Mal fehlt eine bestimmte Schokolade in den Supermarkt-Regalen oder Tierfutter oder Coca-Cola. So geht es seit Wochen. Nicht Lieferengpässe sind der Grund: Handel und Hersteller von Lebensmitteln rangeln um die Preise.
Streit um PreiseDarum fehlen manche Marken im Supermarkt-Regal

Handelsmarken statt Markenwaren. Die Kunden sparen - und suchen sich Alternativen, auch weil Handel und Hersteller um die Konditionen streiten und die Markenwaren nicht in den Regalen ist.
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Der Streit von Edeka mit Coca-Cola um Preise und Lieferungen landete gar vor Gericht. Warum dieRegale zwischenzeitlich leer blieben, erklärte Edeka seinen Kundinnen und Kunden auf einem Hinweisschild. Der Erfrischungsgetränkeriese sei nicht lieferfähig, hieß es darauf. Kein Einzelfall: Der Streit um Preise tobt in der ganzen Branche. Ende offen.
Bei einer hohen Inflation werden Fehler richtig teuer.
„Die Preisauseinandersetzungen zwischen dem Handel und den Herstellern von Lebensmitteln sind noch nicht vorbei“, sagt Thomas Roeb, Handelsexperte an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Derzeit werde die Auseinandersetzung um Preise besonders intensiv geführt, weil viel auf dem Spiel stehe, so Roeb. „Bei einer hohen Inflation werden Fehler richtig teuer“, so der Hochschullehrer. Der Hersteller solle sich auf Preise des kommenden Jahres festlegen, ohne die Kosten für das kommende Jahr genau zu kennen.
Unter Druck stehen beide. Teurere Rohstoffe und Energie belasten die Hersteller. Gestiegene Energiepreise muss auch der Handel schultern, wo Kühltruhen oder aufwendige Beleuchtung ins Geld gehen. Dreht er kräftig an der Preisschraube, könnten die Kunden wegbleiben. Da gibt es wenig Verhandlungsspielraum auf beiden Seiten.
Kampf der Großkonzerne
Beide Seiten können die Muskeln spielen lassen. Die großen Lebensmittelhändler Edeka und Rewe mit ihren Discountern Netto und Penny, Aldi und die Schwarzgruppe mit Lidl und Kaufland kommen laut Bundeskartellamt auf eine Marktanteil von 85 Prozent in Deutschland. Ihnen gegenüber stehen weltweit agierende Konzerne wie Mars mit Marken wie Wrigley, Frolic oder Twix oder Mondelez –früher Kraft Foods -, die Milka, Miracel Whip oder Philadelphia im Angebot haben.
Mars meldete zuletzt für 2021 einen Umsatz von 45 Milliarden Dollar inklusive des Geschäfts mit Tierkliniken und liegt damit vor Coca-Cola. Mondelez erlöste gut 28,7 Milliarden Dollar. Sie haben klangvolle Namen und attraktive Produkte im Angebot. Dennoch wird gerangelt. „Unentbehrlich für den Handel schienen bislang nur die sehr bekannten Marken. Aber auch die werden inzwischen in ihrer Bedeutung von Handel in Frage gestellt“, so Roeb.
Händler forcierten den Verkauf von Eigenmarken schon seit Jahren. Gut gemanagt seien die wirtschaftlich interessant und auch gut für das Image. Der Marktanteil von Eigenmarken habe seit Jahren zugelegt, und ihr Anteil könnte weiter wachsen.
Handelsmarken sind im Aufwind
Handelsmarken stehen noch für weniger als 40 Prozent des Umsatzes. Aber der Wind hat sich gedreht. „Haben sich Konsumenten während des Corona-Lockdows gerne etwas gegönnt und zu teureren Markenprodukten gegriffen, sind viele Haushalte jetzt gezwungen, stärker auf den Preis zu achten, wovon Handelsmarken nun stark profitieren“, sagte Martin Mattes, Partner im Konsumgüterbereich von Simon-Kucher.
Für 62 Prozent der Befragten in Deutschland ist der Preis beim Einkauf wichtiger geworden, hat das Beratungsunternehmen in einer aktuellen Studie ermittelt. 48 Prozent griffen überwiegend oder fast ausschließlich zu Handelsmarken anstatt zu klassischen Markenprodukten. Gerade bei Trockenprodukten wie Obst- und Gemüsekonserven, aber auch bei Wasch- und Putzmitteln sowie Kosmetikartikel werde verstärkt zu Handelsmarken gegriffen. (Marken-) Qualität und Nachhaltigkeit haben laut Mattes an Bedeutung verloren, ergab die Studie.
Dabei stehen auch die Hersteller der Handelsmarken unter Druck, gestiegene Kosten an den Handel weiterzugeben. „Vor allem bei kleineren oder mittelständischen Herstellern mit einem Gewinn von vielleicht drei Prozent des Umsatzes kann ein Fehler den ganzen Jahresgewinn kosten“, so der Handelsexperte Roeb. Und im Gegensatz zu den großen Playern unter den Herstellern haben sie geringere finanzielle Polster für einen harten Streit mit dem Handel.