Abo

Nach Thomas-Cook-InsolvenzWas Urlauber jetzt wissen müssen

Lesezeit 5 Minuten
Thomas Cook Reisende

Viele Fragen stellen sich nun Reisenden, die ihren Urlaub über Thomas Cook gebucht haben.

Düsseldorf – Vor vier Wochen erklärte Thomas Cook in Deutschland noch schriftlich, Kunden könnten „ihren Urlaub und Flüge mit Zuversicht buchen“. Am Montag dieser Woche kam die kalte Dusche: Nachdem der britische Mutterkonzern Insolvenz erklärt hatte, sagte auch der deutsche Ableger alle Abflüge ab Deutschland inklusive Dienstag ab.

Man sähe sich gezwungen, „auf Notgeschäftsführung umzustellen“, eine Insolvenz auch in Deutschland sei möglich. Und als Vorsichtsmaßnahme durfte kein Reisender seinen Flug antreten – rund 21.000 Urlauber konnten nicht starten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Krise von Thomas Cook.

Wie viele Touristen sind betroffen?

Weltweit sind rund 600.000 Urlauber kurzfristig betroffen, weil sie sich auf Reisen mit Thomas Cook befinden, sehr viel mehr Menschen haben wohl eine Reise für die nächsten Monate gebucht. In Deutschland gehören Neckermann, Öger Tours, Air Marin und Bucher Reisen zu den betroffenen Unternehmen. Sie alle nehmen keine neuen Buchungen an.

Sollten Urlauber selber einen Flug buchen, wenn ihnen die Mitnahme verwehrt wird?

Auf Anfrage hin rät Thomas Cook davon ab, ein Ersatzticket zu buchen, um dann doch im reservierten Hotel zu erscheinen: „Es kann passieren, dass das Haus sie ablehnt, weil unklar ist, woher es sein Geld bekommt.“ Branchen-Insider sagen, dass Thomas Cook viele Hotels noch nicht bezahlt hat.

Was bedeutet die Situation für Reisende, die zurzeit mit Thomas Cook im Urlaub sind?

Touristen, die sich mit Thomas Cook oder zugehörigen Unternehmen im Urlaub befinden, sollten sich beim Veranstalter erkundigen, wie ihre Reise weitergeht. Es kann passieren, dass Hoteliers im Ausland keine Zahlungen mehr von Thomas Cook erhalten und den Aufenthalt von Touristen dann vorzeitig beenden. Sollte auch der Rückflug nicht mehr wie gebucht durchgeführt werden, können Reisende selbst einen anderen Flug buchen.

Anbieter von Pauschalreisen innerhalb der EU übermitteln ihren Kunden in der Regel einen Reisesicherungsschein. Robert Kubach, Rechtsanwalt der Düsseldorfer Kanzlei Schumacher und Partner, sagt, Urlauber können sich etwa die Kosten für den Rückflug von der Versicherung zurückholen.

Welche Kosten übernimmt die Versicherung?

Über den Reisesicherungsschein können Touristen bei der entsprechenden Versicherung die Kosten der Heimkehr zurückbekommen. Anwalt Kubach rät dazu, sämtliche Belege von Taxifahrten, Hotels, aber auch für Verpflegung zu sammeln. Bis zu einem gewissen Grad würden Versicherungen auch Verpflegungskosten ersetzen, so Kubach. Sollte der Rückflug erst später möglich sein als ursprünglich gebucht, sollten sich die Urlauber einen entsprechenden Nachweis bei der Fluggesellschaft oder vom Flughafen geben lassen.

Ist das eingezahlte Geld sicher?

Das ist unklar. Die Bundesregierung hat Veranstalter zwar dazu verpflichtet, Pauschalreisen zu versichern. Das gilt aber nur bis zur Obergrenze von 110 Millionen Euro für ein Unternehmen. Da bei Thomas Cook in Deutschland aber möglicherweise deutlich höhere Einzahlungen für künftige Reisen eingesammelt wurden, könnte es nur eine Teilrückzahlung des Geldes geben. Dazu sagt Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen: „Wir halten es für notwendig, den Höchstbetrag für die Haftung von 110 Millionen Euro deutlich zu erhöhen. Sie bedeutet ja faktisch, dass die Verbraucher bei einer Pleite eines wirklich großen Tourismuskonzerns möglicherweise nicht ausreichend geschützt sind.“

Wie sieht es mit gebuchten Flugtickets aus?

Aktuell fliegt Condor noch. Falls die Airline aber den Betrieb aufgibt, wären Einzahlungen verloren. Das Risiko dafür ist nicht niedrig, weil es Condor hart trifft, dass die Schwesterfirmen aus dem Veranstaltergeschäft ihre Buchungen zurückziehen. Außerdem ist damit zu rechnen, dass auch andere Kunden nur zurückhaltend buchen.

