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Urteil des OLG DüsseldorfFreispruch für die Kölschbrauer im Kartellverfahren

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Kölsch

Ein Köbes trägt Kölsch-Bier aus. 

Köln/Düsseldorf – Im jahrelangen Verfahren rund um ein Bierkartell gab es am Mittwoch Freisprüche für drei Kölsch-Brauereien sowie persönliche Verantwortliche. Verbotene Preisabsprachen in NRW hätten nicht nachgewiesen werden können, urteilte der 4. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Manfred Winterscheid. (Aktenzeichen V-4 Kart 4/16 OWi).

Die Kölsch-Brauer Früh, Gaffel und Erzquell waren an dem Verfahren waren als sogenannte Nebenbetroffene beteiligt. Als Betroffene waren zwei seinerzeit verantwortlich für sie handelnden Personen beteiligt; eine vormalig beteiligte weitere Person ist verstorben.

Prozess gegen Kölschbrauer: Zeugen erinnern sich nur vage

Der Senat hörte insgesamt 14 Zeugen. An die angeblichen Bierpreisabsprachen der NRW-Brauereien glaubten sich lediglich zwei der insgesamt vierzehn Zeugen zu erinnern, so das Gericht. Dabei sei die Erinnerung des einen Zeugen zu vage, um eine Verurteilung wegen illegalen Verhaltens zu tragen.

Die Aussage des anderen Zeugen war nach Auffassung des Senats insgesamt chaotisch, von bizarren Verwechslungen geprägt und zum Teil falsch, so dass der Zeuge später seine Angaben korrigierte. Bei einem der Betroffenen konnte zudem nicht einmal festgestellt werden, dass er überhaupt an der Ausschusssitzung teilgenommen hat.

Das Bundeskartellamt hatte Anfang 2014 gegen mehrere Brauereien, Verbände und Verantwortliche wegen verbotener Preisabsprachen Geldbußen von insgesamt 338 Millionen Euro verhängt. 2006 und 2008 soll es nach Erkenntnissen des Bundeskartellamtes Absprachen gegeben haben, die eine Verteuerung beim Fassbier um fünf bis sieben Euro pro Hektoliter und beim Flaschenbier von einem Euro pro Kasten zur Folge hatten.

Preisabsprachen: Kölsch-Brauer gingen gegen Bußgeld vor

Ins Visier genommen hatten die Wettbewerbshüter Carlsberg, Bitburger, Krombacher, Veltins, Warsteiner, Barre, Radeberger, Bolten und die Kölsch-Brauer. Anheuser-Busch Inbev, unter anderem mit der Marke Beck's, war als Kronzeuge straffrei ausgegangen. Gegen den Bußgeldbescheid vorgegangen waren die Kölsch-Brauer, Carlsberg und zunächst auch Radeberger, die ihren Einspruch dann aber zurückgezogen hatten. Dem Unternehmen waren die Prozessrisiken zu hoch. Das OLG bemisst Bußgelder anders als das Bundeskartellamt, was zu einer deutlichen Erhöhung der Buße führen kann.

Jetzt hat das OLG Düsseldorf immerhin einen Schlussstrich unter einen Teilkomplex gezogen. Denn die Verfahren waren wegen unterschiedlicher Sachverhaltskonstellationen getrennt worden. Die Hauptverhandlung gegen die Köschbrauer hatten am 10. Juni begonnen. Heute gab es den 35. Hauptverhandlungstag.

Wegen der das Jahr 2006 betreffenden Vorwürfe wurde das Verfahren im Verlaufe der Hauptverhandlung eingestellt. Im Kern ging es noch um die Frage, ob die betroffenen Brauereien im Rahmen einer Sitzung des Wettbewerbsausschusses des Brauereiverbandes NRW Anfang September 2007 kartellrechtswidrige Preisabsprachen getroffen haben. Die Frage, ob andere (Groß-)Brauereien in einem eigenen Kartellkreis illegale Preisabsprachen getroffen haben, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Gegen das Urteil kann die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Früh spricht in einer Stellungnahme von einem erwarteten Freispruch. „Wir haben im fraglichen Zeitraum 2007 gar keine Preise erhöht, mussten aber trotzdem über Jahre hinweg viel Energie und Geld aufwenden, um die ungerechten Vorwürfe zu entkräften“, so Alexander Rolff, persönlich haftender Gesellschafter der Cölner Hofbräu Früh KG.

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Mit der heutigen Urteilsverkündigung seien nunmehr alle vom Kartellamt zu Unrecht erhobenen Vorwürfe ausgeräumt. Das hätte über Jahre in den Medien und auch vor Gericht gestützt auf einseitige Zeugenaussagen behauptet, führende nationale Pilsbrauer hätten sich bei der Preisfestsetzung mit den deutlich kleineren Kölner Herstellern abgestimmt.

Im Gegenzug seien diesen Zeugen für Ihre „Geständnisse“ erhebliche finanzielle Vorteile eingeräumt, teilweise in Millionenhöhe. „Wir sind froh, dass nun das Oberlandesgericht Düsseldorf diese unzulängliche Vorgehensweise durch umfangreiche Zeugenvernehmungen herausgearbeitet und durch eine entsprechende Urteilsfindung gewürdigt hat“, so Rolff.

Einspruch von Carlsberg noch nicht vom Tisch

Weiter verhandelt wird über einen Einspruch von Carlsberg. Der Brauriese, gegen den das Kartellamt eine Geldbuße von 62 Millionen verhängt hatte, will einen Freispruch. Verhandelt wird hier vor dem 6. Kartellsenat, nachdem an anderer Senat des Düsseldorfer Gerichts zu dem Ergebnis gekommen war, die Vorwürfe seien verjährt und das Verfahren eingestellt hatte. Der Bundesgerichtshof hatte diese Entscheidung 2020 aber aufgehoben.