Aldi und Lidl konkurrieren um die Vorreiterrolle bei veganen, zucker- und salzarmen Produkten. Nachhaltigkeit und Preisparität stehen im Fokus.
Salzarm und pflanzlichWie Discounter um die vegane Zielgruppe kämpfen

Vegane Produkte stehen in einem Supermarkt neben der Kasse. (Archivbild=
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Aldi und Lidl liefern sich seit dem Sommer nicht nur einen Wettstreit um sinkende Preise. Inzwischen geht es auch darum, wer beim Zukunftsthema vegane sowie zucker- und salzarme Ernährung die Nase vorn hat. Nach Einschätzung einer führenden Ernährungsorganisation hat der Mülheimer Discounter Aldi Süd aufgeholt.
Die Überraschung war groß, als die Denkfabrik Questionmark im Auftrag des Vereins Proveg im April eine Studie vorlegte. Die „Superlist Umwelt“ der sechs großen Lebensmittelhändler, die deren Klimaschutzpläne und Maßnahmen zur Förderung des Verkaufs pflanzlicher statt tierischer Produkte bewertet, führten zwei Discounter an.
Lidl und Aldi Süd führen Nachhaltigkeitsstudie an
Punkte gab es laut Proveg unter anderem für die Messung tierischer und pflanzlicher Proteine und die Benennung konkreter Proteinziele für die Zukunft. Als Spitzenreiter kürten die Experten Lidl mit einem Ergebnis von 38 Prozent. Auf Platz zwei landete mit einigem Abstand Aldi Süd (25 Prozent) – gefolgt mit jeweils 19 Prozent von den Supermarktketten Rewe, Kaufland und Edeka. Aldi Nord belegte als „Nachzügler“ Rang sechs.
Ziel: Anteil pflanzlicher Proteine im Sortiment zu steigern
„Lidl ist in Deutschland führend in seinen Bemühungen um Nachhaltigkeit, vor allem durch ein klares Bekenntnis, den Absatz von tierischen auf pflanzliche Proteine zu verlagern“, schrieben die Autoren der Studie. Aldi Süd fehle dagegen „ein klares Absatz- oder Sortimentsziel für pflanzliche Proteine“, das hingegen der Rivale aus Neckarsulm formuliere: Bis zum Jahr 2050 strebe Lidl einen Wareneingang an, der zu 60 Prozent aus pflanzlichen Proteinquellen besteht.
Nach Angaben des Vereins Proveg misst Kaufland sein Proteinverhältnis seit 2024. Auch Rewe habe eine Proteinstrategie veröffentlicht und sich ein pflanzliches Sortimentsziel für 2035 gesetzt. Über Edeka gibt es keine Angaben.
Aldi Süd setzt auf pflanzenbasiertes Sortiment
Diese Transparenz stellt nun auch Aldi Süd her. Am Montag teilte das Familienunternehmen aus Mülheim mit, dass der pflanzenbasierte Anteil in seinem Food-Sortiment bereits bei 56,4 Prozent, der tierbasierte Anteil folglich bei 43,6 Prozent liege. Grundlage für die Angabe sei die anerkannte Berechnungsmethode des World Wildlife Fund for Nature (WWF), die auch Lidl nutzt.
Über das Jahr verteilt verkauft Aldi Süd nach eigenen Angaben 1400 vegane Produkte – 200 mehr als 2024. Ein weiterer Ausbau des Sortiments ohne tierische Zusätze sei geplant. Ein „konkretes Proteinziel“, erkärt Aldi Süd, will sich das Unternehmen „idealerweise im Gleichschritt mit allen deutschen Lebensmittel-Einzelhändlern“ setzen. Die Mülheimer setzen also auf eine Branchenlösung, die es bislang nicht gibt, die Proveg aber anmahnt.
Förderung pflanzenbetonter Ernährung
Mit der Offenlegung werde Aldi Süd „seinem großen Einfluss auf die Ernährung seiner Kundschaft gerecht“, lobt nun Dirk Liebenberg vom gemeinnützigen Verein Proveg, in dem rund 10.000 Mitglieder organisiert sind, die sich für eine bewusstere Ernährung einsetzen. „Dieser Schritt gibt der gesamten Branche einen wichtigen Anstoß für mehr Transparenz und Zusammenarbeit, um den Verbraucherinnen eine pflanzenbetontere Ernährung zu erleichtern“, sagt Liebenberg. „Entscheidend ist nun, dass die Branche ihre Ziele und Maßnahmen hierfür ambitioniert ausgestaltet. Denn mit Ambition wird aus einem Anstoß der Branchenstandard.“
Senkung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Produkte
Aus diesem Grund unterstützt Aldi Süd nach eigenen Angaben auch den Vorschlag, pflanzliche Alternativprodukte zukünftig mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent zu besteuern. Der Discounter kündigt aber auch an, seine Rezepturen der Eigenmarken, die immerhin 90 Prozent des Gesamtsortiments ausmachen, hin zu einer gesünderen Ernährung zu optimieren. Im Vergleich zum Jahr 2014 seien etwa bei Cerealien 400 Tonnen Zucker eingespart worden. Das entspreche rund 17 Lkw-Ladungen mit jeweils 25 Tonnen.
Auch Salz will Aldi Süd zurückhaltender einsetzen. Bei Pizzen aus der Kühltruhe seien in den vergangenen elf Jahren insgesamt 21,8 Tonnen Salz eingespart worden. Das entspreche dem Gewicht von elf Autos. „Bewusste Ernährung ist ein wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit und die eigene Gesundheit — als Grundversorger stellen wir uns dieser Verantwortung“, betont Julia Adou, Nachhaltigkeitschefin bei Aldi Süd.
Preisparität bei veganen Produkten
Lidl geht aber noch einen Schritt weiter: Im August kündigte der Discounter eine „Preisparität ohne Kompromisse“ an. Das bedeutet: Vegane Produkte sollen nicht teurer sein als die Alternativen mit tierischen Bestandteilen. Laut einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2024 ernähren sich bereits 18 Prozent der deutschen Bevölkerung „flexitarisch“ und essen hauptsächlich pflanzenbasierte Lebensmittel, gelegentlich aber auch Fleisch und Fisch.