Der Lindlarer Gemeinderat diskutiert kontrovers über die Einführung von Bürgerräten. Die Verwaltung soll den Aufwand erst mal prüfen.
DiskussionWie sinnvoll sind Bürgerräte in der Gemeinde Lindlar?

Mehr Mitspracherecht in politischen Fragen wünschen sich die Grünen für die Bürger in Lindlar.
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Zuhörer in Ausschüssen oder Ratssitzungen sind mittlerweile eine Ausnahme, nur bei speziellen Themen wie etwa der Gestaltung und Verkehrsführung im Ortskern oder Windkraft kommen Betroffene und Interessierte in die politischen Gremien. Bürgeranregungen zum Haushalt? Ebenfalls Fehlanzeige.
Die Parteien seien oft in ihren eigenen Blasen unterwegs und meistens der Meinung, die Mehrheit oder zumindest einen großen Teil der Bevölkerung zu vertreten. Ob das wirklich der Fall sei und das Meinungsbild innerhalb der Parteien repräsentativ, das könne man bezweifeln, sagte Ingo Harnischmacher von den Grünen. Er begründete in der jüngsten Ratssitzung den Antrag seiner Fraktion zur Einrichtung von Bürgerräten. Es gehe darum, die Bürger wirksamer an den demokratischen Prozessen zu beteiligen. Mit den Bürgerräten erhalte man ein sehr gutes Meinungsbild aus der Bürgerschaft.
Lohnt sich der Aufwand?
Das Instrument sollte nicht zu oft, sondern nur bei wichtigen Vorhaben, wie etwa dem Flächennutzungsplan, Gewerbegebieten oder größeren Neubauvorhaben eingesetzt werden. Daher solle der Rat beschließen, dass er dem Bürgerrat als Instrument der Bürgerbeteiligung positiv gegenüberstehe. „Die aus den Beratungsprozessen des Bürgerrats entwickelten Empfehlungen werden dann in die politischen Beratungen und die Entscheidungsfindung einbezogen. Die Größe der Bürgerräte soll 100 Personen ab einem Alter von 16 Jahren betragen, die je Verfahren per Losverfahren aus dem Einwohnermelderegister ermittelt werden“, heißt es in dem Antrag. Zudem soll die Verwaltung die anfallenden Kosten prüfen.
Die CDU sei grundsätzlich dafür, aber man müsse sehr genau überlegen, bei welchen Projekten ein Bürgerrat eingesetzt werde. Der Flächennutzungsplan sei sicherlich nicht geeignet, denn er erfordere eine sehr intensive Beschäftigung mit einer komplexen Materie teils über viele Jahre, so Hans Schmitz, CDU-Fraktionschef. Zudem müsse die Verwaltung die Bürger sehr gut mit allen Informationen versorgen, die erforderlich seien.
SPD schlägt einen Test vor
Auch die SPD stehe dem Ansinnen positiv gegenüber, sehe aber auch die Probleme, die von der CDU benannt worden seien, so SPD-Fraktionsvorsitzender Michael Scherer. Es sei für die Verwaltung eine Zusatzaufgabe. Er schlug vor, den Bürgerrat bei einem Projekt einmal auszuprobieren und zu schauen, wie groß das Interesse der Bürger sei. Es sei eine nette Idee, aber am Thema vorbei, kommentierte Harald Friese, Fraktionschef der FDP den Antrag. Egal was ein Bürgerrat vorschlage, am Ende müsse der Rat entscheiden, der auch die Verantwortung trage. Die FDP habe starke Bedenken.
Die Frage sei, ob der Mehrwert durch den Bürgerrat den hohen Aufwand rechtfertige, so Schmitz. Sein Parteikollege Eckhard Puschatzki sah einen Bürgerrat nicht als zielführend an. Früher habe es Arbeitskreise gegeben, die auf CDU-Antrag öffentlich tagen sollten, das habe die Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP zu Legislaturbeginn aber abgelehnt, erinnerte CDU-Fraktionschef Hans Schmitz. Mit den Arbeitskreisen habe es die Mitwirkung der Bürger gegeben, die könne man sofort wieder einrichten.
Beigeordneter Michael Eyer verwies auf den hohen Aufwand für die Verwaltung, schließlich sollten 100 Bürger beteiligt und betreut werden. Er regte an, die Zahl zu reduzieren, beispielsweise auf 50. Damit stelle sich allerdings die Frage wie repräsentativ das bei rund 23.000 Einwohnern noch sei, so Puschatzki. Der Ansatz, mit Kommunalpolitik mehr Menschen zu erreichen sei gut, so Bürgermeister Georg Ludwig, es sei eine Chance, aber 100 Personen zu informieren und zu begleiten, seine eine große Herausforderung.
Der Rat einigte sich schließlich darauf, nur über den letzten Satz des Antrages, dass die Verwaltung die Kosten prüfe, zu entscheiden. Bei zwei Enthaltungen der FDP wurde das einstimmig beschlossen.