Deutz AG in KölnScharfe Kritik an der plötzlichen Ablösung des Vorstandschefs

Der Hauptsitz des Kölner Maschinenhersteller Deutz AG in der Ottostraße im Stadtteil Eil.
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Köln – „Die aktuelle Situation bei der Deutz AG ist ein Desaster auf ganzer Linie – sowohl was die Vorstandskrise als auch die Unternehmenskommunikation angeht“, wird Dietmar Erlebach, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) deutlich. Man müsse nur einen Blick auf den Börsenkurs werfen mit zeitweisen Kurseinbrüchen von zehn Prozent und mehr. „Die hektische Veränderung in der Führung, verbunden mit der Ablösung des Vorstandschefs, sehen wir daher ausgesprochen kritisch“, so Erlebach. Dabei habe man bei der letzten Jahreshauptversammlung den Eindruck gewonnen, dass das Unternehmen mit Herrn Hiller „strategisch auf einem ganz guten Weg ist“.
Kritik auch an der Form der Kommunikation
Die Deutz AG hatte am vergangenen Samstag mitgeteilt, sich mit sofortiger Wirkung von ihrem bisherigen Vorstandschef Frank Hiller (53) zu trennen, der seit 2017 den renommierten Kölner Motorenbauer leitete. Ersetzt wird er von dem 43-jährigen bisherigen Finanzvorstand Sebastian Schulte (die Rundschau berichtete). DSW-Sprecher Erlebach kritisiert aber nicht nur die Ablösung Hillers, sondern auch, wie dies in den vergangenen Tagen kommuniziert wurde. „So etwas muss man intern und geordnet regeln. Zudem hat man sich auch hinsichtlich der notwendigen Besetzung des Vorstandes mit einer Frau ohne Not in Zugzwang gebracht“, so Erlebach weiter.
Auch eine Frau soll nun in den Vorstand
Die Deutz AG hatte am Samstag ebenfalls mitgeteilt, dass sie den Vorstand wieder mit vier Mitgliedern besetzen wolle und dazu eine Frau berufen werde, um der gesetzlichen Vorgabe des zweiten Führungspositionen-Gesetzes (FüPoG) zu entsprechen. Hiernach müssen börsennotierte Unternehmen wie die Deutz AG spätestens bis zum August 2022 bei vier Vorständen mindestens eine Frau berufen. Im letzten Jahr noch wechselte der neue Vorstandsvorsitzende Sebastian Schulte auf den Finanzchefposten. Damals wurde die Gelegenheit verpasst, das nun drängende Problem zu vermeiden. Das Unternehmen entgegnete der massiv aufkommenden Kritik am Montag, dass die Suche nach einer Kandidatin bereits eingeleitet sei. „Wir agieren völlig gesetzeskonform und haben nach August bis zur nächsten turnusmäßigen Vertragsverlängerung eines Vorstandsvertrages Zeit“, so Sprecher Christoph Ludwig. Andere börsennotierte Unternehmen aus der Region wie Lanxess, Bayer, Deutsche Post oder Telekom haben längst die Frauenquote in ihren Vorständen umgesetzt.
Für DSW-Sprecher Dietmar Erlebach kommt die aktuelle Führungskrise bei der Deutz AG zur Unzeit. „Das Unternehmen befindet sich wegen der Corona-Krise sowieso in einer schwierigen Lage, die eigentlich eine Bündelung der Kräfte verlangt hätte.“ Tatsächlich hatte Deutz in 2020 einen Verlust nach Steuern in Höhe von 110,6 Millionen Euro eingefahren. Trotz der Gewinne in zweistelliger Millionenhöhe in den ersten drei Quartalen 2021 steht das Unternehmen noch längst nicht wieder da, wo es vor der Corona-Krise stand.
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Der Deutz-Vorstand hält trotz dieser Bilanz an seiner bereits im letzten Jahr, noch unter Frank Hiller ausgegebenen Strategie fest. „Für die kommenden zehn bis 15 Jahre werden Verbrennungsmotoren in unserem Hauptkundensegment Landwirtschaft und Bau weiter benötigt. Wir rechnen damit, dass alternative Antriebe in zehn Jahren rund 50 Prozent unseres Umsatzes ausmachen werden. Hier sehen wir uns mit der weiteren Entwicklung von Wasserstoff-betriebenen Motoren und Elektromotoren gut aufgestellt“, so Unternehmenssprecher Ludwig.
Hauptversammlung Ende April wieder virtuell
Nicht zuletzt wegen des fallenden Kurses von rund 30 Prozent in den vergangenen sechs Monaten werden die Aktionäre viele Fragen haben, davon geht auch der Vorstand aus. Die kommende Hauptversammlung Ende April wird corona-bedingt allerdings wieder virtuell stattfinden. Fragen müssen von den Aktionären daher zwei Wochen vorher eingereicht werden – und Nachfragen werden aus technischen Gründen nicht möglich sein. Der Vorstand entgeht damit einer möglichen heftigen Debatte. Für die DSW ein echtes Problem: „Eine virtuelle Hauptversammlung schränkt die Rechte der Aktionäre zu stark ein. Es fehlen die persönlichen Kontakte und die Möglichkeiten, kritische Nachfragen zu den wichtigen Fragen im Unternehmen zu stellen. Wir kritisieren daher die Verlängerung der Corona-Gesetzgebung bis August 2022“, so Erlebach.