ReliquienHeilige in Holzkiste entdeckt

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Altenberger Dom

Altenberger Dom

Altenberg – Mehr als 200 Jahre lang galten sie als verschollen – bis die Reliquien der Märtyrer Johannes und Paulus 2011 wiederentdeckt wurden: in einer Holzkiste in einem Schrank der Messdienersakristei in Odenthal. Der Küster hatte die beiden kunstvoll in uralte Textilien gefassten Schädel und weitere Knochen beim Aufräumen gefunden – und sofort die örtliche Geistlichkeit informiert.

Hochamt mit Kardinal Meisner

„Über Jahrhunderte waren das die wichtigsten Reliquien im Kloster Altenberg gewesen“, weiß der leitende Pfarrer Monsignore Johannes Börsch. Er freut sich auf morgigen Sonntag: Dann kehren die Reliquien der beiden im 4. Jahrhundert in Rom hingerichteten Märtyrer (siehe Kasten), deren Namen noch heute im ersten Hochgebet überall in der katholischen Kirche genannt werden, zurück in die ehemalige Klosterkirche von Altenberg: restauriert und gefasst in ein neues Doppelreliquiar, das der Kölner Glaskünstler Professor Heinz Mack geschaffen hat. Das Hochamt zur Rückkehr der Reliquien feiert Alt-Erzbischof Joachim Kardinal Meisner um 10.30 Uhr mit der Gemeinde im Altenberger Dom.

Die Geschichte der Reliquien gleicht einem Krimi: Im Jahr 1344 erwarb Abt Hermann von Horchheim (1339-1346) für das Altenberger Zisterzienserkloster die beiden Häupter der Märtyrer von einem „guten, gottesfürchtigen“ Reisenden oder Händler, der diese zusammen mit anderen Heiligtümern von Rom nach Köln gebracht hatte. „Das besagen die beiden Urkunden im Odenthaler Pfarrarchiv, die von seiner Hand stammen und schon 1702 bei einer Echtheitsprüfung der Reliquien entdeckt worden waren“, so die Odenthaler Expertin Petra Janke in der aktuellen Ausgabe der Altenberger Blätter.

Wie die Schädelreliquien anfangs in Altenberg aufbewahrt wurden, ist nicht überliefert. Unter Abt Heinrich Rouffer (1496-1517) jedenfalls wurden sie „in Silber gefasst“. Allerdings kamen die wohl sehr wertvollen Behältnisse, sogenannte Reliquiare, bereits 1543 abhanden, als Herzog Wilhelm IV. zur Finanzierung eines Krieges auch aus dem Kloster Altenberg alles Gold und Silber beschlagnahmte, das er finden konnte.

Rund 100 Jahre später ließ Abt Johannes Blanckenberg (1643-1662) nochmals zwei Reliquienbehältnisse aus Silber für Johannes und Paulus anfertigen. Ein gutes weiteres Jahrhundert später waren die kostbaren Reliquiare erneut bedroht. Aufgrund eines luxuriösen Lebensstils von Abt Franz Cramer (1779-1796), durch Kriegskontributionen und den Verlust linksrheinischer Besitzungen in napoleonischer Zeit seien zwischen 1796 und 1798 Silbergeräte und andere Preziosen des Klosters Altenberg im Gesamtwert von 9978 Reichtalern zu Geld gemacht worden, so Petra Janke.

„Damals verlor sich die Spur der beiden Märtyrerhäupter“, sagt der Altenberger Pfarrer Monsignore Börsch. Möglicherweise blieben sie auch nach Aufhebung des Klosters im Jahr 1803 noch ein paar Jahre in der Klosterkirche, in der bis 1815 weiterhin Messfeiern stattfanden. Nach einer schweren Beschädigung des Gotteshauses durch einen Brand im Jahr 1815 und der Schändung von Reliquien in der Folgezeit bestand allerdings Handlungsbedarf. Wie Petra Janke herausfand, erhielt der Odenthaler Pfarrer Christian Peter Braun (1806-1831) offenbar vom Erzbischöflichen Generalvikariat die Weisung, „dass die heiligen Gebeine zu Altenberg in eine eigene Lade zu legen seien und einstweilen in die Odenthaler Pfarrkirche zu überbringen seien“. Vielleicht befanden sich unter den Reliquien, die Braun retten konnte, auch die Häupter von Johannes und Paulus, wenn sie nicht schon vorher evakuiert worden waren.

Als sie jedenfalls 2011 wiederentdeckt wurden, waren sie in barocke Textilien gekleidet, die nun in der Werkstatt der Kölner Textilrestauratorin Ulrike Reichert untersucht und aufgearbeitet wurden. Dabei fand die Kölner Expertin heraus, dass Teile der Textilien bereits aus dem 14. Jahrhundert und wohl aus Italien stammen.

Sie sollen neben den Reliquien ihren Platz in den neuen Reliquiaren von Heinz Mack finden, die am Sonntag in der Festmesse mit Kardinal Meisner vorgestellt werden – wenn Johannes und Paulus nach Altenberg zurückkehren.

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