Wäre eine Versicherung nur für Flugtickets sinnvoll?

Verbraucherschützer Müller meint ja. „Die Thomas-Cook-Pleite ist der wiederholte Weckruf an die Politik, eine verpflichtende Insolvenzversicherung für Fluglinien einzuführen, damit nicht der Staat mit Bürgschaften einspringen muss“, sagte er unserer Redaktion. Er ermahnt die Versicherer, Geld schnell an die Urlauber auszuzahlen. „Ich appelliere an die Versicherer, unverzüglich die Kosten zu erstatten, damit Geschädigte Reisen umbuchen können. An die anderen Reiseanbieter appelliere ich, jetzt keinen Krisenaufschlag zu nehmen, damit die Urlaubsvorfreude kein zweites Mal verdorben wird“, sagte Müller.

Was bedeutet die Krise für Urlauber, deren Reise mit Thomas Cook in den nächsten Wochen startet?

Diese Kunden sollten sich ebenfalls zunächst beim Veranstalter melden. Durch die gebuchte Reise ist der Veranstalter in der Pflicht, sich um die Kunden zu kümmern. Hier gilt: Wenn die gebuchte Reise nicht wie geplant durchgeführt wird, können sich Reisende nicht einfach in das nächste Flugzeug setzen und anschließend die Kosten bei der Versicherung zurückverlangen. „Wenn ein Anbieter Insolvenz angemeldet hat, kann der Kunde vor der Reise zurücktreten“, sagt Robert Kubach. Er warnt aber davor, eine Reise übereilt zu stornieren. Möglicher weise werden dann Stornierungskosten fällig.

Was heißt die Pleite von Thomas Cook für Flugreisende mit Condor?

Offenbar erst einmal nichts. Die Fluggesellschaft Condor, die die drittgrößte am Flughafen Düsseldorf ist, versichert auf ihrer Homepage, dass Flüge weiterhin durchgeführt würden. „Es ist toll, unseren Kunden sagen zu können, dass wir weiter fliegen und dass der Flug normal geht“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Gleichwohl hat Condor bei der Bundesregierung einen Überbrückungskredit beantragt. Dadurch sollten „Liquiditätsengpässen“ vorgesorgt werden. Reisende, die planmäßig nach Hause fliegen wollten, werden von dem Ferienflieger befördert.

Gibt es Anspruch auf Schadenersatz?

Das ist umstritten. Urlaubern, die ihre Reise am Montag oder am Dienstag nicht antreten können, stehe Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden zu, sagte Reiserechtlerin Sabine Fischer-Volk aus Berlin. Der Anspruch stehe aber nicht automatisch jedem zu, warnte Robert Kubach.

Wie viele Mitarbeiter hat Thomas Cook?

Deutschlandweit arbeiten fast 2000 Menschen für Thomas Cook, wie das Unternehmen aus Oberursel mitteilte. Weltweit sind von der Insolvenz etwa 21.000 Mitarbeiter betroffen. Bei Condor arbeiten laut Unternehmensangaben 4900 Beschäfttigte.

Wohin Condor ab Düsseldorf fliegt

Condor hat für September ab Düsseldorf 456 Starts geplant. Lufthansa wickelt 715 Starts ab, der Lufthansa-Ableger Eurowings kommt auf 3798 Abflügen, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).Ziele 78-mal steht Palma de Mallorca diesen Monat auf dem Condor-Flugplan. Andere wichtige Ziele: Antalya (47 Starts), Heraklion (30), Hurghada in Ägypten (22), Teneriffa (18), Fuerteventura (17), Kos (17), Kerkyra (13), Las Palmas (13) und Olbia (Sardinien) mit 13 Abflügen.

Was passiert, wenn Condor aufgeben müsste?

„Es ist damit zu rechnen, dass Lufthansa und der Tui-Konzern versuchen würden, sich Condor ganz oder in Teilen zu sichern“, sagt der Hamburger Airline-Experte Gerald Wissel. Er erinnert daran, dass Lufthansa im Frühjahr ein Kaufangebot für Condor abgab, Tuifly wollte einst mit anderen Ferienfliegern wie Niki eine Gemeinschaftsfirma gründen. Falls Condor den Flugbetrieb einstellen müsste ohne einen Partner zu haben, würden die Start- und Landerechte (Slots) neu verteilt. Wissel. „Gerade in Düsseldorf wäre das als sehr begehrtem Flughafen spannend. Ryanair und Laudamotion könnten ihren Marktanteil weiter ausbauen, ebenso Marktführer Eurowings.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Rundschau abonnieren