Blackrock-Chefstratege im InterviewSollte man jetzt in Aktien investieren?

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Symbolbild 

  • Wegen des Krieges in der Ukraine herrscht an den Aktienmärkten hohe Nervosität.
  • Martin Lück, Chefstratege beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, sagt im Interview mit Corinna Clara Röttker, was er Anlegern nun rät.

Herr Lück, der Krieg in der Ukraine belastet die Finanzmärkte stark. Wie häufig schauen Sie aktuell in Ihr Aktiendepot und schichten um?

Derzeit schaue ich schon oft in mein Depot. Aufgrund meines langfristigen Anlagehorizonts bleibe ich da aber ganz gelassen. Ohnehin ist es am besten, bei Kursstürzen nicht in Panik zu geraten. Denn wer panisch Aktien aus dem Depot wirft, macht damit mögliche aktuelle Buchverluste real.

Ist denn das Schlimmste an den Märkten schon überstanden?

Ich denke nicht. Vielmehr sind die Aktienmärkte momentan ein Stück weit zu positiv, weil wir die Folgen der wirtschaftlichen Konsequenzen aus dem Ukraine-Krieg überhaupt noch nicht kennen. Ein Lieferstopp für russisches Gas, Öl und Kohle dürfte beispielsweise die Energiepreise innerhalb kürzester Zeit bedeutend weiter nach oben treiben. Die ökonomischen Folgen daraus sind nicht absehbar. Ohnehin ist davon auszugehen, dass der Krieg die schon hohe Inflation weiter verschärfen wird und beispielsweise Nahrungsmittel noch deutlich teurer werden. Je länger der Krieg dauert, desto dramatischer werden die ökonomischen Folgen und spürbarer die Konsequenzen auch für die Menschen hierzulande. Zudem stecken wir noch immer in der Corona-Pandemie, was ebenfalls ein großer wirtschaftlicher Unsicherheitsfaktor darstellt. Die wirtschaftlichen Wachstumsprognosen werden in den nächsten Wochen und Monaten vermutlich weiter nach unten gehen mit entsprechenden Folgen für die Aktienmärkte.

Für Anleger also kein guter Zeitpunkt einzusteigen?

Das sogenannte Bottom-Fishing, also abgestürzte Aktien dann kaufen zu wollen, wenn sie ihr vermeintliches Tief erreicht haben, war noch nie eine gute Idee. Das haben bereits viele versucht und selbst Profis sich dabei eine blutige Nase geholt, weil es sie viel Geld gekostet hat. Der perfekte Moment zum Einstieg in den Markt oder zum Ausstieg aus einem Börsenengagement ist schlicht nicht vorherzusehen.

Was empfehlen Sie den Anlegern dann?

Zwei Dinge: Gerade in Zeiten wie diesen sollte Anlegern klar sein, dass Aktien langfristige Investitionen sind. Auch wenn wir alle darauf hoffen, aber der Krieg wird vermutlich nicht schnell vorbeigehen. Das heißt, wir müssen uns vorerst weiterhin auf stark volatile Märkte einstellen, in denen es immer wieder zu kurzfristigen Kursrücksetzern kommt. Wer etwas weniger Bewegung im Portfolio haben will, kann beispielsweise in defensivere Titel aus dem Gesundheits- oder Nahrungsmittelsektor umschichten.

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Solange aber niemand weiß, wie die geopolitischen Veränderungen und die neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen langfristig aussehen werden, rechne ich nicht mit nachhaltig höheren Aktienkursen. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich die Märkte wieder erholen werden, spätestens Richtung zweite Jahreshälfte.

Und zweitens?

Zweitens halte ich einen langfristig angelegten Sparplan für sinnvoll − vor allem für Anleger, die in einer unsicheren Phase wie jetzt erstmals vorhaben zu investieren.

Um im Zweifel von den Kursschwankungen profitieren zu können.

Wir reden hier vom sogenannten Cost-Average-Effekt oder Durchschnittskosteneffekt. Wer sein Geld regelmäßig investiert, beispielsweise monatlich 100 Euro, erhält für denselben Geldbetrag jeden Monat eine unterschiedliche Anzahl an Wertpapier-Anteilen. Anleger vermindern so das Risiko, eventuell einen ungünstigen Einstiegszeitpunkt zu erwischen. Zudem gleicht das regelmäßige Ansparen gleich hoher Beträge über einen langen Zeitraum die Schwankungen des Aktienmarktes weitgehend aus.

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