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Baumexoten aus KalifornienDie Mammutbäume von Niederröttenscheid

Lesezeit 5 Minuten

Niederröttenscheid – Wer die Wipperfürther Neyesiedlung stadtauswärts über die Kreisstraße 13 in Richtung Bevertalsperre verlässt, der passiert kurz darauf die Ortslage Niederröttenscheid. Und dort, auf der linken Straßenseite, steht eine ganze Allee eigentümlich anmutender Bäume. Als erstes fällt eine Sequoia ins Auge, ein großer Mammutbaum mit starkem, sich keilförmig verjüngendem Stamm. Ein Baum, der eigentlich an der Küste Kaliforniens zu Hause ist, wie auch seine Nachbarin, eine mächtige Edel-Silbertanne. Japan ist die Heimat der Momi-Tanne und Veichts-Tanne - beide sind in Europa eher selten anzutreffen. Und auch eine Riesen-Tuja und eine Flusszeder sind in Niederröttenscheid zu finden.

Schließlich, nahe am Bauernhof von Renate Wolfgarten, steht noch eine Mammutbaum – allerdings eine andere Art: ein Urwelt-Mammutbaum. „Diese Baumart wurde erst 1947 in China entdeckt“, weiß die Landwirtin zu berichten. Und sie kann erzählen, wie die exotischen Bäume nach Niederröttenscheid kamen - nämlich über den Umweg über das Arboretum in Wuppertal (siehe unten) und dessen Begründer Heinrich Hogrebe.

Das Arboretum war Schuld

Mathilde Wurth (1923 bis 1988), die Tante von Renate Wolfgarten, stammt aus Niederröttenscheid. Sie leitete in Wuppertal ein Tagungshaus und ging in der Freizeit gerne mit ihrem Hund im Wald bei Burgholz spazieren, wo sie auch den Förster kennenlernte. Weil sich Wurth für die eigenartigen Bäume interessierte, bekam sie verschiedene Exoten-Sprösslinge geschenkt. Mit Hilfe ihres Bruders Siegfried Wurth pflanzte sie die kleinen Bäume im Jahr 1974 in Niederröttenscheid an.

In den vergangenen 44 Jahren sind die Exoten kräftig gewachsen. „Es gab auch immer wieder Rückschläge“, erinnert sich Renate Wolfgarten. Sie leitet heute denn Hof in Niederröttenscheid. An einigen Bäumen hätte der Sturm jedoch ganz schön genagt. Auch wenn die Baumexoten den meisten Wipperfürthern vertraut sind, werde sie auch heute immer mal wieder auf die „seltsamen Bäume“ angesprochen, erzählt Renate Wolfgarten.

Auch hinter ihrem Haus, wo sie einen Wald besitzt, hat die Bäuerin – nachdem Orkan Kyrill großen Schaden angerichtet hatte – aufgeforstet. Gepflanzt wurden vor allem Bäume, die wirtschaftlich nicht interessant seien, wie Esskastanie, Japankirschen und Hemlock-Tannen. „Beim Aufforsten nicht nur auf die Wirtschaftlichkeit zu gucken, das liegt in der Familie“, so die Landwirtin. Überhaupt sei Nachhaltigkeit für viele Bauern ein großes Thema, auch wenn die Öffentlichkeit das nicht so registriere und die Landwirte ein schlechtes Image hätten, bedauert Wolfgarten.

In Hückeswagen lebt Hans-Friedrich Hardt, Waldbauer und ebenfalls Experte für Baumexoten. Sein Großvater Fritz Hardt war mit Heinrich Hogrebe befreundet, beide waren Mitglieder der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, eines Vereins für Baumkunde. Auch Hardt senior pflanze Samen und Setzlinge von Bäumen, die im Bergischen eher selten zu finden waren. Dazu gehört eine Douglasie, die heute mit über 50 Metern Höhe die vermutlich größte Douglasie in ganz NRW.

Für Hans-Friedrich Hardt ist die Frage, welche einstmals exotischen Bäume auch im Bergischen gut zurechtkommen, aktueller denn je. Aufgrund des trockenen und heißen Sommers würden die Fichtenbestände sehr leiden - der Borkenkäfer habe dann ein leichtes Spiel. „Noch so ein Sommer und ein trockener Winter, und es ist aus mit den Fichten hier“, so Hardt. Andere Bäume, wie zum Beispiel die Douglasie, würden den Klimawandel viel besser verkraften.

Die Mammutbäume und das Arboretum in Wuppertal

Wie Fossilienfunde beweisen, gab es vor der letzten Eiszeit auch in Europa ausgedehnte Mammutbaumwälder. Heute existieren weltweit nur noch drei verschiedene Arten Mammutbäume.

Der Bergmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) ist auch als Riesenmammutbaum bekannt. Beheimatet ist er in Kalifornien, um 1850 kamen die ersten Samen nach Europa.

Der Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) wird wegen seiner rotbraunen Rinde auch Redwood genannt. Die größten Exemplare in Nordamerika sind über 100 Meter hoch.

Der Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides) wurde erst 1941 in Zentralchina wiederentdeckt. Er ist der einzige Mammutbaum, der im Herbst seine Nadeln abwirft.

Das Arboretum in Wuppertal

Burgholz weist heute auf einer Fläche von rund 200 Hektar über 100 Nadel- und Laubbäume aus drei Kontinenten auf. Schon 1820 wurden hier auf einer kleinen Fläche erstmals nicht einheimische Bäume angepflanzt. Maßgeblich geprägt wurde das Arboretum von den Förstern Heinrich Hogrebe (1913 bis 1998) und seinem Nachfolger Herbert Dautzenberg.

Hogrebe begann systematisch zu experimentieren, um herauszufinden, welche Baumexoten auch im Bergischen gedeihen. Ab 1958 legte er in Buchholz großflächige Kulturen an, mit Riesen-Lebensbäumen, Pazifischen Edeltannen und den verschiedenen Mammutbaum-Arten. Als Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG) und auf Auslandsreisen baute er sein Wissen weiter aus.

Auch wenn Hogrebes Versuche zunächst auf Widerstand stießen, allmählich verbreitete sich der Ruf des Reviers Buchholz. Anfang der 1970er Jahre erkannte die Landesforstverwaltung das Versuchsrevier offiziell an und entwickelte daraus das Arboretum Burgholz, dass größte deutsche Versuchsrevier zum Anbau exotischer Gehölze. Von 1973 bis 2010 leitete Herbert Dautzenberg das Revier.

In Burgholz gehen die Forscher verschiedenen Fragen nach: Welche ökologischen Ansprüche und Eigenschaften haben die Bäume? Wie ist es im Vergleich um die Wuchsleistung und die Qualität der Baumarten bestellt? Wie können die unterschiedlichen Holzarten verwendet werden? Das Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald erarbeitet derzeit eine Dokumentation und Beurteilung von fremdländischen Baumarten im Klimawandel.

Das Waldpädagogische Zentrum (WPZ) in Burgholz bietet darüber hinaus Führungen und Veranstaltungen für interessierte Laien an.

www.wald-und-holz.nrw.de/wald-erleben/infozentren/wpz-burgholz