Leihmütter in der UkraineVon der Angst um das fremd ausgetragene Kind

Im Schutzkeller des Unternehmens werden derzeit die Neugeborenen versorgt.
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Kiew – Maria Holumbovska ist aktuell vor allem damit beschäftigt, die richtigen Worte zu finden. Hat sie Paare aus Deutschland am Telefon, die sich aufgrund des Ukraine-Kriegs um ihre schwangere Leihmutter sorgen, dann versucht sie diese zu beruhigen. „Ja, die Situation ist schlimm, aber wir werden gewinnen“, sagt sie dann. Oder: „Es wird sich alles legen.“
Viele Wunscheltern sind in Panik
Die 35-jährige Pressesprecherin von BioTexCom, der größten Kinderwunschklinik in der Ukraine, arbeitet seit Wochen fast rund um die Uhr. Seit dem Angriff Russlands auf ukrainische Städte versteht sie, was „Lebe in Frieden“ bedeutet. Vorher seien das leere Worte für sie gewesen. „Wir erleben derzeit viele panische Wunscheltern“, sagt sie im Videogespräch mit unserer Redaktion. Die ukrainischen Leihmütter hingegen würden die Ruhe bewahren, obwohl es ums eigene Überleben gehe. „Die meisten bleiben tapfer und mutig.“
Aktuell gibt es bei BioTexCom 80 schwangere Leihmütter, die ihr Kind nach der Geburt an Wunscheltern aus Deutschland abgeben werden. Drei Neugeborene wurden kürzlich im Eiltempo abgeholt. Ein weiteres Paar ist gerade mit dem Auto auf dem Weg in die Ukraine. Immer wieder hat Holumbovska weinende Paare am Telefon. Ihrem sehnlichsten Wunsch nach einem eigenen Kind waren die meisten noch nie so nahe. Und es ist oft ihr letzte Chance.
Rechtlich müssen die Babys in der Ukraine geboren sein
Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten, rechtliche Konsequenzen für Wunscheltern, die sich im Ausland eine Leihmutter suchen, gibt es aber nicht. Wichtig ist jedoch, dass die Babys in der Ukraine geboren werden. Das vom Krieg gebeutelte Land zu verlassen ist für Leihmütter nicht so einfach möglich. Auf Facebook warnt BioTexCom davor, Leihmütter über die Grenze zu bringen: „Die Geburt des Kindes außerhalb der Ukraine ist nicht legal und wird rechtliche Konsequenzen haben: Die Leihmutter wird als Mutter gelten, und der Versuch der Übergabe des Kindes wird als Kinderhandel bezeichnet, Sie werden nie als Eltern des Kindes anerkannt.“
Vor allem finanzielle Gründe sind es, warum eine Ukrainerin ihren Körper hergibt, um ein Kind für eine fremde Frau aus dem Ausland auszutragen. Zwischen 40000 und 60000 Euro kostet das die Wunscheltern – bis zu 20000 Euro verdient die Leihmutter.
Dramatische Geburt im Schutzbunker
In den Kliniken finden die Geburten momentan in Schutzkellern statt. Auch hier setzt BioTexCom viel daran, den Wunscheltern ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. In einem Video auf der Webseite führt eine Frau durch den Bunker, der ausgestattet ist mit Schlafsäcken, Gasmasken und Regalen voller Milchpulver.
Normalerweise müssen Wunscheltern rund einen Monat in der Ukraine bleiben, bis sie mit dem Baby das Land verlassen dürfen – Termine bei der Botschaft und dem Standesamt sind notwendig, damit das Kind einen deutschen Pass erhält. Aufgrund des Ausnahmezustands geht momentan aber alles viel schneller.
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Holumbovska erinnert all das, was gerade passiert, teilweise an die Beginne der Corona-Pandemie. Damals machte BioTexCom weltweit Schlagzeilen, weil zahlreiche Kinder nicht von ihren Wunscheltern abgeholt werden konnten. Die 35-Jährige würde sich wünschen, nochmal einen harten Lockdown zu erleben. Alles, aber nicht diesen Krieg. Trotzdem will sie optimistisch bleiben – für die Wunscheltern muss sie es derzeit ohnehin sein.