Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Wenn Martha tanzt“Vier Ensembles bringen Roman von Wipperfürther Autor auf die Bühne

Lesezeit 4 Minuten
Martha_Premiere1

Lea Wagener überzeugte in der Rolle der Martha.

Wipperfürth – Donnerwetter! Martha kann nicht nur Töne als Figuren wahrnehmen, sie macht den Wipperfürthern auch ordentlich Lust auf einen Theaterabend. Rund 300 Zuschauer wurden am Samstagabend Zeuge, wie mehrere oberbergische Schauspielgruppen gemeinsam die Schauspiel-Version des Romans „Wenn Martha tanzt“ auf die Bühne brachten.

Ehrensache, dass für die Premiere die Alte Drahtzieherei am Wupperufer ausgewählt wurde – schließlich stammt die Vorlage aus der Feder des Wipperfürther Autors Tom Saller. Unter der Regie von Nicola Wild und Nelia Nusch verbanden die knapp 30 Schauspieler zwei Handlungsstränge und verknüpften das 21. Jahrhundert mit der Weimarer Republik.

Drei Darstellerinnen für Martha

Sven Popovici schlüpfte in die Rolle des Studenten Thomas, der 2001 nach New York reist, um das Tagebuch seiner Urgroßmutter Martha Wetzlaff für etliche Millionen Dollar versteigern zu lassen. Von seinem Blick über den Hudson auf die New Yorker Skyline schwenkte das Stück in vier Akten in das Leben der 100 Jahre zuvor geborenen Martha.

Gleich dreifach hatten die Theaterensembles „Theater für Kids“, „Chaostheorie“ und „unARTig“ aus Wipperfürth, sowie die Gummersbacher „Spielsucht“ die Hauptdarstellerin besetzt, um ausführlich in Marthas Leben abtauchen zu können. Ronja Schmitz übernahm die Rolle der kindlichen Martha. Lea Wagener hatte den größten Spielanteil und zeichnete Marthas Weg als junge Frau, begabte Studentin am Weimarer Bauhaus und schließlich Flüchtende vor der Roten Armee nach. Das Finale – das Zusammentreffen als 101-Jährige mit dem vermeintlichen Urenkel Thomas – gestaltete Gaby Weiß.

Martha-Premiere2

Mit großer Hingabe und viel Präzision brachten die Schauspieler das Stück auf die Bühne und erzeugten eine dichte Atmosphäre.

Die Besetzung bot ein auffällig breites Repertoire, bei dem nahezu jeder Charakter vertreten war. Angefangen beim kauzigen Vater Otto Wetzlaff (gespielt von Daniela Kuhn-Berger), der mit Prinz-Heinrich-Mütze und einer Engelsgeduld seiner Tochter das Interesse an der Musik näherbringen möchte. Weltenbummler Wolfgang (Bernd Gerigk-Unterstenhöfer) teilt Marthas Begeisterung für die „neue Zeit“ und bringt sie überhaupt erst auf die Idee, sich am Bauhaus zu bewerben.

Yannick Szlapka und Belana Floßbach mimten zwei Kommilitonen, die in einer politisch chaotischen Zeit handfest um den richtigen Kurs zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus streiten. Eric Bode wiederum spielt den einerseits stockkonservative Professor Bartels, der sich andererseits aber zu den Studentinnen hingezogen fühlt.

Sehenswertes gelang indes auch der Bühnentechnik. Durch einen halbdurchsichtigen Vorhang verfolgte das Publikum zum Beispiel die Liebesszene zwischen Martha und ihrer heimlichen Liebe Ella (Anna Raffelsieper) im Gegenlicht, die so sehr behutsam und diskret wirkte, aber auch durch die musikalische Untermalung in ihrer Bedeutung betont wurde. Ein kleiner Wermutstropfen war der in manchen Passagen zu leise Ton.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sehr intensiv und gut umgesetzt war die Tanzszene von Martha. In das reduzierte Bühnenbild war die Videoleinwand eingebunden. Durch geschickte Bildauswahl war dem Zuschauer sofort klar, wo die Handlung gerade spielte.

Lang anhaltender Applaus, zu dem sich die Zuschauer von ihren Sitzen erhoben, zeigten den Schauspielern, dass sie bei der Premiere eine tolle Vorstellung abgeliefert hatten. Zwei Jahre lang hatten die vier verschiedenen Ensembles untere den Corona-Bedingungen geprobt, per Videokonferenz habe das aber nicht geklappt, sagte Nicola Wild vom Kunstbahnhof, die alle Beteiligten auf die Bühne bat.

Es sei sehr schön, wie vor vollen Rängen spielen zu können, sagte sie hörbar bewegt nach der gelungenen Premiere. Sie dankte den Schauspielern sowie Nelia Nusch und Regisseur Kai Mönnich. „Endlich wieder Theater, endlich wieder Kultur “, so Wild, Künstler seien Kämpfer und trotzten auch der Corona-Pandemie. Nun freue man sich auf die nächsten Aufführungen.

Autor Tom Saller begeistert

Viel Lob für die Schauspieler und die gesamte Inszenierung spendete auch Autor Tom Saller, der mit seinem Roman „Wenn man Martha tanzt“ ein viel beachtetes und erfolgreiches Erstlingswerk veröffentlich hatte. Sichtlich begeistert und sehr bewegt verfolgt er das Stück am Samstagabend sichtlich aus der letzten Reihe. „Ich fühle mich sehr geehrt, dass mein Buch Vorlage sein darf und bin gespannt wie ein Flitzebogen“, hatte der Wipperfürther verraten, bevor sich der Vorhang lüftete.

Im Nachgang war Saller begeistert. „Die ersten zehn Minuten war ich gedanklich noch bei meinem Text, aber dann hat mich die Theaterversion komplett gepackt.“

Tom_Saller

Autor Tom Saller signierte sein Buch „Wenn Martha tanzt“.

Er habe seine Figuren wiedererkannt und auch viel Neues entdeckt. Besonders viele Lorbeeren vergab er an Martha-Darstellerin Lea Wagener. „Jeder Schauspieler hat es geschafft, seiner Figur einen eigenen Stempel aufzudrücken, das hat mir sehr imponiert“, betonte Tom Saller. Das Theaterstück spreche noch einmal ein anderes Publikum an und mache die Geschichte um die tanzende Martha noch populärer, freute sich der Autor.

Positiv vermerkte er auch, dass sich um Publikum zahlreiche jüngere Leute befanden. Saller war sehr ergriffen von der Umsetzung seiner Vorlage. Er habe Tränen in den Augen gehabt, bekannte er am Ende auf der Bühne, wohin ihn Nicola Wild gebeten hatte. Saller dankte dem ganzen Ensemble für diese Vorstellung und auch dem Publikum.