Vorwerk-Chef im Interview„Thermomix-Kopien sind auch ein Ansporn“

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In einer Versuchsküche im Werk wird mit dem Thermomix TM5 von Vorwerk ein Essen zubereitet.

Köln – Zunächst waren es vor allem Staubsauger, die Vorwerk-Vertreter in die Haushalte brachten. Inzwischen haben sich Angebot und Vertrieb gewandelt. Aber ist Direktvertrieb noch zeitgemäß? Ja, sagt Martin Eckert, Chef von Vorwerk Deutschland, im Interview mit Nina Kallmeier. Herr Eckert, Vorwerk setzt bis heute auf Direktvertrieb. Viele haben da ein Bild zwischen Loriot und Tupperparty. Martin Eckert: Menschen, die diese Vorstellung haben, haben schon lange keine Staubsaugervorführung mehr mitgemacht. Wir verkaufen Produkte, die 1000 Euro und mehr kosten, da erwartet der Kunde eine kompetente und individuelle Beratung, die auch dem Preis entspricht. Und die er nicht im Elektromarkt um die Ecke bekommt, wo der Berater Kunden nicht nur zu Staubsaugern, sondern auch bei Smartphones und Fernsehern berät. Die Tatsache, dass die Verkaufszahlen sowohl beim Thermomix als auch bei unserem Staubsauger, der gleichzeitig saugt und wischt, deutlich steigen, zeigt, dass der Direktvertrieb auch heute noch funktioniert. Bei Staubsaugern gibt es eine Art Sonderkonjunktur. Viele tauschen ihre Geräte mit Schnur durch kabellose Akku-Staubsauger aus. Die alten Staubsauger werden dann oft an die Kinder weitergegeben.

Also doch ein bisschen Loriot: „Es saugt und bläst der Heinzelmann,…“?

Eckert: Ich gebe Ihnen Recht, dass viele natürlich den Loriot-Sketch vor Augen haben. Wobei die Zeiten, in denen die Frau als Hausfrau zuhause gesessen hat, lange vorbei sind. Eine Vorführung sieht bei uns heute anders aus.

Wer macht für Vorwerk heute den Direktvertrieb der Produkte?

Eckert: Beim Thermomix sind das insgesamt rund 25000 Repräsentantinnen und Repräsentanten in Deutschland, jedoch vor allem Frauen. Sie sind „heavy user“ und verkaufen unsere Geräte meist nebenberuflich. Anders ist es bei unseren Staubsaugern. Da haben wir knapp 3000 Beraterinnen und Berater, die das zum größten Teil hauptberuflich machen.

Gerade in der Corona-Zeit informieren sich viele nicht nur online, sondern bestellen auch dort. Bei Vorwerk ist das – zumindest beim Thermomix – noch immer nicht möglich. Ist das noch zeitgemäß?

Eckert: Wir sind Direktvertrieb. Das, was das Unternehmen heute ist, ist das Verdienst  der Außendienstmitarbeiter über die letzten 50 Jahre. Das ist die Basis unseres Erfolgs, gestern, heute und auch morgen. Bei Staubsaugern haben wir nun angefangen, online zu verkaufen, allerdings profitiert der Berater trotzdem, ebenso wie beim Kauf des Kunden in einem der 58 Shops. Es kaufen aber deutlich mehr über einen Berater, der derzeit die Gespräche vor allem über digitale Kanäle führt. Den Thermomix kann man tatsächlich noch nicht online kaufen.

Es wird nicht nur digital eingekauft, sondern auch zunehmend auf digital vernetzte Geräte gesetzt. Kommuniziert der Thermomix schon mit meinem Kühlschrank und bestellt die Zutaten fürs Abendessen?

Eckert: Nein, das macht der Thermomix nicht, auch wenn man über das Gerät seine Einkaufsliste aufs Handy schicken kann. Aber muss er das auch? Es muss doch darum gehen, dort zu digitalisieren, wo es relevant ist. Und nicht um eine Digitalisierung nur um zu digitalisieren. Wir haben zum Beispiel einen Saugroboter, der sich per Smartphone steuern lässt. Das ist sinnvoll. Aber einen Handstaubsauger, was will man da digital steuern? Vielleicht bin ich da etwas altmodisch, aber sicherlich nicht weniger digital.

Was ist für Sie relevant in der Digitalisierung?

Eckert: Nehmen Sie Spotify. Dort wird dem Nutzer auf Basis seines Hörverhaltens Musik angezeigt, die ihn auch interessieren könnte. So etwas ist auch auf das Kochen übertragbar. Wie kocht jemand unter der Woche? Daraufhin könnten ihm Vorschläge für die kommende Woche gemacht werden. So etwas ist sinnvoll.

Den Thermomix haben mittlerweile auch Discounter für sich entdeckt und verkaufen erfolgreich günstigere Nachahmer-Produkte. Wie sehr ist das für Sie ein Ärgernis – oder zeigt das eher die Relevanz Ihres Produkts?

Eckert: Wir freuen uns natürlich nicht, wenn unsere Ideen und Geräte kopiert werden. Gleichzeitig ist es für uns aber auch ein großer Ansporn, immer weiter voranzugehen und Innovationen zu entwickeln. Wir erleben es aber oft, dass Menschen, die ein Billiggerät gekauft haben, hinterher doch zum Original greifen, weil sie nicht zufrieden waren.

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Nachdem zwei Jahre lang die Absatzzahlen beim Thermomix sehr zurückgegangen waren, inwieweit profitiert Vorwerk heute vom Trend zum Kochen?

Eckert: Es ist sicherlich der 2019 eingeführte neue Thermomix TM6, von dem wir heute profitieren. Dass die Zahlen wieder gestiegen sind, hat aber auch mit der Anzahl der Repräsentantinnen und Repräsentanten zu tun, die für uns verkaufen. Je mehr es sind, desto mehr Umsatz kann erzielt werden. Das ist im Direktvertrieb ein wichtiger Faktor. Damals hatten wir etwa 12000 Repräsentantinnen, heute sind es mit 25000 mehr als doppelt so viele. Aber auch vom Trend zum Kochen profitieren wir. Statt mit 17 Teilen kann mit einem alles gemacht werden. Ich glaube, diese Einfachheit mögen die Leute. Die Welt ist komplex genug, da muss man sich nicht beim Kochen verheddern. Das gilt auch für mich, wenn ich mich an asiatischer Küche versuche.

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