Zinsen niedriger als TeuerungWie Schuldner von der hohen Inflation profitieren können

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Frankfurt – Die Inflation ist in den vergangenen Monaten in die Höhe geschossen. Verbraucher müssen also Waren, die sie kaufen, vergleichsweise teuer bezahlen. Das ist die eine Seite und erklärt, warum die aktuell hohe Geldentwertung Verbraucher alltäglich belastet. Auf der anderen Seite aber sind Zinsen für Kredite nach wie vor vergleichsweise niedrig. Das führt dazu, dass wer sich bei der Bank Geld leiht, weniger Zinsen bezahlen muss, als das Geld durch Inflation an Wert verliert. Heraus kommt ein negativer Realzins. Und den taxiert das Verbraucherportal Verivox aktuell auf minus 2,1 Prozent.
„Schon seit dem sprunghaften Anstieg der Inflationsrate im Juli kann eine Mehrheit ihren Ratenkredit zu Zinsen unterhalb der laufenden Teuerung abschließen“, sagte Oliver Maier, Geschäftsführer von Verivox Finanzvergleich. „Durch den deutlichen Anstieg der Inflation im November hat diese historische Ausnahmeerscheinung einen neuen Höhepunkt erreicht.“
Zinsen niedriger als Teuerung
Verivox hat auf der Online-Vergleichsseite vermittelte Ratenkredite ausgewertet. Demnach liegt der mittlere Zinssatz bei 2,99 Prozent. Da die Inflation derzeit bei 5,2 Prozent liegt, beträgt der Realzins je nach Berechnungsmethode zwischen minus 2,1 und minus 2,2 Prozent. Für viele Kreditnehmer liegt der Realzins sogar noch tiefer. Denn der mittlere Zinssatz von 2,99 Prozent bedeutet, dass die Hälfte der Kunden zu diesem oder sogar einem noch niedrigeren Zinssatz ihren Kredit abgeschlossen hat.

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Das kann sich deutlich auszahlen. Denn bei einem Kredit über 15000 Euro, einer Laufzeit von fünf Jahren und 2,99 Prozent Zinsen bezahlen Kunden rund 16150 Euro. Bei konstanter Inflation über die volle Laufzeit hätte dieses Geld am Ende aber nur noch einen Wert von rund 12500 Euro. Gemessen an der heutigen Kaufkraft würden die Kreditnehmer also knapp 2500 Euro weniger zurückzahlen, als sie bekommen haben.
Inflationsrate verändert sich
Allerdings ist das kein Selbstläufer, auf den man sich verlassen könnte. Denn die Inflationsrate verändert sich. Viele Ökonomen und auch die Europäische Zentralbank rechnen etwa mit einem Abklingen der Inflation spätestens ab kommendem Januar. „Der Hochpunkt der Verbraucherpreiswelle ist erreicht im November“, sagte auch Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. „Schon der Dezember könnte eine leichte Entlastung bringen. Auf Grund einer Reihe von Basiseffekten wird die Inflation dann im Januar und Februar deutlich runtergehen.“ Denn die Inflation bemisst sich am Vorjahresmonat. So trägt beispielsweise die im zweiten Halbjahr 2020 reduzierte und mittlerweile wieder normalisierte Mehrwertsteuer in der zweiten Hälfte dieses Jahres zur Inflation in Deutschland bei.
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Ab Januar fällt dieser Effekt wieder weg und drückt die Inflation entsprechend. Uneinigkeit herrscht unter Ökonomen darüber, wieweit die Inflation auf Grund anderer Faktoren wieder sinken wird.
Jedenfalls profitieren von der hohen Inflation tendenziell grundsätzlich Schuldner. Denn mit der Geldentwertung schwindet eben der reale Wert von Forderungen. Dennoch sollte man sich auf Grund negativer Realzinsen nicht dazu verleiten lassen, ohne tatsächlichen Bedarf einen Kredit aufzunehmen. Denn Kreditzinsen müssen Verbraucher ja weiterhin bezahlen, auch wenn sie zur Zeit niedrig sind.