„Das ist eine einzige Zumutung“

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WESSELING. Es war für Bürgermeister Günter Ditgens sicher eine ungewöhnliche Erfahrung, die er gestern Morgen machen musste, als er zur Übergabe des neu gestalteten Kreisverkehrs am Mühlenweg / Hubertusstraße kam. Denn ausgerechnet in der Stadt Wesseling, die in Sachen Kreiselgestaltung einen gewissen Ruf genießt, sorgt jetzt ein solches Objekt für Unmut unter vielen Anwohnern.

„Hier war einmal der schönste Verteilerkreis in Wesseling“, hatten Bürger auf ein großes Bettlaken geschrieben und es zwischen zwei Bäumen am Kreisel aufgehängt, um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Doch als gestern um 11 Uhr Vertreter aus Politik und Wirtschaft zusammen mit den Kreiselpaten der Firma Basell zur feierlichen Übergabe kamen, war das Transparent weg. Da erinnerten nur noch zwei lange Strippen, die an den Bäumen hingen, an die Aktion.

Stein des Anstoßes ist die Arbeit des Künstlers Wolfgang Göddertz aus Sinnersdorf. Sein Werk „Rheinwellen“ befindet sich schon seit 1995 im Mittelpunkt des Kreisels. Dort stand die 1,5 Tonnen schwere Edelstahlplastik bisher umgeben von Gras und bunten Stiefmütterchen. Jetzt hat Göddertz den Kreisverkehr, finanziert von der Firma Basell, neu gestaltet. Statt von blühenden Blumen ist sein Kunstwerk nun von grauen Kies- und Edelstahlwellen umgeben, die die Wellen des Rheines darstellen sollen. An zwei Seiten wurden Bäume auf schmalen Grünstreifen gepflanzt. Blumen blühen nur noch außerhalb des Kreisverkehrs. Sie sollen das Rheinufer darstellen.

„Der Kreisel lebt“, versicherte Göddertz und empfahl den Anwesenden, einmal um ihn herum zu fahren. Doch der Gedanke an Wellen und blauen Rhein kommt den Anwohnern auch bei intensiver Betrachtung nicht. „Der Kreisel lebt nicht - der ist jetzt tot“, konterte Brigitte Euler. Wie viele andere Anwohner erweckt für sie der Kies eher den Eindruck einer gewaltigen Baustelle, und so hatte Bürgermeister Ditgens bei der Diskussion mit den Bürgern keinen leichten Stand

„Man hätte den Kreisel gleich zubetonieren können", schimpfte Gerhard Hellfeier. „Eine einzige Zumutung“, empörte sich etwa Hannelore Jösten. Vom Balkon sah sie immer voller Freude auf den einst farbenprächtig blühenden Kreisel. „Jetzt ist die Aussicht einfach nur fürchterlich.“

„Das ist nun die schönste Kiesgrube in Wesseling“, meinte Gerd Jonas ironisch. „Ein regelrechtes Kiesbett - eine einzige Steinwüste“, pflichtete Hans-Georg Vogelei ihm bei. „Kunst ist zwar immer Geschmacksache, aber diese Kunst gefällt mir nicht“, kommentierte Wolfgang Hilgers das neue Werk.

Als „deutlich anders als alle anderen Wesselinger Kreisel“, beschrieb Bürgermeister Ditgens das Kunstwerk. „Aber Kunst hat eben auch etwas mit Toleranz zu tun“, sagte er und bot allen Anwesenden an, mit ihm in den Dialog über den Kreisel zu treten.

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