Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Justiz auf Mallorca belastetMehrere Straftaten erschüttern den Ballermann

4 min
2022 brennt eine Bar in Palma – daraufhin werden 13 Deutsche festgenommen. Jetzt beginnt der Prozess gegen sie. dpa

2022 brennt eine Bar in Palma – daraufhin werden 13 Deutsche festgenommen. Jetzt beginnt der Prozess gegen sie. dpa

Exzesse, abgebrannte Bars, Vergewaltigungen: Untaten von Touristen beschäftigen die Justizauf Mallorca. Nun startet der „Kegelbrüder“-Prozess.

Mutmaßliche Exzesse und Straftaten ausländischer Touristen und Residenten auf Mallorca sorgen jedes Jahr für negative Schlagzeilen – und beschäftigen die spanische Justiz. Deren Mühlen mahlen sehr langsam. Doch in einem der Aufsehen erregenden Fälle der letzten Jahre sind jetzt die Ermittlungen abgeschlossen, wie das Oberste Inselgericht auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte: Im Fall der 13 Kegelfreunde aus dem Münsterland, die 2022 im „Ballermann“-Partyviertel einen Großbrand verursacht haben sollen, nähert sich der Gerichtsprozess in Palma.

Die Ermittlungen in einem anderen Fall, der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer jungen Urlauberin durch sechs Sauerländer im Sommer 2023, laufen noch, teilte das Gericht mit. Doch auch hier müssen sich die deutschen Beschuldigten, die erst nach einer längeren U-Haft in die Heimat nach Lüdenscheid zurückreisen durften, auf einen Prozess einstellen. „Sobald die Ermittlungsphase abgeschlossen ist, wird der Fall an das zuständige Gericht übergeben, das dann das Verfahren verhandeln wird“, heißt es in der Gerichtsmitteilung an diese Zeitung. Der Termin für das Verfahren vor dem Landgericht in Palma stehe aber noch nicht fest.

Mallorca: Im Justizpalast stapeln sich die Akten

Das Gleiche gilt für eine weitere sexuelle Aggression in 2023, wegen der gegen einen Schweizer und sieben Franzosen ermittelt wird – diese acht Beschuldigten sitzen deswegen bereits seit fast zwei Jahren auf Mallorca in U-Haft. Der österreichische Chef eines Beachclubs am Partystrand Platja de Palma wartet ebenfalls auf seine Gerichtsverhandlung: Gegen ihn wird seit einem Jahr wegen fahrlässiger Tötung ermittelt, nachdem beim Einsturz der Dachterrasse des Medusa Beach Clubs im Sommer 2024 vier Menschen starben.

Im Justizpalast in Mallorcas Inselhauptstadt Palma stapeln sich die Akten mit Ermittlungsverfahren. Immer wieder geraten auch Feriengäste in die Mühlen der Justiz, nachdem sie – oftmals nach größerem Alkoholkonsum – mit dem spanischen Gesetz in Konflikt kamen. Nicht selten handelt es sich bei den Beschuldigten um Partytouristen aus dem deutschsprachigen Raum – was auch damit zusammenhängt, dass Mallorca-Urlauber aus Deutschland, der Schweiz und Österreich zusammengerechnet 40 Prozent aller Feriengäste ausmachen.

Die Untersuchungsrichter in Palma sind chronisch überlastet. Die Folge: Es dauert oft Jahre, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind und ein Prozesstermin angesetzt wird. Die Situation in Palma ist kein Sonderfall, sondern sie ist symptomatisch für die generelle Überlastung der spanischen Gerichte – besonders in der Ermittlungsphase. Für Anwälte wie auch für Opfer einer Straftat und Beschuldigte ist die Langsamkeit der spanischen Justiz zermürbend. Und sie erschwert für alle Seiten die Suche nach Gerechtigkeit.

In Spanien leitet übrigens nicht der Staatsanwalt (wie im deutschsprachigen Raum) die Ermittlungen, sondern ein Untersuchungsrichter. Die Ermittlungsrichter klagen seit Langem über Arbeitsüberlastung: Es mangelt an Personal, an Hilfsmaterialien, die Digitalisierung der Arbeitsabläufe stockt – in vielen Gerichtsbüros reichen die Papierstapel bis zur Decke.

Ex-Rockerkönig musste zehn Jahre warten

Die Trägheit der spanischen Justiz bekam auch der frühere deutsche Rockerkönig Frank Hanebuth zu spüren, der im Sommer 2013 auf Mallorca wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vorübergehend festgenommen worden war. Er musste zehn Jahre auf seinen Prozess warten – in dem er schließlich im Jahr 2023 freigesprochen wurde.

In seinem Verfahren wurde deutlich, wie die lange Warterei den Prozess beeinträchtigt: Manche Zeugen konnten sich kaum noch an das Geschehene erinnern oder sie waren nicht mehr auffindbar.

Immerhin gibt es nun in einem der großen Ermittlungsverfahren der vergangenen Jahre einen Fortschritt: Im Fall der deutschen 13 Kegelbrüder aus dem Raum Münster müssen sich die Beschuldigten darauf einstellen, demnächst auf der Anklagebank im Landgericht in Palma Platz zu nehmen. Ihnen wird vorgeworfen, im Mai 2022 in Palmas Partyviertel den Brand eines Lokals verursacht zu haben. Der Vorwurf lautet: gemeinschaftlichen Brandstiftung mit Personengefährdung.

Eine Sprecherin der Obersten Gerichtsbehörde der Balearischen Inseln in Palma teilte dieser Zeitung auf Anfrage mit: „Bezüglich des Brandfalls in s'Arenal ist die Ermittlungsphase abgeschlossen. Der zuständige Ermittlungsrichter hat das Verfahren an das Landgericht weitergeleitet, das nun einen Termin für die Verhandlung festlegen muss.“ Angesichts des Staus von Strafprozessen kann es allerdings noch Monate dauern, bis das Verfahren vor Gericht tatsächlich anrollt.

Glimmende Zigaretten aufs Schilfdach geworfen?

Die Ermittler werfen der deutschen Touristengruppe vor, am 20. Mai 2022 von ihren Hotelbalkonen glimmende Zigaretten auf das Schilfdach einer Barterrasse geworfen zu haben. Auch Alkohol sei auf das Dach gekippt worden. Dadurch sei zunächst die Schilfbedeckung in Flammen aufgegangen. Dann brannten auch die Bar, ein darunterliegendes Bordell und ein benachbartes Wohngebäude. Zudem wurde die Hotelfassade beschädigt. Es gab zwei Leichtverletzte und erheblichen Sachschaden.

Für die Mitglieder des Kegelvereins „Stramm am Tisch“ war damit gleich am ersten Tag der Urlaub zu Ende. Die 13 Männer wurden festgenommen, saßen dann in U-Haft und kamen im Juni 2022 frei – nach Zahlung einer gemeinschaftlichen Sicherheitsleistung von insgesamt 500.000 Euro für Sachschäden und weitere zivilrechtliche Schadenersatzforderungen. Die Kegelbrüder, von denen einige damals in der Heimat bei der Freiwilligen Feuerwehr dienten, beteuern bis heute ihre Unschuld.