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Atomwaffenfähiger MarschflugkörperWirbel um russischen Raketeneinschlag in Polen

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Anhänger mit Abschussrampen für Lenkflugkörper des Patriot-Luftabwehrsystems der Bundeswehr stehen auf einem schneebedeckten Feld in Polen. (Symbolbild)

Unweit der Stadt Zamosc steht auch das Patriot-Luftabwehrsystem der Bundeswehr. Bei Zamosc ist in einem Waldstück im Dezember ein Marschflugkörper aus Russland eingeschlagen. (Symbolbild)

Ein russischer Marschflugkörper schlägt mitten in Polen ein. Die Regierung muss sich unangenehme Fragen gefallen lassen.

Ein russischer Marschflugkörper ist offenbar bereits vor Wochen mitten in Polen und damit auf Nato-Gebiet eingeschlagen. Die Rakete, die atomwaffenfähig sein soll, war monatelang unauffindbar. Jetzt wurde sie im polnischen Dorf Zamosc, unweit des Nato-Schulungszentrums in Bydogoszcz entdeckt. Das polnische Verteidigungsministerium gerät unter Druck.

Die Ukraine hat Polen offenbar schon am 16. Dezember gemeldet, dass eine russische Rakete in Richtung Polen unterwegs sei. Der unbekannte Flugkörper sorgt dafür, dass polnische und amerikanische Kampfjets aufsteigen, um ihn abzuschießen. Aber dann verschwindet dieser plötzlich spurlos mitten über Polen von den Radarschirmen. Eine anschließende Suche bleibt erfolglos.

Russische Rakete in Polen eingeschlagen: Marschflugkörper ist atomwaffenfähig

Erst Ende April wird die Rakete vom Typ Ch-55 in einem Waldstück bei Zamosc entdeckt. Der Ort mit nur 1900 Einwohnern zieht anschließend Touristen an, die sich Teile des abgestürzten Marschflugkörpers sichern wollen. Er kann im Ernstfall auch mit Atomwaffen ausgerüstet werden und theoretisch auch deutsches Staatsgebiet erreichen. Sie war offenbar mit einem Beton-Sprengkopf ausgerüstet.

Unklar ist nach wie vor, warum die Rakete in den polnischen Luftraum eingedrungen und dann plötzlich vom Radar verschwunden ist. Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak behauptet laut einem Bericht des „MDR“, erst Ende April von der Rakete erfahren zu haben. Die zuständigen Generäle hätten zwar die Flugbereitschaft verständigt, ihn anschließend aber nicht über den Vorfall informiert.

Die Opposition hält diese Erklärung für fadenscheinig, der ehemalige EU-Ratspräsident Donald Tusk bezeichnet Blaszczak als „Feigling“ und „Lügner“. Führende Militärexperten in Polen haben ebenfalls Zweifel an der Erklärung des Ministers. Blaszczak kündigte in einem dünnen Statement lediglich an, dass sich so ein Vorfall nicht wiederholen dürfe.

Polen: Russische Rakete schlägt in Grenzstadt zur Ukraine ein

Von Anwohnern angebrachte Wegweiser, die aufgrund der zahlreichen Touristen nahe des Einschlagsorts angebracht wurden, sind mittlerweile wieder abgehängt worden. Die Überreste der Rakete wurden ebenfalls wenige Tage nach dem Fund sichergestellt.

Im vergangenen November war bereits eine Rakete russischer Herkunft an der polnischen Grenze zur Ukraine in Przewodow eingeschlagen. Der Einschlag hatte eine Krisensitzung der Nato-Bündnispartner ausgelöst. Bisher ist unklar, ob die Rakete von russischen oder ukrainischen Streitkräften abgeschossen wurde, beide nutzen teilweise Modelle ähnlicher Bauart. (shh)

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