Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Juan Carlos' brisante MemoirenSpaniens Altkönig rechnet mit der eigenen Familie ab

4 min
Juan Carlos de Borbon, ehemaliger König von Spanien

Juan Carlos de Borbon, ehemaliger König von Spanien

In seinen Memoiren rechtfertigt der 87-Jährige nicht nur die umstrittenen 100 Millionen Dollar vom saudischen König, sondern findet auch lobende Worte für Diktator Franco.

Fünf Jahre nach seiner Abreise ins selbstgewählte arabische Luxus-Exil meldet sich Spaniens Altkönig Juan Carlos zurück – mit einem Buch, das im Königshaus in Madrid für neuen Ärger sorgt. Der 87-Jährige, der in seinem Land in Ungnade fiel, liefert darin ein Gemisch aus kleinlauten Schuldbekenntnissen, historischer Selbstverklärung und gehörigem Groll gegen die eigene Familie. Die Memoiren „Juan Carlos I. von Spanien. Versöhnung“ erscheinen Anfang November zunächst in Frankreich, in Spanien dann im Dezember.

Der Zeitpunkt der Buchveröffentlichung ist kein Zufall: Madrid begeht im November den 50. Jahrestag der parlamentarischen Monarchie nach Ende der rechtsgerichteten Diktatur unter General Francisco Franco. Die Feier im spanischen Parlament soll jedoch ohne den Mann stattfinden, der nach dem Tod von Diktator Franco im November 1975 Spaniens königliches Staatsoberhaupt wurde. Er fühle sich deswegen „gedemütigt“, bekennt Juan Carlos in mehreren Interviews, in denen er über sein Buch spricht.

100 Millionen Dollar über Schweizer Bankkonten

Der Ton in seinen Memoiren, die er gemeinsam mit der Autorin Laurence Debray verfasste, pendelt zwischen Selbstrechtfertigung und gekränkter Eitelkeit. Etwa in dem Buchkapitel über jene 100 Millionen Dollar, die der saudische König Abdullah im Jahr 2008 unter fragwürdigen Umständen an Juan Carlos überwies – angeblich, wie es nun im Buch heißt, „ein Geschenk, das ich nicht ablehnen konnte“. Dies sei allerdings, aus heutiger Sicht, ein Fehler gewesen. Der König verteidigt sein damaliges Vorgehen damit, dass er seine Familie und seinen Ruhestand habe absichern wollen.

Doch die Sache ist brisanter, als Juan Carlos es darstellt. Die Schweizer Justiz fand heraus, dass das Geld über Konten in der Schweiz und auf den Bahamas floss. Ermittler vermuteten, die Summe könne eine Provision für einen milliardenschweren Eisenbahnauftrag an spanische Firmen in Saudi-Arabien gewesen sein – ein Projekt, das auf Vermittlung des Königs zustande kam. Zudem war die Summe offenbar nur Teil eines geheimen, unversteuerten Auslandsvermögens, das Juan Carlos gehortet haben soll. In Spanien wurden die Ermittlungen zwar eingestellt, doch der Schaden für das Ansehen der Monarchie blieb.

Gleichzeitig inszeniert sich Juan Carlos in seinem Buch und in den begleitenden Interviews als Motor und Vater der Demokratisierung Spaniens. „Die Demokratie ist nicht vom Himmel gefallen“, sagt er. Gemeint ist Spaniens Übergang von der Diktatur zur Demokratie nach dem Tod des Diktators Franco Tod am 20. November 1975. Juan Carlos I. bestieg den Thron am 22. November 1975, zwei Tage nach Francos Tod, nachdem er zuvor vom Diktator persönlich zu dessen Nachfolger bestimmt worden war.

Lob für Diktator Franco

Dass er lobende Worte für Diktator Franco findet, der eisern herrschte, die Opposition unterdrückte und für die Hinrichtung Zehntausender Regimegegner verantwortlich war, dürfte in Spanien heftige Debatten provozieren. Der König im Ruhestand bekennt eine gewisse Sympathie für den Diktator, „der mich zum König machte“ und urteilt über Francos 36-jährige Herrschaft: „Ich respektierte ihn zutiefst, ich schätzte seine Intelligenz und seinen politischen Instinkt.“ Und: „Niemand konnte ihn stürzen oder auch nur destabilisieren – das ist eine Leistung.“

Hinsichtlich des Putschversuchs vom 23. Februar 1981, als bewaffnete Militärs das spanische Parlament stürmten, weist Juan Carlos jede Verstrickung zurück. Obwohl damals sein einstiger Vertrauter General Alfonso Armada verwickelt war. Der General habe ihn verraten, sagt er nun.

In der offiziellen Geschichtsversion Spaniens wird das Bild Juan Carlos' als Retter der jungen Demokratie gepflegt – weil er in der Putschnacht, sieben Stunden nach Beginn des Aufstandes, dem Militär die Rückkehr in die Kasernen befahl. Seine Kritiker halten ihm hingegen ein widersprüchliches Verhalten und eine gewisse Unentschlossenheit vor.

Juan Carlos: Eitle Selbstinszenierung

Nicht nur politisch, sondern auch privat spart Juan Carlos nicht mit eitler Selbstinszenierung. Über seine schon lange von ihm getrennt lebende Ehefrau, Königin Sofía (86), die er seit Jahrzehnten mit anderen Frauen betrogen hat, sagt er jetzt im rührseligen Ton: „Spanien hätte keine hingebungsvollere und untadeligere Königin haben können.“

Erstmals bestätigt er, dass sein 57 Jahre alter Sohn König Felipe, der nach der Abdankung Juan Carlos' im Jahr 2014 die Krone erbte, mit ihm formell gebrochen habe: „Mein Sohn hat mir aus Pflichtgefühl den Rücken gekehrt. Ich verstehe, dass er als König öffentlich eine klare Haltung wahren muss. Aber ich habe gelitten, ihn so unsensibel zu sehen.“ Felipe hatte sich nach den vielen Skandalen von seinem Vater distanziert und ihn vor fünf Jahren zum Verlassen Spaniens gezwungen, um weiteren Schaden von der Monarchie abzuwenden.

Auch mit Felipes Ehefrau, der bürgerlichen Königin Letizia, rechnet Juan Carlos ab. Die 53-jährige Letizia gilt als sehr emanzipierte und fortschrittliche Frau, die im angestaubten Königshaus für frischen Wind und spürbare Modernisierung sorgte. Dies bekam dann auch der Altkönig zu spüren: „Die Ankunft Letizias“, sagt Juan Carlos nun vieldeutig, „hat die Harmonie unserer familiären Beziehungen nicht gefördert.“