„Der Teufel saß am Tisch“Prozess um Auftragsmord an Milliardärin Pastor startet

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Gildo Pallanca Pastor

Gildo Pallanca Pastor kommt zum Prozess um den Mordanschlag auf seine Mutter, die monegassische Immobilienerbin Helene Pastor.  Zu den insgesamt zehn Angeklagten gehören unter anderem der Schwiegersohn von Hélène Pastor.

AIX-EN-PROVENCE – Wie der Mann aussah, der auf sie geschossen hatte, das konnte Hélène Pastor noch sagen, als sie schwer verletzt im Krankenhaus lag: „Er war schwarzhäutig und dunkel gekleidet.“ Als ihr die Polizei Fotos vorlegte, um den Täter zu identifizieren, stockte sie. „Ich habe Angst“, flüsterte die 77-Jährige den Beamten zu. „Ich möchte Sie wiedersehen, weil ich Ihnen noch andere Dinge zu sagen habe.“

Dazu sollte es nicht mehr kommen. Kurz nach dem Gespräch, am 21. Mai 2014, starb Pastor. Zwei Wochen zuvor war bereits ihr Chauffeur Mohamed Darwich den Verletzungen erlegen, die er beim Anschlag auf das Auto seiner Chefin erlitten hatte.

Der Fall erschütterte Monaco. Bei der Immobilienerbin Hélène Pastor handelte es sich um eine der wohlhabendsten Frauen des Fürstentums, deren Familie dort rund 3000 Wohnungen gehören und deren Vermögen auf mehrere Dutzend Milliarden Euro geschätzt wird. Ob die 77-jährige Hélène Pastor geahnt hatte, wer hinter der Tat steckte? Ihr Sohn Gildo glaubt es nicht. „Sie starb, ohne zu wissen, dass der Teufel an unserem Tisch saß“, sagte er der Zeitung „Le Parisien“.

Gerichtssaal

Journalisten stehen vor Beginn des Prozesses um den Mordanschlag auf die monegassische Immobilienerbin Hélène Pastor im Gerichtssaal.

Denn des Auftragsmordes beschuldigt wird kein anderer als der polnische Lebensgefährte von Pastors Tochter Sylvia, Wojciech Janowski. Gestern begann in Aix-en-Provence der Prozess gegen ihn und neun weitere Angeklagte, darunter auch der mutmaßliche Mörder und sein Komplize. Diese hatten Pastors Wagen am 6. Mai 2014 vor dem Krankenhaus in Nizza aufgelauert, in dem sie ihren Sohn Gildo damals jeden Tag besuchte, und mehrere Schüsse abgegeben.

Über die Aufnahmen von Videokameras, über die Rückverfolgung der Taxis, die die Täter benutzt hatten, sowie mittels Telefonüberwachung kam die Polizei schnell auf deren Spur – und zwar auf jene von Janowski.

Dem Ermittlungsrichter Christophe Perruaux zufolge soll er die Tat seit einer Krebserkrankung seiner Lebenspartnerin Sylvia 2012 geplant haben, denn er stand nicht in ihrem Testament: „Indem er den vorzeitigen Tod von Hélène Pastor provozierte, ermöglichte er ihrer Tochter, einen großen Teil ihres Reichtums zu erben, von dem er hoffen konnte, die Kontrolle zu übernehmen.“ Ein anfängliches Geständnis nahm der heute 67-Jährige wieder zurück mit der Begründung, es habe ein sprachliches Missverständnis gegeben.

Sylvia Janowski

Sylvia Janowski kommt zum Prozess um den Mordanschlag auf ihre Mutter, die monegassische Immobilienerbin Helene Pastor.

Seit 28 Jahren war er mit Pastors Tochter Sylvia zusammen, die später von ihm sagte, sie habe ihm blind vertraut und fühle sich schwer betrogen. Nicht nur hatte Janowski, der durch seine guten Verbindungen ehrenamtlicher Honorarkonsul in Monaco war, sein Diplom von der Cambridge-Universität nur erfunden; nicht nur stellten sich seine angeblich florierenden Öl-Geschäfte laut dem Ermittlungsrichter als „finanzieller Abgrund“ heraus. Auch hatte er sich von den neun Millionen Euro, die seine Freundin in den 18 Monaten vor dem Tod ihrer Mutter von dieser erhalten hatte, 7,5 Millionen abgezweigt. Auf ihr Haus in London hatte er eine Hypothek aufgenommen und ein Boot, das er ihr schenkte, bezahlte in Wahrheit Sylvia – und möglicherweise bezahlte sie indirekt auch den Mord an Hélène Pastor.

Mit dessen Organisation soll Janowski seinen Fitnesstrainer Pascal Dauriac betraut haben, dem er großzügige Geschenke machte und regelmäßig mit Geld gefüllte Kuverts übergab. Auch Dauriac ist angeklagt, der sich als psychologisches Opfer von Janowski ausgibt. Sein Schwager soll in Marseille die beiden Täter angeheuert haben, denen man 100 000 Euro für den Mord an Pastor anbot sowie jeweils weitere 20 000 Euro für die Tötung ihres Chauffeurs und den Diebstahl ihrer Handtasche. „Er sagte, dass die Araber von Nizza dazu bereit sind, zwei Menschen zu töten, nur um eine Tasche aus einem Auto aus Monaco zu stehlen“, so einer der Täter. So habe man „Spuren verwischen“ wollen. Offensichtlich ohne Erfolg. Der Prozess soll bis 19. Oktober dauern.

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