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Chef von Bastei Lübbe„Buchhandel steht vor größter Herausforderung der Geschichte“

Lesezeit 4 Minuten
Bücher

Die Coronakrise belastet auch den Buchhandel.

  • Der Kölner Verlag Bastei Lübbe steckt momentan mitten in der Neuausrichtung.
  • Wie sich die Corona-Krise auswirkt, wie die Zukunft aussieht und ob es Kurzarbeit geben wird - diese und weitere Fragen beantwortet Verlagschef Carel Halff.

Köln – Wird in der Corona-Krise mehr gelesen als vorher? Vorübergehend hatten wir bei Bastei Lübbe und in der Branche diesen Eindruck. Vor der Schließung der Buchhandlungen haben die Kunden ordentlich Bücher gehamstert. Ob das anhält, müssen wir abwarten.

Verschiebt Bastei Lübbe geplante Neu-Erscheinungen, wo die Buchhandlungen geschlossen sind und Sie kaum Autorenlesungen anbieten können?

Von Einzelfällen abgesehen nicht. Einige internationale Lizenzgeber verschieben aber die Veröffentlichungstermine. Das gilt auch für den Herbst.

Zur Person

Carel Halff  wurde 1951 im niederländischen Haarlem geboren, lebt aber seit seinem 10. Lebensjahr in Deutschland. In Köln besuchte er ein Gymnasium und absolvierte hier anschließend eine Lehre als Verlagskaufmann. Karriere macht er bei Verlagen, die in Weltbild aufgingen, und bei Weltbild.

Seit November 2017 steuert er Bastei Lübbe und konzentrierte den Verlag wieder auf das Kerngeschäft rund um Bücher. Ende des Jahres hört er als Bastei-Chef auf, bleibt dem Verlag aber als Berater verbunden. (raz)

Wie ordert der Buchhandel denn?

Der Buchhandel steht vor der größten Herausforderung der Geschichte. Er geht aber sehr kreativ damit um. Er verkauft Bücher auch online und ist zusammen mit Bastei Lübbe etwa in den sozialen Medien unterwegs. Bastei Lübbe hatte einen sehr guten Start ins Jahr. Auch im März lagen wir noch über dem Plan und über den Vorjahreszahlen.

Können Sie ihre Partner im Handel unterstützen etwa durch großzügigere Zahlungsziele?

Ja! Wir haben unsere Partner im Handel proaktiv angerufen. Es gibt momentan eine große Solidarität in der Branche. Einige haben das Angebot von verlängerten Zahlungszielen gerne angenommen. Einige große Partner haben darauf verzichtet und gesagt, dass wir lieber die Kleinen unterstützen sollten. Auch das ist ein Zeichen von Solidarität.

Wie laufen denn die Geschäfte von Bastei Lübbe?

Bislang gut, wir sind auf den April gespannt. Wir haben Szenarien, aber derzeit wäre jede Voraussage sehr spekulativ. Bastei Lübbe hat früh auf den Online-Handel gesetzt, und dabei nicht nur auf Amazon. Wir werden also nicht zu 100 Prozent durch die Schließung von Buchhandlungen getroffen, sondern vielleicht zu 40 Prozent.

Das Unternehmen

In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres (31.3.) sank der Umsatz von Bastei Lübbe um 3,9 Prozent auf 70,6 Millionen Euro, Wegen einer Abschreibung auf einen Anteil von 51 Prozent am Spieleentwickler Daedelic sank das operative Ergebnis (Ebit) um knapp zehn Millionen auf minus 8,2 Millionen. (raz)

Wie hoch ist Ihr Digitalanteil?

EBooks machen etwa 30 Prozent der Umsätze aus. Und mit Onlinehändlern machen wir deutlich mehr Umsatz als die Branche, die etwa bei einem Anteil von 20 Prozent liegt.

Trifft Sie die Pandemie besonders, wo Bastei Lübbe zuletzt Abschreibungen auf den Spieleentwickler Daedelic vornehmen musste und in die roten Zahlen gerutscht ist?

Wir haben eine herausfordernde Situation, das will ich gar nicht kleinreden. Aber unser Kerngeschäft mit Büchern, das etwa 80 Prozent unserer Umsätze ausmacht, läuft gut. Wir haben derzeit viele Titel auf den unterschiedlichen Bestenlisten, darunter drei auf Platz 1. Die Wertberichtigungen sind bedauerlich, aber nicht zahlungswirksam. Sie beeinflussen uns auf dem weiteren Weg nicht anhaltend negativ.

Gibt es Fortschritte bei Daedelic?

Wir kommen voran. Daedelic unterzieht sich einer Restrukturierung und baut auch Arbeitsplätze ab. Bastei Lübbe hält 51 Prozent an dem Spieleentwickler und sucht weiter einen Interessenten für diesen Anteil. Dabei sind wir aber derzeit durch die Corona-Krise gehandicapt.

Sie haben seit November 2017 Bastei Lübbe neu ausgerichtet. Bedroht die Corona-Krise die Sanierungserfolge?

Nein! Niemand weiß aber, wie sich die Krise entwickelt. In einem mittleren Szenario gehen wir davon aus, dass die Buchhandlungen Anfang oder Mitte Mai wieder öffnen dürfen. Dann werden wir nicht alle Umsätze aus dem April wieder aufholen können. Existenzbedrohend wäre das aber nicht.

Gravierend wäre, wenn die Buchhandlungen viele Monate geschlossen blieben. Wir hatten für das jetzt angelaufene Geschäftsjahr konservativ geplant und waren von einem ordentlichen organischem Wachstum ausgegangen sowie von einer Verbesserung beim Ergebnis. Den Einfluss der Corona-Krise können wir nicht exakt beziffern.

Müssen Sie die Sparmaßnahmen verstärken?

Im Moment nicht. Wir haben mit dem Betriebsrat vom 10. bis um 19. April Betriebsferien vereinbart. Die Mitarbeiter bekommen ihr volles Gehalt, müssen aber in der Woche nach Ostern vier Urlaubstage nehmen. Das geht vom Jahresurlaub ab, aber wir haben die Mitarbeiter ausgeruht wieder an Bord, wenn die Geschäfte hoffentlich wieder anziehen.

Planen Sie Kurzarbeit?

An Kurzarbeit werden wir nicht vorbeikommen, wenn die Läden im Mai oder gar im Juni noch geschlossen sind.

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