Amokschützen von Graz wird die Sache noch brisanter. Nach Angaben der Polizei hatte der junge Mann eine Waffenbesitzkarte, wie sie für eine Pistole zwingend nötig ist. Das heißt, er musste einen sogenannten Waffen-Führerschein erwerben - eine umfassende theoretische und praktische Schulung - und einen Test beim Psychologen bestehen. Ein Amokläufer mit einer Waffenbesitzkarte - „das ist so eine Art Super-GAU“, meint Schwaiger.

Einsatzkräfte gehen in der Nähe des Tatorts. Ein Polizei-Großeinsatz ist in einer Grazer Schule in der Dreierschützengasse angelaufen.

Einsatzkräfte gehen in der Nähe des Tatorts. Ein Polizei-Großeinsatz ist in einer Grazer Schule in der Dreierschützengasse angelaufen.

Bisher hätten Amokläufer oder auch der Schütze beim islamistischen Anschlag in Wien im November 2020 Langwaffen oder illegale Waffen verwendet, so der Waffenhändler. Was jetzt passiert sei, sei nach seinem Wissen eine Premiere, so Schwaiger.

Österreich: Viele legale und illegale Waffen im Umlauf

Insgesamt liegen in Österreich viel mehr Waffen - bezogen auf die Einwohnerzahl - in den Schränken und Tresoren ihrer Besitzer als in Deutschland. Laut Innenministerium in Wien waren vor wenigen Jahren 1,1 Millionen Schusswaffen registriert - im neunmal bevölkerungsreicheren Deutschland sind es sechs Millionen. Die Zahl der illegalen Waffen in Österreich schätzen Experten auf mindestens eine Million, wenn nicht mehrere Millionen.

Die Polizei ist wenige Stunden nach dem Amoklauf noch am Anfang der Ermittlungen. Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hielt sich sehr zurück bei der Frage nach dem möglichen Motiv des Täters. Laut Medien soll der 21-Jährige in seiner Schulzeit gemobbt worden sein. Das bezeichnet der Minister als Spekulation.

Betroffene Eltern und Schüler von werden psychologisch betreut

Zum genauen Ablauf des Amoklaufs gab es zunächst von den Ermittlern keine Einzelheiten. Erst soll eine Rekonstruktion der Ereignisse abgewartet werden. So ist noch unklar, ob die tödlichen Schüsse in Klassen oder am Gang abgefeuert worden sind. Das Bundesoberstufenreal-Gymnasium Dreierschützengasse hat rund 400 Schüler, die in 20 Klassen aufgeteilt sind, und 43 Lehrkräfte. Der Amokläufer tötete zehn Menschen und sich selbst.

Einsatzkräfte stehen in der Nähe des Tatorts. Ein Polizei-Großeinsatz ist in einer Grazer Schule in der Dreierschützengasse angelaufen.

Einsatzkräfte stehen in der Nähe des Tatorts. Ein Polizei-Großeinsatz ist in einer Grazer Schule in der Dreierschützengasse angelaufen.

Dutzende Spezialisten der Kriseninterventions-Teams waren jedenfalls vor Ort, um geschockte und verzweifelte Eltern sowie Schülerinnen und Schüler zu betreuen. Sie wurden an Sammelplätze gebracht. Die Behörden baten eindringlich darum, keine Videos in den sozialen Netzwerken zu posten, um die Privatsphäre der Betroffenen zu wahren.

Kanzler will mit Staatstrauer gemeinsames Innehalten

Erschüttert zeigte sich Kanzler Christian Stockder (ÖVP). „Eine Schule ist mehr als nur ein Ort des Lernens. Sie ist ein Raum des Vertrauens, der Geborgenheit und der Zukunft.“ Und er gab ein Versprechen ab: „Unsere Schulen müssen Orte des Friedens bleiben.“

Die von der österreichischen Regierung beschlossene dreitägige Staatstrauer soll zum gemeinsamen Innehalten motivieren. Eine Trauerminute am Mittwoch um 10 Uhr ist ein Ausdruck dafür. „Unser Land steht in diesem Moment des Entsetzens still“, sagte Stocker. (dpa)