200.000 Arbeitsplätze sollen verschwinden, ältere Mitarbeiter werden zu Kostenfaktoren degradiert. Der Panikmodus der Topmanager gefährdet das gesamte Wirtschaftsmodell Deutschland.
AbfindungszahlungenDeutschlands gefährlicher Kahlschlag – zwei bittere Wahrheiten

In vielen Unternehmen müssen ältere Mitarbeiter gehen – auch bei ThyssenKrupp. Foto: imago/Rupert Oberhäuser
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Allein die ganz großen Unternehmen im Land wollen an die 200.000 Arbeitsplätze abbauen – häufig so schnell wie möglich. Der Jobabbau – zumeist flankiert durch sehr üppige Abfindungsprogramme – zeigt das Ausmaß der Krise der Wirtschaft, insbesondere in der Industrie. Die Radikalität, mit der viele Topmanager derzeit vorgehen, verstört ein Stück weit und deutet mancherorts auf einen regelrechten „Panikmodus“ hin.
Nun ist die Gesamtlage am Arbeitsmarkt längst nicht so dramatisch wie in den Krisenbranchen Automobilbau, Maschinenbau und Chemie. Denn in vielen anderen Bereichen wachsen die Belegschaften der Firmen sogar. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt mit mehr als 35 Millionen auf einem Rekordwert – noch, muss man vermutlich anfügen.
Die aktuelle Entwicklung offenbart zwei bittere Wahrheiten: Erstens, die älteren Mitarbeiter, die unentwegt für ihr Können, die enorme Erfahrung sowie Zuverlässigkeit und Fleiß gelobt werden, haben jetzt wieder den Status des bloßen Kostenfaktors erreicht.
Sie gelten als zu teuer und werden häufig nur noch als finanzielle Last empfunden – mit der Folge, dass man sie schleunigst loswerden will. Das ist nicht nur respektlos und dramatisch für die ohnehin ächzenden Sozialkassen, es könnte sich im unaufhaltsam heraufziehenden Fachkräftemangel auch für die Unternehmen noch ganz bitter rächen.
Zweitens, dass andere Wirtschaftszweige – vornehmlich Gesundheit, Soziales und der öffentliche Dienst – Beschäftigung aufbauen, kann alles andere als ein Trost sein. So wichtig diese Bereiche auch für die Gesellschaft sind, Wohlstand entsteht in Deutschland immer noch vornehmlich durch das verarbeitende Gewerbe. Wenn die dramatische De-Industrialisierung des Landes nicht schnell und massiv abgebremst wird, drohen uns Wohlstandsverluste, wie wir sie uns heute noch gar nicht vorstellen können. Das gesamte „Wirtschaftsmodell Deutschland“ steht auf dem Spiel.

