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Tödliche KrankheitDurchbruch im Kampf um Australiens Koalas gibt Hoffnung

4 min
Brisbane: Ein Koala wird in der Endeavour Veterinary Ecology in Toorbul, nördlich von Brisbane, behandelt.

Brisbane: Ein Koala wird in der Endeavour Veterinary Ecology in Toorbul, nördlich von Brisbane, behandelt.

Ein neuer Impfstoff und der größte Koala-Nationalpark der Geschichte geben Hoffnung für das Überleben der bedrohten Beuteltiere. Wissenschaftler sprechen von einer echten Zukunftsperspektive für die Art.

Zwischen den Eukalyptusbäumen blinzelt ein graues Fellbündel verschlafen in die Kamera. Ein Koala, hoch oben im Geäst, wirkt auf den ersten Blick so friedlich, als könne ihm die Welt nichts anhaben. Doch wer die Tiere länger begleitet, weiß: Viele dieser Beuteltiere, die es nur in Australien gibt, kämpfen im Verborgenen – gegen eine Krankheit, die ihnen das Leben raubt und ihre Art an den Rand des Verschwindens drängt.

Chlamydien-Infektion bedroht Koalas

Die Chlamydien-Infektion gilt neben dem Verlust von Lebensraum als eine der größten Bedrohungen für Koala-Populationen in freier Wildbahn. Sie kann zu schmerzhaften Harnwegsinfektionen, Unfruchtbarkeit, Erblindung und im schlimmsten Fall zum Tod führen. Hinzu kommen Gefahren durch den Klimawandel, zunehmende Verkehrsunfälle und Hundeattacken. In den Bundesstaaten Queensland und New South Wales sind die Bestände bereits stark zurückgegangen, manche Kolonien stehen unmittelbar vor dem lokalen Aussterben.

Eine wissenschaftliche Pionierleistung gibt nun jedoch Anlass zur Hoffnung: Erstmals wurde ein Impfstoff gegen Chlamydien bei Koalas offiziell zugelassen. Entwickelt an der University of the Sunshine Coast (UniSC) unter Leitung des Mikrobiologen Peter Timms, ist er das Ergebnis von mehr als zehn Jahren Forschung – und wirkt bereits mit nur einer einzigen Dosis, ganz ohne Auffrischung.

Ein Röntgenbild eines Koalas ist auf einem Bildschirm in der Endeavour Veterinary Ecology zu sehen

Ein Röntgenbild eines Koalas ist auf einem Bildschirm in der Endeavour Veterinary Ecology zu sehen

Die harte Forschungsarbeit habe sich gelohnt, sagte Timms. UniSC habe aus einer Idee ein geprüftes und zugelassenes Produkt gemacht, das nun im Einsatz sei – in Tierkliniken, bei Tierärzten und direkt in der Natur.

Impfstoff senkt Sterblichkeit erheblich

Laut einer groß angelegten Studie sank die Sterblichkeit in wildlebenden Populationen durch den Impfstoff um mindestens 65 Prozent. Darüber hinaus verringert er das Risiko, dass Koalas im Fortpflanzungsalter Symptome entwickeln, und kann in manchen Fällen sogar bestehende Krankheitsanzeichen zurückbilden.

Bislang standen zur Behandlung nur Antibiotika zur Verfügung, die jedoch die Verdauung von Eukalyptusblättern – der einzigen Nahrungsquelle der Tiere – stören und so zu Hunger und Tod führen können. Zudem schützen sie nicht vor erneuter Ansteckung. Der neue Impfstoff gilt daher als entscheidender Durchbruch im Kampf gegen eine Krankheit, die Schätzungen zufolge für bis zur Hälfte aller Todesfälle in manchen Populationen verantwortlich ist.

Regierung unterstützt Koala-Schutz

Auch die Politik begrüßte den Erfolg. Australiens Umweltminister Murray Watt betonte: „Wir wissen, dass Koalas Hilfe brauchen, um Krankheiten wie Chlamydien zu bekämpfen.“ Deshalb habe die Regierung im Rahmen ihres Programms „Saving Koalas Fund“ 76 Millionen Dollar (umgerechnet fast 43 Millionen Euro) gezielt in Forschung und Gesundheit investiert. Ziel sei es, dass Koalas nicht nur überleben, sondern auch wieder gedeihen.

Bereits kurz zuvor hatte die Regierung von New South Wales (NSW) eine weitere gute Nachricht verkündet: den lang erwarteten Great Koala National Park. Dafür sollen 176.000 Hektar Wald zusätzlich zu bestehenden Schutzgebieten ausgewiesen werden, sodass ein insgesamt 476.000 Hektar großes Areal im Osten Australiens entsteht. Dies erstreckt sich von Kempsey im Süden bis nach Grafton im Norden.

Die University of the Sunshine Coast (UniSC) hat den weltweit ersten Impfstoff gegen Chlamydien entwickelt, um Koalas vor dieser Krankheit zu schützen, die Harnwegsinfektionen, Unfruchtbarkeit, Blindheit und Tod verursachen kann.

Die University of the Sunshine Coast (UniSC) hat den weltweit ersten Impfstoff gegen Chlamydien entwickelt, um Koalas vor dieser Krankheit zu schützen, die Harnwegsinfektionen, Unfruchtbarkeit, Blindheit und Tod verursachen kann.

„Koalas sind in NSW vom Aussterben in freier Wildbahn bedroht – das ist unvorstellbar“, erklärte NSW-Premier Chris Minns bei der Bekanntgabe. Der Great Koala National Park sei dazu da, genau das zu verhindern.

Die Regierung verhängte ein sofortiges Moratorium für die Holzernte innerhalb der Parkgrenzen. Zudem kündigte sie ein Unterstützungsprogramm für Beschäftigte betroffener Sägewerke an, das sich am nationalen Corona-Hilfsprogramm „Jobkeeper“ orientiert. Nach jahrelangem Drängen von Umweltschutzgruppen, die die Verzögerungen bei der Umsetzung kritisierten, lenkte die Regierung damit nun ein und stellte den Lebensraum der Koalas unter Schutz.

Historische Entscheidungen für den Koala-Schutz

Die Entscheidung gilt als historisch: Der neue Park soll nicht nur mehr als 12.000 Koalas schützen, sondern auch alte Wälder bewahren, die zu den globalen Hotspots der Biodiversität zählen. Dort leben über 100 bedrohte Arten, darunter 36.000 Greater Gliders – eine Gleitbeutler-Art.

Die beiden Entwicklungen – die Zulassung des Impfstoffs und die Schaffung eines der größten Nationalparks in New South Wales – markieren damit einen Wendepunkt im Schutz des Koalas. UniSC-Präsidentin Helen Bartlett sprach bei der Bekanntgabe der Impfstoffzulassung dann auch von einer „echten Zukunftsperspektive für die Art“.