„Wir machen keinen Sakro-Pop“

Lesezeit 3 Minuten

Seit den späten Achtzigern treffen sich Dän, Eddi, Sari, Ferenc und Clemens in der unscheinbaren Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Köln-Lindenthal zum Proben. Zum Singen tut s der schlichte Vorraum - um die Choreografien zu üben, geht s auch mal direkt in den Kirchenraum. Das reicht, schließlich hängen die Wise Guys von keinerlei Technik ab. Ihre Instrumente sind ihre Stimmen. Die Wise Guys sind eine der bekanntesten A-cappella-Gruppen Deutschlands. Und die Band des Evangelischen Kirchentags.

Riesen-Konzert auf

den Poller Wiesen

Trotz des kirchlichen Proberaums versteht Songschreiber Daniel „Dän“ Dickopf die Band nicht als christliche Band, obwohl zumindest „zweieinhalb“ Köpfe der Wise Guys der Kirche nahe stehen. Allen voran Pfarrerssohn Eddi, der sein Theologiestudium für die Band auf Eis gelegt, doch nach wie vor den Traum hat, es abzuschließen und in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Zusammen predigen Eddi und Dän auch auf der Beatmesse (siehe unten). Weitere Kirchentagstermine sind der Eröffnungs- und der Abschlussgottesdienst sowie das Riesen-Openairkonzert am Donnerstag auf den Poller Wiesen, zu dem bis zu 45 000 Menschen erwartet werden.

Vor zwei Jahren sind die Wise Guys bereits beim Kirchentag in Hannover aufgetreten. „Das war ein Konzert, bei dem wirklich alles geklappt hat - eins mit Abstand der schönsten und besten Konzerte, die wir je hatten“, schwärmt Dän noch heute. Den Erfolg haben die Verantwortlichen mitbekommen und schnell war klar, dass die fünf Sänger auch beim nächsten Kirchentag in ihrer Heimatstadt dabei sein mussten. Doch die Organisatoren des Kirchentags wollten mehr - und fragten, ob die Wise Guys einen Mottosong schreiben wollen.

„Erst hatte ich Angst, dass ich einen Sakro-Pop-Song schreiben muss“, verrät Dän, dem diese christlich inspirierte Popmusik übel aufstößt. Zu viele schlechte Beispiele gebe es da. Dän willigte erst ein, als klar war, dass er völlig freie Hand habe. „Wir machen unser Ding, und dass ist sehr, sehr unverdächtig, Sakro-Pop zu sein.“ Das Motto „Lebendig und kräftig und schärfer“ aus dem Hebräerbrief kannte er vorher gar nicht und hätte es auch nicht in den Song einbauen müssen, doch er entschied sich dafür. „Ich habe einen Text geschrieben, der das Erleben und das Miteinander auf einem Kirchentag beschreibt - aber bewusst auf eine Terminologie verzichtet, die manche Leute erschlägt.“ Seit einem knappen Jahr haben die Wise Guys den Kirchentagssong im Bühnenprogramm (siehe Kasten).

„Ich will andere Leute nicht bekehren oder ihnen vormachen, was ich für ein toller Christ bin“, sagt Dän. „Wenn ich auf der Bühne stehe, will ich Leute unterhalten.“ In ihren Liedern findet man nicht die Worte „christlich“ oder „Gott“. Eine religiöse Thematik im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Aber die Texte haben zu tun mit Lebensfreude, mit einem positiven Miteinander und sind damit „Christentum-kompatibel“, erklärt er. Außerdem legt die Band Wert auf einen „christlichen Verhaltenskodex“, wie Dän es nennt. Durch Rücksichtnahme und Nächstenliebe entstehe ein stressfreies Miteinander. Und das überträgt sich offenbar auch aufs Publikum.

Rundschau abonnieren