Seit Montag müssen sich zehn Personen vor Gericht verantworten, weil sie die französische First Lady systematisch verleumdeten. Sie behaupteten, Brigitte Macron sei in Wahrheit ein Mann.
Trans-Gerüchte verbreitetBrigitte Macron wehrt sich gegen Cybermobbing

Wehrt sich juristisch gegen Cybermobbing: Frankreichs First Lady Brigitte Macron
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Tiphaine Auzière ist Anwältin, aber an diesem Dienstag kommt sie in ihrer Funktion als Tochter ins Gericht von Paris. Sie ist hier, um zu bezeugen, wie sehr ihre Mutter Brigitte Macron die Verleumdungskampagne gegen sie trifft, der zufolge es sich bei der französischen First Lady eigentlich um einen Mann mit Namen Jean-Michel Trogneux handeln soll – so wiederum heißt Macrons Bruder, dessen Identität sie demnach angeblich angenommen habe. Angesichts der permanenten Angriffe im Internet schaffe es ihre Mutter nicht mehr, „Abstand zu all dem Horror zu finden, der über sie erzählt wird“, sagt die 41-jährige Auzière über ihre Mutter. „Was sie mitmacht, wünsche ich niemandem.“
„Starke Auswirkungen“ auf die Familie
So absurd die Behauptung klingt, dass Brigitte Macron ein Mann sei – acht Männer und zwei Frauen haben sie so hartnäckig und mit solcher Gehässigkeit im Internet verbreitet, dass sie sich seit Montag wegen des Vorwurfes des Cybermobbings vor der Justiz verantworten müssen. Sie sind zwischen 41 und 60 Jahre alt, von Beruf Informatiker, Sportlehrer oder selbst ernanntes „Medium“ mit teils großen Reichweiten in den sozialen Netzwerken. Mehrere stehen in Verbindung mit rechtsextremen Kreisen, manche haben in den vergangenen Jahren diverse Verschwörungstheorien verbreitet. Ihnen drohen bis zu zwei Jahre Haft. Die Urteile standen bei Andruck dieser Ausgabe noch aus.

Tiphaine Auziere, die Tochter von Brigitte Macron
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Die Angeklagten argumentierten, sie hätten einfach nur ihren „Humor“ spielen lassen, „informieren“ wollen oder sie beriefen sich auf die Meinungsfreiheit. „Ich habe das Recht, mir Fragen zu stellen“, verteidigte sich Jérôme C. Er habe eben Informationen geteilt, die er seltsam fand. Andernfalls solle man die sozialen Netzwerke ganz verbieten. Der Autor Aurélien Poirson-Atlan, der unter dem Pseudonym „Zoé Sagan“ zahlreiche Posts, Fotos und Videos zur Verbreitung der Falschinformationen veröffentlichte, erklärte, die Nachrichten seien durch künstliche Intelligenz entstanden. Grundlage der Lügentheorien sind Brigitte Macrons angeblich männliche Haltung, auch will einer der Angeklagten mit einer Gesichtserkennungs-Software herausgefunden haben, dass Brigitte Macron und ihr Bruder ein- und dieselbe Person seien. Behauptet worden war nicht nur, sie sei eine Transfrau.

Vor Gericht: der französische Autor Aurélien Poirson-Atlan
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Prozess um Brigitte Macron: Auch Pädophilie vorgeworfen
Die Angeklagten warfen ihr auch Pädophilie vor, sei sie doch mit ihrem späteren Mann Emmanuel Macron ein Liebesverhältnis eingegangen, als dieser noch minderjährig war. Kennengelernt haben sich die beiden, als er noch im Gymnasium und sie seine Theaterlehrerin war.
Tatsächlich war er gerade erst 15 Jahre alt und sie 40. Doch gaben sie stets an, ihre Beziehung habe nicht sofort begonnen, sondern erst Jahre später, vor allem aus Rücksicht auf ihre Kinder. Sie waren ungefähr in seinem Alter.
Brigitte Macron erschien nicht persönlich vor Gericht. Als sie im August letzten Jahres Klage einreichte, sagte die heute 72-Jährige, die Gerüchte hätten „sehr starke Auswirkungen“ auf sie und ihre Familie. Ihre Enkelkinder müssten sich anhören, dass ihre Großmutter angeblich „eigentlich ein Mann“ sei. Aus einer ersten Ehe hat Brigitte Macron zwei Töchter und einen Sohn, die selbst insgesamt sieben Kinder haben. Dennoch ist Frankreichs Première Dame bereits seit Jahren Ziel der Verleumdungs-Kampagne.
Macron: Respekt vor der Wahrheit
Der französische Präsident betonte in einem Interview, er sei entschlossen, sich zu wehren: „Es geht darum, dafür zu sorgen, dass die Wahrheit respektiert wird.“ Zunächst habe man ihnen geraten, nicht vor Gericht zu ziehen. Doch dann schwappten die Gerüchte in die USA. „Das nahm solche Ausmaße an, dass wir etwas tun mussten“, so der 47-Jährige. Es gehe darum, seine Ehre zu verteidigen.
Vor wenigen Monaten reichte das Paar auch eine Verleumdungsklage gegen die bekannte, rechtsextremen Kreisen nahestehende US-Influencerin Candace Owens ein. Diese hatte eine Serie von Podcasts und Videos mit dem Titel „Becoming Brigitte“, „Brigitte werden“, veröffentlicht, in dem ihr angeblicher Geschlechterwechsel nachgezeichnet wurde – wider besseres Wissen, wie ihr die Kläger vorwerfen.
Auch posierte sie mit einem T-Shirt, das das Titelbild des Magazins „Time“ nachbildete, auf dem Brigitte Macron als „Mann des Jahres“ bezeichnet wird. „Exzellent“ finde sie das Bild, kommentierte wiederum Delphine J., eine der Angeklagten, deren Profil mit dem Pseudonym Amandine Roy in den sozialen Medien fast 20.000 Menschen folgen und die damit eine treibende Kraft bei der Verbreitung der Falschinformationen war.
