Nach WarnstreiksSchlichter legen im Tarifkonflikt Empfehlungen vor

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Demonstranten der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stehen mit Plakaten vor dem Hauptbahnhof.

Im März hatten Verdi und der Beamtenbund dbb die Gespräche für gescheitert erklärt.

2,5 Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen sind von den Verhandlungen betroffen. Können Sonderzahlungen den Konflikt schlichten?

Im festgefahrenen Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes hat die Schlichtungskommission einen Vorschlag gemacht und damit die Verhandlungspartner unter Einigungszwang gesetzt. Ob die Arbeitgeber und die Gewerkschaften aber zustimmen, war zunächst offen. Am Samstag wollten sie erneut in Potsdam verhandeln. Scheitern die Gespräche doch noch, stünde eine Urabstimmung bevor.

Es geht um 2,5 Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen, die zuvor mit massiven Warnstreiks ihre Forderungen untermauert hatten. Die Schlichter haben nach Angaben der Tarifparteien vom Samstag zunächst Sonderzahlungen in mehreren Stufen vorgeschlagen. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden.

Die erste Sonderzahlung soll im Juni des laufenden Jahres fließen – und zwar in Höhe von 1240 Euro. Von Juli bis einschließlich Februar sollen monatliche Sonderzahlungen in Höhe von 220 Euro geleistet werden. Diese Zahlungen sollen ein Inflationsausgleich sein. Sie sollen sich auf insgesamt 3000 Euro belaufen und sind den Angaben zufolge steuer- und abgabenfrei. Die Laufzeit der Vereinbarung soll laut Schlichterspruch 24 Monate betragen mit Geltung ab Januar 2023.

Der Mix ist ein fairer Interessenausgleich, für den natürlich auch viel Geld in die Hand genommen werden muss.
Hans-Henning Lühr, Vorsitzender der Schlichtungskommission

Der Empfehlung wurde von der Schlichtungskommission mit „überwiegender Mehrheit“ zugestimmt. Der Vorsitzende der Schlichtungskommission, Hans-Henning Lühr, sagte: „Der Mix ist ein fairer Interessenausgleich, für den natürlich auch viel Geld in die Hand genommen werden muss.“

Der ehemalige Bremer Staatsrat Lühr war von der Arbeitnehmerseite als Schlichter benannt worden. Die Arbeitgeberseite hatte den ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt berufen. Auszubildende, Studierende und Praktikanten sollen laut Schlichtungsempfehlung in diesem Juni eine Sonderzahlung zum Ausgleich der Inflation in Höhe von 620 Euro sowie von Juli bis Februar 2024 monatlich 110 Euro bekommen. Ab März 2024 sollen die Ausbildungsentgelte um 150 Euro steigen.

Gewerkschaften und Arbeitgeber berieten zunächst getrennt voneinander über die Empfehlungen, bevor sie am Samstag in Potsdam zusammenkamen. Im Falle eines Scheiterns und einer erfolgreichen Urabstimmung könnten die Gewerkschaften zu Streiks aufrufen.

Im März erklärten Verdi und dbb Gespräche für gescheitert

Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten bereits in den vergangenen Monaten in drei Runden miteinander gerungen. Betroffen von der laufenden Tarifrunde sind unter anderem Erzieherinnen und Erzieher von Kitas, Beschäftigte von Müllabfuhr und Nahverkehrsbetrieben, Bodenpersonal an Flughäfen und Angehörige vieler anderer Berufe.

Im März hatten Verdi und der Beamtenbund dbb die Gespräche für gescheitert erklärt. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und das Bundesinnenministerium riefen daraufhin die Schlichtung an, mit der Hoffnung auf eine Lösung. Die Schlichter verhandelten wohl auf Grundlage des bisherigen Verhandlungsstands an einem geheimen Ort. Die Gespräche begannen vor Ostern und wurden am Freitagabend beendet. (mit dpa)

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