320 Telekommunikationsunternehmen fordern beim Glasfaserausbau fairen Wettbewerb, kritisieren die Deutsche Telekom und warnen vor Remonopolisierung.
320 WettbewerberUm den Glasfaserausbau in Deutschland ist ein heftiger Streit entbrannt

Der Ausbau des Glasfasernetzes in Deutschland ist ein hart umkämpftes Geschäft.
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Ihr 30. Geburtstag war der Deutschen Telekom vor zwei Wochen eine große Partymeile mit Live-Konzerten und Drohnenshow am Stammsitz in Bonn wert. Zum Feiern ist aber vor allem den Konkurrenten des einstigen Staatskonzerns nicht zumute. Rund 320 große und kleine Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche haben sich bundesweit zusammengeschlossen und eine „Fair Fibre Allianz“ geschmiedet, um anlässlich des Jubiläums von der Telekom mehr Fairness beim Glasfaser-Ausbau zu fordern und an die Politik zu appellieren, eine neuerliche Monopolstellung des Bonner Konzerns zu verhindern.
„30 Jahre Deutsche Telekom: 320 Unternehmen fordern fairen Glasfaserausbau statt Remonopolisierung“, ist ein Papier überschrieben, das die beiden Branchenverbände ANGA und VATM gemeinsam formuliert haben. Es liegt unserer Redaktion exklusiv vor. In ihnen sind nahezu alle Telekommunikationsanbieter organisiert – bis auf den Marktführer Telekom. Im VATM sind Unternehmen wie Vodafone, O2, 1&1, Eon, Freenet, OXG, Nokia oder VG Fibre Mitglieder. Bei ANGA sind es unter anderem Vodafone, Tele Columbus, Deutsche Glasfaser und Net Cologne.
Im Mittelpunkt der Kritik des wohl historischen Bündnisses steht schon seit geraumer Zeit die Rolle der Telekom beim Ausbau der Glasfasernetze, die alte und weniger leistungsfähige DSL-Anschlüsse mit Kupferkabel ersetzen sollen. Dieses Monopol ist vor 30 Jahren gefallen. 1995 ging das Unternehmen aus der zweiten Post-Reform hervor, als Abspaltung von der alten Bundespost. Mit der Gründung der Telekom war die politisch verordnete Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes verbunden. Neue Anbieter sollten eine Chance erhalten. Der Staat hält allerdings immer noch fast 14 Prozent der Telekom-Aktien, hinzu kommt ein Paket der bundeseigenen KfW-Bank in gleicher Höhe.
Netze der Wettbewerber oft nicht ausgelastet
Aktuell geht es um das in die Jahre gekommene DSL-Netz, das sich weiterhin im Besitz der Telekom befindet. Die Wettbewerber drängen darauf, dass die wenig leistungsfähigen Kupferleitungen zügig abgeschaltet werden. „Die Telekom als dessen Eigentümerin betreibt das DSL-Netz aber beliebig weiter, statt konsequent auf Glasfaser- oder andere Gigabitnetze zu wechseln“, moniert Franziska Löw, die bei der ANGA das Regulierungsgeschäft leitet. Das habe zur Folge, „dass bereits existierende Glasfaser-Netze der Wettbewerber nicht ausgelastet werden und damit oft nicht wirtschaftlich betrieben werden können“, sagt die Expertin und verweist auf Nachbarländer, die bei der Umrüstung „deutlich weiter“ seien.
Die alten Kupferkabel, die auch despektierlich als „Klingeldraht“ bezeichnet werden, stehen überdies im Verdacht, besonders viel Strom zu verbrauchen.
Der Gesetzgeber macht zwar Vorgaben zur Abschaltung des DSL-Netzes. „Wir als Wettbewerber haben aber keine Handhabe, die Telekom zu einem Zeitplan für Deutschlands Internetupgrade zu bewegen“, meint Löw. Deshalb sei es wichtig, dass die Bundesnetzagentur schon jetzt Leitplanken vorgibt, die Sicherheit für Markt und Verbraucher schafften.
Zweiter Kritikpunkt ist der Ausbau des Glasfasernetzes an sich. Der Bund hat die Vorgabe gemacht, dass bis zum Jahr 2030 jeder der fast 42 Millionen Haushalte in Deutschland einen Glasfaseranschluss vor der Tür haben soll. „Die Glasfaserversorgung hat sich von 18,2 Prozent in Mitte 2022 auf 35,7 Prozent in Mitte 2024 nahezu verdoppelt“, teilte das Bundesministerium für Digitales Anfang Juni mit. Das entspreche einem Zuwachs von 1,8 Millionen zusätzlich versorgten Haushalten pro Jahr. Bis 2030 haben die Firmen aber nur noch fünf Jahre Zeit.
Die 320 Wettbewerber werfen der Telekom vor, den Ausbau zu behindern. „Seit Jahren betreibt die Telekom ihren Glasfaser-Ausbau immer wieder nach dem Prinzip des Rosinenpickens. Sie sucht sich lukrative Gebiete aus, in denen teils bereits ein Glasfasernetz eines Wettbewerbers liegt, und überbaut es“, sagt ANGA-Expertin Löw und übt scharfe Kritik: „Damit macht die Telekom bereits getätigte und geplante Investitionen der Wettbewerber zunichte. Kleinere Firmen müssen sich mitunter komplett zurückziehen, weil sie ihr eigenes Glasfasernetz dann nicht mehr rentabel betreiben können“, erklärt sie.