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InterviewHandwerkspräsident: „Das schaffen viele Betriebe nicht“

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Finanzielle Unterstützung bis März: Der Handwerkspräsident schlägt vor, die energieintensiven Betriebe bis zur Gaspreisbremse im kommenden März finanziell zu unterstützen.

Finanzielle Unterstützung bis März: Der Handwerkspräsident schlägt vor, die energieintensiven Betriebe bis zur Gaspreisbremse im kommenden März finanziell zu unterstützen.

Köln – Der Präsident des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, sagt: Für viele mittelständische Betriebe kommt das vierte Entlastungspaket bereits zu spät. Im Interview mit Rena Lehmann spricht er darüber, was sie noch retten könnte.

Herr Wollseifer, wie sehen die Handwerksbetriebe dem Winter entgegen?

Sehr viele Betriebe sehen dem Winter mit großer Sorge entgegen. Die Expertenkommission hat nun zwar erste Vorschläge vorgelegt für Entlastungen – die Übernahme des Dezember-Abschlags und die Gaspreisbremse ab März. Das ist gut, aber für unsere energieintensiven Betriebe zu wenig und zu spät.

Warum?

Wir haben schon jetzt eine dramatische Situation in den energieintensiven Betrieben. Die Übernahme des Dezember-Abschlags wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit können die Betriebe nur anteilig die hohen Mehrkosten kompensieren, die sie in diesem Jahr gehabt haben. Bis März dann ohne Hilfen durchzuhalten – das schaffen viele Betriebe nicht.

Können Sie Beispiele nennen?

Wir sprechen nicht über 20 oder 40 Prozent Mehrkosten, wir sprechen über teils verachtfachte monatliche Abschläge für Energie. Da haben die Betriebe keine Chance, auch wenn sie eigentlich gut dastehen.

Was schlagen Sie vor als Hilfe?

Wir brauchen unbedingt Hilfen für Januar und Februar, mit denen die energieintensiven Betriebe bis zur Gaspreisbremse im März unterstützt werden. Aktuell besteht hier eine echte „Unterstützungslücke“. Wir müssen für Januar und Februar eine Härtefallbrücke bauen. Unser Vorschlag ist, dass der Staat für Januar und Februar die Hälfte des Abschlags bei Strom und Gas übernimmt. Das wäre einfach zu machen, weil es ja ähnlich funktionieren würde wie die Übernahme des Dezember-Abschlags. Wir wollen keine Subventionierung mit der Gießkanne, uns geht es darum, die Betriebe zu retten, die an sich gesund sind, aber die die externen Schocks ohne Unterstützung nicht verkraften können und sonst schließen müssten.

Wie viele und welche Betriebe wären das?

Betroffen sind besonders Bäcker, Konditoren, Metzger, Brauer, Galvaniseure, Oberflächenveredler, Textilreiniger und Kfz-Werkstätten, um nur einige besonders betroffene Gewerke zu nennen. Auch Metallbauer und einige mehr zählen dazu. Das sind Tausende Betriebe. Die Textilreiniger warnen bereits davor, dass sie Krankenhäuser und Altenheime nicht mehr mit hygienisch frischer Wäsche beliefern können.

Kommt das vierte Entlastungspaket noch rechtzeitig?

Wir haben schon Ende August darauf gedrungen, endlich auch die kleinen und mittleren energieintensiven Handwerksbetriebe zu entlasten. In diesen Betrieben wie im Handwerk insgesamt sind mehrere Millionen Menschen beschäftigt. Es braucht dieses Signal, um wirtschaftliche und soziale Verwerfungen zu verhindern. Wir dürfen nicht zulassen, dass Betriebe völlig unverschuldet in die Insolvenz gehen müssen oder aber aus Perspektivlosigkeit schlicht ihre Tore schließen. Staatliche Hilfen, um das zu verhindern, sind die beste Sozial- und Arbeitsmarktpolitik – alles andere dürfte noch teurer werden, weil bei Betriebsschließungen die Steuern und Sozialabgaben wegfallen und zugleich Kosten für die Arbeitslosigkeit Tausender entstehen.

Warum wurden Sie bisher nicht erhört?

Die Bundesregierung handelt jetzt mit dem vierten Entlastungspaket. Aber das ist für viele Betriebe schon reichlich spät. Für nicht wenige bereits zu spät. Die Regierung handelt nicht schnell genug. Jetzt müssen Taten folgen: Was nützt ein Rettungsschirm von 200 Milliarden Euro, wenn er nicht aufgespannt ist? Es ist die Aufgabe aller drei Ampel-Parteien, Schaden von der Wirtschaft und den Betrieben abzuwenden. Es braucht Taten und Mut zur Entscheidung. (red)

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