Rundschau-Debatte des TagesSteigen jetzt die Preise für Trinkwasser?

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Trinkwasser

Trinkwasser (Symbolbild)

Schon bevor sich die Ampel mit der neuen Trinkwasserverordnung aus dem Umweltministerium befasst hat, gibt es Streit. Wasserverbände warnen vor Aufwand und Bürokratie. Wird Wasser bald teurer?

Sie klingt sperrig und könnte Konsequenzen für die Verbraucher haben: die neue Verordnung für Trinkwassereinzugsgebiete, die das Bundesumweltministerium soeben vorgelegt hat. Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) drohen zusätzliche Belastungen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags. Damit die Versorger infolge der geplanten Rechtslage nicht auf den Mehrkosten sitzen bleiben, dürften sie diese wohl an die Verbraucher weitergeben. Lässt sich das noch verhindern?

Die Bedenken

In einem Brandbrief an Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Grüne) haben die betroffenen Unternehmen ihre Bedenken zusammengefasst. Der Gesetzgeber bürde den Betroffenen „unverhältnismäßige Anforderungen und Pflichten beim Gewässerschutz“ auf, heißt es darin. „Die Anforderungen an das Risikomanagement sind in der vorgesehenen Form für Betreiber von Trinkwassergewinnungsanlagen und Behörden nicht oder nur mit erheblichem Aufwand zu bewältigen“, lautet ein zentraler Einwand.

Und Karsten Specht, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), betont, mit der Verordnung drohten „behördliche Aufgaben auf die Wasserversorger verschoben“ zu werden. Die Pläne seien „zu teuer, zu vage und zu bürokratisch“.

Die Situation

Noch ist das Papier aus dem Umweltministerium nicht innerhalb der Ampel-Koalition und mit anderen Ministerien abgestimmt, Änderungen sind möglich.

Der Hintergrund

Die Verordnung soll europäisches Recht über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch  in deutsches Recht überführen. Mögliche Verschmutzungen und Belastungen sollen künftig noch frühzeitiger erkannt werden; das gilt auch für Stoffe, die derzeit noch gar nicht bekannt sind. Damit könnten Kontroll- und Berichtspflichten der Versorger wachsen.

Die Frist zur Umsetzung der 2020 novellierten EU-Richtlinie für die Sicherheit der Trinkwasserversorgung ist jedoch schon Mitte Januar abgelaufen. Brüssel hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Neben Deutschland haben nach Angaben der EU-Kommission noch 19 andere Staaten gegen die Berichtspflichten verstoßen – darunter etwa Belgien, Bulgarien, Griechenland, Österreich und Polen.

Die Zeit drängt also. Ist die Verordnung des Ministeriums in Berlin deshalb mit der heißen Nadel gestrickt? „Daten erheben, Kartierungen erstellen, Dokumentationspflichten erfüllen – es kommt sehr viel Bürokratie auf uns zu, wenn die Verordnung nicht noch entschärft wird“, heißt es in Versorgerkreisen. Tatsächlich hat die rot-grün-gelbe Bundesregierung im Koalitionsvertrag versprochen, die Bürokratie im Land abzubauen.

Die Kritikpunkte

„Widersprüchliche Anforderungen und faktisch nicht durchführbare Aufgaben in der Verordnung bereiten uns große Sorgen“, sagt VKU-Vizepräsident Specht und betont: „Es braucht deutliche Nachbesserungen.“

Die erwarteten erheblichen Mehraufwendungen bei der ersten Bewertung der rund 16000 Trinkwassereinzugsgebiete in Deutschland werden laut Verband für die betroffenen Wasserversorger in einem hohen dreistelligen Millionenbereich liegen. Hinzu kämen die Folgekosten durch Revisionen und Ähnliches.

Besonders absurd aus Sicht der Versorger: Der aktuelle Verordnungsentwurf enthalte „so viele Unverbindlichkeiten in der Festlegung von geeigneten Managementmaßnahmen“, dass nicht mal eine Verringerung der Risiko- und Belastungssituation für die Trinkwasserressourcen zu erwarten sei. Ohnehin hat Trinkwasser in Deutschland laut Umweltbundesamt schon heute eine gute bis sehr gute Qualität.

Die Fakten

Zwischen 1990 bis 2021 hat sich der personenbezogene Wasserverbrauch um knapp 14 Prozent verringert. Der durchschnittliche Verbrauch betrug 2021 pro Einwohner und Tag 127 Liter. Die jährliche Wasserförderung ist parallel dazu um etwa 22 Prozent zurück gegangen. Absolut bedeutet dies eine Reduzierung der Wasserförderung um etwa 1,5 Milliarden Kubikmeter seit 1990.

Die Kosten

Jeder Bürger in der Bundesrepublik Deutschland gibt im Durchschnitt täglich etwa 0,265 Euro für Trinkwasser aus. Die Trinkwasserkosten pro Person belaufen sich damit auf rund 97 Euro im Jahr. Insgesamt werden knapp 14 Prozent des jährlichen Wasserangebotes dem Wasserkreislauf entnommen und diesem nach Gebrauch wieder zugeführt. Etwa 86 Prozent des Wasserangebotes werden nicht genutzt.

Von der öffentlichen Wasserversorgung wurden zwischen 1990 bis 2021 rund 80,5 Milliarden Euro in Wassergewinnung, Aufbereitung und Speicherung, in Wassertransport- und Wasserverteilungsanlagen sowie in Messgeräte investiert. Der Löwenanteil von 62 Prozent entfällt dabei auf das Rohrnetz. (mit dpa)


Wenn Wasser fehlt

Angesichts besorgniserregender Trockenheit im Land will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in den kommenden Jahren flächenübergreifend Wasser sparen. Bis 2030 sollten alle Sektoren zehn Prozent weniger Wasser nutzen, sagte Macron vor Kurzem bei der Vorstellung einer Wasserstrategie im südostfranzösischen Savines-le-Lac. „Dieser Wasserplan ist vor allem ein Plan zur Enthaltsamkeit und zur langfristigen Effizienz beim Wasser.“ Das Sparen sei notwendig, weil durch den Klimawandel bis 2050 etwa 30 bis 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung stünden.

Einen geringeren Verbrauch will Macron auch durch einen höheren Wasserpreis ab einem bestimmten Verbrauch erreichen. In diesem Winter hat es in Frankreich besonders wenig geregnet. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1959 gab es in Frankreich im Winter noch nie so langanhaltend keinen Regen, berichtete der Wetterdienst Météo France. Die Böden waren für die Jahreszeit bemerkenswert ausgetrocknet. Noch immer sei der Grundwasserspiegel in weiten Teilen des Landes niedrig, sagte Macron. Bereits das vergangene Jahr war in Frankreich von Regenmangel und starker Trockenheit geprägt. Mehr als 100 Kommunen waren zeitweilig ohne Trinkwasser.

Durch den Klimawandel gibt es mehr heiße Tage. In den vergangenen Jahrzehnten hat Frankreich laut Wetterdienst mit mehr und stärkeren Hitzewellen zu kämpfen. Auch die Trockenheit werde durch den Klimawandel verschlimmert. Neben dem Sparen will Macron auch auf die Wiederverwendung benutzten Wassers setzen. Derzeit werde nur ein Prozent des Wassers erneut verwendet. Bis 2030 sollen es zehn Prozent werden, also etwa 300 Millionen Kubikmeter und damit 3500 Wasserflaschen pro Franzose pro Jahr, wie Macron sagte. Gleichzeitig will der Staatschef das Netz modernisieren und Lecks bekämpfen. Bei der Landwirtschaft soll es Anpassungen geben. (dpa)

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