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Ein echter Lichtblick für KölnFord baut das E-Auto für Europa am Rhein

Lesezeit 4 Minuten
Ford Logo Köln dpa

 Ein Schild mit dem Ford-Logo steht vor dem Werk in Köln.

Dearborn/Köln – Für den Ford-Standort in Köln gab es am Mittwoch die lange schon erhoffte gute Nachricht: Das erste in Europa in Serie gebaute Elektroauto von Ford rollt in Köln vom Band. Am Mittwoch entschied das Board des Konzerns über den Standort und gab Köln den Zuschlag, wie diese Zeitung erfuhr. Bis zum Druck dieser Ausgabe war freilich keine offizielle Bestätigung vom Konzern zu erhalten. Eine Ford-Sprecherin in Köln wollte am Abend keinen Kommentar abgeben, Betriebsratschef Martin Hennig sagte, er wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen.

Köln war klarer Favorit im Rennen um das E-Auto. Hier gibt es erfahrene und gut ausgebildete Mitarbeitende, die teils schon Erfahrung mit E-Autos haben. Sie haben den großen Streetscooter auf Transit-Basis für die Post montiert. Und es schadet bestimmt nicht, dass Marelli in einer gemieteten Halle auf dem Gelände der Ford-Werke in Niehl elektrische Antriebe fertigt. Angeblich gab es auch bereits vorbereitende Arbeiten im Werk. Aber wirklich aufatmen kann der Standort erst jetzt.

Gute Nachrichten zuletzt rar

Eine gute Nachricht hatte er auch bitter nötig. Der Kleinwagen Fiesta tut sich immer schwerer. Das Schicksal teilt er freilich mit anderen Fahrzeugenm in dem Segment. Umweltauflagen, die eine teure Abgasreinigung oder zusätzliche Elektromotoren zur Unterstützung der Verbrenner erfordern, machen diese Autos relativ teuer. Noch kleinere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor wie der Ka+ von Ford sind schon längst aus den Schauräumen verschwunden. Da musste ein Nachfolgemodell her, wenn der aktuelle Fiesta eingestellt wird, von dem zuletzt noch gut 160 000 Fahrzeuge im Jahr im Zwei-Schicht-Betrieb montiert wurden, trotz Kurzarbeit und Lockdown. Jetzt sichert eine Milliarden-Investition, die nach Köln fließt, Jobs auf Jahre. Ab 2023 entsteht hier ein Auto auf Basis der Plattform des ID3 von VW. Das haben Ford und VW unter anderem in einer Kooperationsvereinbarung im Juni des abgelaufenen Jahres festgezurrt. Das Auto „soll ein großzügiges Platzangebot mit den Vorzügen des Elektroantriebs kombinieren“, so Ford damals. Mehr wird nicht verraten. Entworfen und konstruiert wird das neue Fahrzeug im Entwicklungszentrum in Köln-Merkenich.

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600.000 Autos auf der sogenannten MEB-Basis von VW will Ford bauen, also vielleicht 100 000 Fahrzeuge pro Jahr. Das sind deutlich weniger als beim aktuellen Fiesta. Da bezweifelt der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach, dass alle rund 16 500 Jobs in Köln gesichert werden.

E-Autos haben auch weniger Teile. Zylinder, Kolben, Kurbelwellen gibt es hier nicht. Und auch das Getriebe ist einfacher. Weniger Teile erfordern etwa 20 Prozent weniger Mitarbeitende, nannte der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach als Faustformel für E-Autos. 

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„Ein großzügiges Platzangebot“ verspricht Ford. Die MEB- Plattform von VW erlaubt einen relativ großen Innenraum bei kompakten Außenmaßen. Der Elektromotor sitzt hinten, da können die Vordersitze noch vorne gerückt werden. Bei Focus-Außenmaßen ergibt das einen Innenraum wie im Passat oder Mondeo. Möglich sind ein größerer Radstand sowie kurze Überhänge vorne und hinten, die die Autos dynamisch aussehen lassen. Die Batterie in der Bodenfläche sorgt für die derzeit beliebte erhöhte Sitzposition, die gleichmäßige Gewichtsverteilung für gutes Fahrverhalten. (raz)

Und das Herzstück liefert VW. Damit werden ein Teil der Jobs bei VW angesiedelt, und Ford muss Lizenzgebühren zahlen, was die Gewinnmargen drückt. Ford brauche längerfristig eine eigene E-Plattform, wenn der Autobauer unabhängig bleiben wolle, so Bratzel. Auch in unterschiedlichen Fahrzeug-Segmenten müsse Ford arbeiten und brauche eine ganze Modellfamilie.

Ford setzt auf das E-Auto und das autonome Fahren. Bis 2025 will Ford 22 Milliarden Dollar in die E-Mobilität investieren, kündigte Vorstandschef Jim Farley bei der Vorlage der Zahlen für das vierte Quartal zuletzt an. Weitere sieben Milliarden steckt Ford ins autonome Fahren. 2020 litt Ford wie andere Autobauer unter der Corona-Pandemie und verbuchte einen Umsatzrückgang um 18 Prozent auf 127,1 Milliarden Dollar. Unterm Strich fiel ein Verlust von 1,3 Milliarden Dollar an, nachdem es im Vorjahr noch eine schwarze Null gegeben hatte.

In Europa sank der Umsatz um 20 Prozent auf 22,6 Milliarden. Operativ erlitt Ford einen Verlust von 834 Millionen Dollar. Die Lust auf neue Autos in Europa dämpfte die Pandemie, außerdem belasteten der Brexit und Batterieprobleme beim Plug-In-Kuga, für den es zeitweise einen Verkaufsstopp gab. Für das vierte Quartal konnte Ford in Europa aber einen Operativen Gewinn (Ebit) von 414 Millionen ausweisen.